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Geschichte der byzantinischen Musik

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Zu dem Buche von Egon Wellesz: A History of Byzantine Music and Hymnography (Oxford University Press, Amen House, London E.C.4, Geoffrey Cum- berlege, Publisher to the University). Preis 42/- s net.

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Zu dem Buche von Egon Wellesz: A History of Byzantine Music and Hymnography (Oxford University Press, Amen House, London E.C.4, Geoffrey Cum- berlege, Publisher to the University). Preis 42/- s net.

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Dieses von Musikhistorikern und Byzanri- nisten längst erwartete zusammenfassende Werk ist soeben bei Clarendon Press, Oxford, in einer in Druck, Ausstattung und Form vollkommenen Aufmachung erschienen. Der Name des Autors, Egon Wellesz, Fellow of Lincoln College in Oxford, der auf eine mehr als dreißigjährige Arbeit auf dem Gebiet der byzantinischen Musik zurückblicken kann, bürgt allein schon dafür, daß wir es hier tatsächlich mit einem grundlegenden Werk zu tun haben. Mit der diesem aus Österreich stammenden Gelehrten eigenen Klarheit im Aufbau und Stil werden hier alle einschlägigen Kapitel erschöpfend behandelt. Die ganzen Fragen des verwickelten Zusammenhanges östlicher christlicher Musik mit der Musik der westlichen Kirche, dem gregorianischen Choral, wurden ja bereits von Wellesz in dem ersten Band der American Series der „Monumentą Musicae Byzzntinae“ in „Eastern Elements in Western Chant“ (herausgegeben 1947 von dem Byzantine Institute, Boston, USA) ausführlich behandelt. Hier kommt nun zum erstenmal in der gesamten Literatur dazu, daß eine geschlossene Darstellung der geschichtlichen Entwicklung byzantinischer Musik und Dichtung gegeben wird, die sicherlich nicht nur dem Musikhistoriker, sondern auch dem Theologen und dem Kulturhistoriker viel zu sagen hat. Nachdem Wellesz in der Einleitung eine Übersicht der bisherigen Studien auf dem Gebiete der byzantinischen Musik und Dichtkunst gibt — wobei er sich in einem eigenen Abschnitt besonders mit der Darstellung der Geschichte der schrittweise erfolgten Entzifferung der byzantinischen Notenschrift, deren letzte Enthüllungen gefunden zu haben bekanntlich Wellesz’ Verdienst ist, befaßt — wendet er sich im ersten Kapitel den Fragen nach dem Ursprung der byzantinischen Musik zu, um im nächsten Kapitel di Überreste griechischer Musiktheorie und ihre philosophischen Grundlagen zu erörtern. Auch der heidnische Hintergrund, für den allerdings musikalische Dokumente fehlen, und die weltliche Musik, die aus den sogenannten Akklamationen, den Preisgesängen, die bei höfischen Zeremonien im byzantinischen Reich gesungen wurden, besteht, findet in eigenen Abschnitten ausführliche Besprechung. Daß sowohl die byzantinische Liturgie wie die orthodoxe Theologie mit ungemein gründlicher Sachkenntnis sowie auch der heidnische und synagogale Hintergrund der früh-christlichen Hymnendichtung besprochen werden, darf nicht unerwähnt bleiben. Eine ausführliche Darstellung von Ursprung, Entwicklung und Form der hauptsächlichsten dichterischen Formen, des Troparion, Kontaktion und des Kanon runden das Bild des byzantinischen Geisteslebens. Die letzten Abschnitte sind der Entwicklung der musikalischen Notation sowie der Darstellung der Methode der Übertragung dieser, Neumen genannten Zeichen in unserer Notenschrift gewidmet. Bekanntlich bieten die für uns interessanten Notationsstadien jene alten Handschriften, die ungefähr die Zeit vom 10. bis 15. Jahrhundert umfassen. In den im Schlußkapitel gebrachten detaillierten Untersuchungen der Struktur byzantinischer Melodien beweist Egon Wellesz, daß er nicht nur Gelehrter von Format ist, sondern auch der feinsinnige Musiker, der in die letzten Geheimnisse musikalischer Konstruktionsprinzipien hineinzuleuchten vermag. Sorgfältig ausgewähltes und drucktechnisch vollendet dargebrachtes Bild- und Notenmaterial sowie ein in der Literatur bis jetzt noch niemals gebotenes Verzeichnis der einschlägigen Literatur und ein von Miß P. M. Kean zusammengestellter Index machen den 356 Seiten umfassenden Band zu einem Standardwerk für jeden, der sich mit Byzantinistik beschäftigt.

