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Galerie des 19. und 20. Jahrhunderts

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Das Sommerschloß des Prinzen Eugen sah vor nicht sehr langer Zeit manch unerwünschten Gast. Heute beherbergt es wieder die „O e s t e r- reichische Galerie", die ihre jetzige Gestalt der Erkenntnis verdankt, daß nur eine Spezialsammlung österreichischer Kunst dem Suchen und Erwerben dieser Werke genug Sorgfalt und Geld zuwenden kann. Mit der Eröffnung der „Galerie des 19. und 2 0. Jahrhunderts" im Oberen Belvedere ist der Auf-’ bau dieses Museums nun vollendet.

Allein die Waldmüller-Sammlung füllt zwei Säle, sie ist neben der im Historischen Museum der Stadt Wien die bedeutendste auf der Welt. Waldmüller war ein unerreichter Meister liebevoller Landschaftsdarstellung und Porträtierungs- kunst. Wenn wir aus den hohen Fenstern der Räume, die in barockem Glanz strahlen wie eh und je, in den Park hinunterschauen, sehen wir ein Stück dieser österreichischen Landschaft, die Waldmüller und seine Zeitgenossen, die in unserer Sammlung reich vertretenen Amerling, Eybl, Gauer- mann, Stifter und wie sie alle hießen, so gern gemalt haben, denn wie ein abgegrenzter und kultivierter Teil lagen die gepflegten Gärten des Belvedere einst inmitten der Landschaft um Wien. In diesem Rahmen verbreiten die Bilder die Atmospäre vergangener Zeiten um sich, und die moderne Zeit scheint weit weg.

Mit Straßenlärm und Häuserfassaden drängt sie sich aber an die Parkmauern des einstigen Sommersitzes heran, und auch wir können, wenn wir der Vergangenheit im Belvedere eine Visite abstatten, unsere Augen nicht gegen solche aus der klassizistischen oder Biedermeierzeit vertauschen. Auf Schritt und Tritt treffen wir auf das Moderne, so wie wir auch in den politischen Ereignissen der damaligen Zeit die Vorbereitungen zu den Geschehnissen der Gegenwart sehen.

In einer bestimmten Epoche begegnet uns das Moderne hauptsächlich in Skizzen und unvollendeten Arbeiten. Da hängt zum Beispiel die Skizze einer Flußlandschaft, in der Natur gemalt, neben dem Atelierbild. Welche Frische der Farben in der Studie! Man glaubt, die feuchte Morgenluft einatmen zu können. In der endgültigen Fassung ist davon nichts mehr zu spüren. Trotzdem hat sie der Geschmack der Zeit der

Studie vorgezogen. Er hat auch Makarts pompöse Schinken den oft sehr reizvollen Studien, hat alles kleinlich zu Tode Gepinselte dem genialen Strich und dem großzügig-sicheren Farbauftrag, an dem wir uns heute begeistern, vorgezogen.

Wenn man dagegen Romakos Bildnis des Reinhold Begas und seiner Frau betrachtet! Bin Meisterwerk, das vollendet ist, ohne daß der Künstler handwerkliche Fertigstellung angestrebt hätte. Auch Romako ist mit vielen Bildern vertreten. Das Schimmern der toten Fische im Korb des Mädchens, dahinter, ohne Mittelgrund dazwischen, großartig das Meer, auf einem anderen Bild ein abendlicher Stern über dem festlich beleuchteten Gasteiner Tal, die Offiziere in den Pulverdämpfen der Seeschlacht von Lissa — Romako ist heute längst als einer der bedeutendsten österreichischen Maler erkannt, der den Impressionismus zu einem persönlichen Ausdrucksmittel modifizierte. Der Pflanzenhintergrund einiger Porträts ist ornamental gestaltet, so daß man versucht ist, an Klimt zu denken.

Klimt, Schiele, Faistauer, Kokoschka und die anderen Modernen bis zu Thöny und herauf bis zur heutigen Secession mit Andersen und Dobrowsky, Boeckl, sie füllen mit ihren Bildern die Säle im zweiten Stock. Wenn man den Rundgang durch die beiden unteren Geschosse sehenden Auges absolviert hat, findet man hier oben manches ausgeführt, was andere angedeutet haben, sieht man, wie sich die moderne Kunst fast mit zwingender Logik aus der des vorigen Jahrhunderts entwickelt hat.

Gleichzeitig mit der Galerie des 19. und 20. Jahrhunderts wurde im Oberen Belvedere die erste Wechselausstellung eröffnet, in der Werke lebender, meist junger Moderner gezeigt werden. Sie bietet einen interessanten Ueberblick über das Schaffen hauptsächlich der jungen Surrealisten und Abstrakten. Neben beachtlichen Arbeiten, wie denen von Beck oder Lehmden, kann man hier eine Auswahl der vielen Säck- ' gassen studieren, die dem jungen modernen Künstler zur Verfügung stehen und in die, A. Rainer und Maria Laßnig an der Spitze, viele auch tatsächlich hineinrennen.

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