In der Wachau
Dass der lössige Boden der Wachau nicht nur erstklassigen Wein, sondern auch archäologische Schätze hervorbringt, ist spätestens seit der Entdeckung der 25.000 Jahre alten Venus von Willendorf hinlänglich bekannt. Obwohl deren Fundstelle von 1908 durch den Bau einer Bahntrasse großteils zerstört wurde, birgt die Erde immer noch Geheimnisse über unsere Vorfahren. Einige davon haben nun österreichische Archäologen mit einem internationalen Team gelüftet. Zwischen 2006 und 2011 arbeiteten sie an der Fundstelle der Venus (Foto), vergangene Woche veröffentlichten sie ihre Ergebnisse im Fachjournal "Pnas": Die Werkzeuge, die sie fanden, sind 43.500 Jahre alt. Das bedeutet, dass der moderne Mensch um ein paar Tausend Jahre früher in Europa ankam, als bisher angenommen wurde.
Diese Erkenntnis bereinigt zwei Unklarheiten. Erstens war der Zeitraum, in dem sich der homo sapiens den Kontinent mit Neandertalern teilte, deutlich länger, als bisher vermutet. Mindestens 3500 Jahre hatten die beiden Primatenarten demzufolge Zeit, um sich zu vermischen. Zweitens zeigen die jüngsten Funde, dass der homo sapiens nicht, wie bisher angenommen, wegen der Wärme nach Europa wanderte. Die Wachau war vor 43.500 Jahren nämlich eine Kaltsteppe mit Nadelwäldern. Was das für uns bedeutet? "Moderne Menschen waren keine Waschlappen, sie stellten sich der Kälte", schlussfolgerte die an den Ausgrabungen beteiligte University of Cambridge auf ihrer Website. Das macht Mut für den nahenden Winter. (dol)
Am Nordpol
Charles Dickens brachte sie auf die Bühne, Jules Verne verarbeitete sie im "Abenteuer des Kapitän Hatteras" und der Folkmusiker Stan Rogers besang sie: Die erfolglose, letzte Expedition von Sir John Franklin. 1845 war der britische Polarforscher mit zwei Dampfschiffen in See gestochen, um die Nordwestpassage zu finden. Von dieser Reise kehrte der Abenteurer nie zurück, die Schiffe verschwanden im Eis. Bis vor drei Wochen. Ein kanadisches Archäologenteam entdeckte Anfang September eines der vermissten Wracks (Foto). Schon unmittelbar nach dem Unglück vor fast 170 Jahren lösten die verschollenen Schiffe eine der größten Suchaktionen in der Geschichte aus. Insgesamt waren mehr als 50 Expeditionsteams daran beteiligt. Sie dauerte beinahe zehn Jahre und führte schließlich zur Entdeckung der Passage vom Atlantik zum Pazifik. Die Schiffe aber tauchten nicht auf.
2008 startete Kanada erneut große Suchaktionen, für die auch Schiffe der Küstenwache eingesetzt wurden. Ein ferngesteuertes U-Boot fand das Wrack schließlich in elf Meter Tiefe, und Kanadas Premier Stephen Harper jubelte. Dass der historische Fund auch politisch gefeiert wird, hat freilich sehr gegenwärtige Gründe: Der Premier hob hervor, dass die Franklin-Expedition die "Grundlage für Kanadas staatliche Souveränität" in der Arktis gelegt habe. Damit machte er Kanadas umstrittenen Souveränitätsanspruch auf die Nordwestpassage deutlich, die wegen des Abschmelzens der Polkappen wieder zunehmend an Bedeutung gewinnt. (dol)
In Griechenland
Alexander der Große, so viel weiß man bereits, ist es nicht. Aber vielleicht Olympias, seine Mutter? Das Rätselraten um ein geheimnisvolles Grab in Amphipolis im Norden Griechenlands nimmt immer größere Dimensionen an. Die Kleinstadt, in der im Laufe der Geschichte Athener, Spartaner, Makedonier und Römer herrschten, ist derzeit belagert von Heerscharen von Politikern, Journalisten und Touristen.
Am 10. August entdeckte ein griechisches Archäologenteam rund um Katerina Peristeri hinter einem 500 Meter langen Erdwall den Eingang zu einem antiken Grab. Von Anfang an war die Fundstätte von Polizisten bewacht, was Gerüchte über einen Sensationsfund speiste. Um 300 bis 325 vor Christus soll das Grab ausgehoben worden sein, schätzen die Experten, die sich seither beständig in die Erde vorarbeiten. Im ersten Zimmer versperrten zwei Sphinxe Räubern den Weg ins Grabinnere, die zweiten Grabkammer entzückte mit einem Mosaikboden aus weißem Marmor. In der dritten Kammer schließlich wurde das Team von zwei lebensgroßen Karyatiden (tragenden Frauenfiguren, siehe Foto) begrüßt. Eine geheimnisvolle Tür führt wahrscheinlich in ein viertes Zimmer, an dessen Freilegung das Team gerade arbeitet. In einem Monat wollen sie die Ausgrabungen abgeschlossen haben. Bis dahin haben nicht nur die Archäologen, sondern auch die Polizisten einiges zu tun. Denn moderne Grabräuber, die sich unter den Touristenmassen in Amphipolis verstecken, lassen sich von den Sphinxen wohl kaum abschrecken. (dol)
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