Monttcassino, Sein Leben und seine Ausbreitung. Von T. Leccisotti O. S. B. Aus dem Italienischen übersetzt von H. R. Bai me r- B asilių s. Thomas-Morus-Verlag, Basel, 240 Seiten.

Das Titelbild mit den Ruinen von Monte- cassino und sieben, ähnlichen Bildern würden eine Reportage über seinen Untergang vermuten lassen. Doch nimmt der erschütternde Bericht darüber nur 26 Seiten ein. Das Buch ist mehr. Es ist me Geschichte von Montecassino von Benedikt über die Zerstörung durch die Langobarden und die Sarazenen, durch das große Erdbeben bis zur vierten und letzten furchtbarsten, bei der nur das Grab des hl. Benedikt unversehrt blieb. Der erste Teil bringt mehr die äußere Geschichte, der zweite Teil zeigt die Reichweite des ordensgeschichtlichen, wissenschaftlichen künstlerischen Einfluss; und der „Term Sancti Benedicti“. Diese Zweiteilung veranlaßt eine Unzahl von Wiederholungen. Und wozu dieses wortreiche Pathos? Ganz schlicht die wahrhaft große Geschichte dieses Mutterklosters abendländischer Kultur nach den Quellen erzählen, wäre viel kongenialer. Zwei Dinge wünschte man: 1. Da das Buch doch durch zahlreiche Anmerkungen und Literaturangaben — nur deutsche Literatur fehlt — wissenschaftlichen Willen zeigt, ein genaues Namens- und Sachregister. 2. Eine Übersetzung aus der italienischen Rethorik in ein natürliches Deutsch ohne die vielen Sprach- und Druckfehler. Wer errät, daß „Mellifluo“ der hl. Bernhard ist? Die deutsche Ausgabe übertrifft durch ihre vornehme Ausstattung weit die italienische.

Pädagogische Psychologie. Von M. Keilhacker. Verlag J. Habbel, Regensburg. 167 Seiten.

Keilhacker sagt im Vorwort zu seiner „Pädagogischen Psychologie“, daß sie besser „Pädagogische Anthropologie“ oder „Pädagogische Menschenkunde“ hieße. Denn er betrachtet den Menschen nicht nur psychologisch, sondern in seiner dreifachen „Aufseufung“ als leiblichseelisch-geistiges Wesen, also auch biologisch und „noologisch“. Das und daß er diese Betrachtungen seinen pädagogischen zugrunde legt, ist das .Verdienst seines Buches. Was freilich die Grenzen zwischen den drei Bereichen von Leben, Seele und Geist anlangt, so scheinen sie mir nicht richtig gezogen zu sein. Denn wenn er schon problematisch erscheinen mag, Dressurleistungen etwa von Regenwürmern als biologische und nicht als seelische anzusprechen, so erscheint es noch viel problematischer, „die Entstehung des Geistigen im Menschen“ — entsteht das erst? — erst mit der Pubertät einsetzen zu lassen. Von Geist darf nach Keilhacker nämlich nur gesprochen werden, wo eine bewußte und eigenständige Beziehung zu geistigen Werten gegeben ist. Damit wird aber zum Beispiel, was allgemein als die menschliche Leistung schlechthin gilt, der Erwerb der Darstellungsfunktion der Sprache um die Wende des ersten zum zweiten Lebensjahr, als nicht in den Bereich des Geistes gehörig angesehen. Dennoch, das sei nochmals betont, ist das Buch ein verdienstvolles. Das auch deswegen, weil Keilhacker sieht, was heute oft übersehen wird, daß Pädagogik mehr ist als angewandte Psychologie und daß sie, obwohl an zeitbedingten Idealen notwendig orientiert, doch diese an den überzeitlichen Werten des Menschseins zu prüfen hat.

Die Technik des Außenhandels. Von Ludwig Triegler. Manz’sche Verlags- und Universi- tätsbuchhändlung, Wien.

„Lebensstandard und weitestgehende internationale Arbeitsteilung, beziehungsweise der damit im Zusammenhang stehende internationale Güter- und Leistungsaustausch stehen zueinander in direkter Proportionalität.“ Dieser Satz, der Einleitung zu Trieglers Werk entnommen, ist von größter Aktualität speziell für die österreichische Wirtschaft. Wer immer in Theorie oder Praxis mit der besonderen Problematik des österreichischen Wirtschaftslebens in Berührung kam, weiß, daß äußerste Intensivierung des Außenhandels für Österreich von eminent lebenswichtiger Bedeutung ist. Auf diesem Hintergrund der besonderen wirtschaftlichen Situation unseres Landes zeigt sich die volle Bedeutung der vorliegenden Arbeit. Der Verfasser weiß, daß günstige Handelsverträge oder Konjunkturlagen nur von geringem Nutzen sind, wenn einem Land die geschulten Kaufleute fehlen, die es befähigen, aus der jeweiligen Weltmarktlage das Beste herauszuholen. Er hat daher seine reiche Erfahrung in den Dienst der Aufgabe gestellt, eben jenen Kaufleuten ein fachlich und wissenschaftlich hochwertiges Werkzeug an die Hand zu geben. — Nach einer eingehenden Übersicht über die Aufgaben des Staates sowie öffentlicher und sonstiger Einrichtungen im Dienste des Außenhandels, über zwischenstaatliche Wirtschaftsabkommen und die verschiedenen Techniken und Systeme des Zollverkehrs behandelt Triegler die Organisation des Außenhandels, wobei offenbar mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Verhältnisse gegenüber der äußerst gründlichen Besprechung aller mit dem Export zusammenhängenden Fragen Zwischenhandel und Import nur in großen Zügen behandelt werden. Das Kapitel Export bringt nicht nur eine Unzahl technischer Details, mit denen der Exportkaufmann täglich und stündlich zu tun hat — wir erwähnen als Beispiel nur die Darstellung der Incoterms in Verbindung mit den Problemen der Exportkalkulation —, sondern es berücksichtigt die Erfordernisse der östereichi- chen Wirtschaft noch insbesondere durch eine Darstellung der Usancen im Verkehr mit dem Nahen und Femen Osten. Dem Risiko und der Finanzierung im Außenhandel ist je ein Kapitel gewidmet. Die Wiedergabe von Scheckmustern und Wechseln, von Akkreditiven und Kreditbriefen im Text ergänzt die ausführliche Besprechung der verschiedenen Finanzierungsformen. Schließlich werden noch — ebenfalls durch zahlreiche Beispiele aus der Praxis ergänzt — die mit dem Transport zu Land und zur See zusammenhängenden Fragen besprochen und dem Leser unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in den einzelnen Ländern jene Manipulationen und Korrespondenzen erläutert, deren Kenntnis für eine reibungslose Abwicklung von Transporten unerläßlich sind. Kurze Hinweise auf die Bedeutung von Verpackung und Werbung sowie Umrechnungstabellen schließen das Werk. — Wir sind überzeugt, daß es sowohl als Lernbehelf als auch als unentbehrliches Handbuch für den praktischen Außenhandelskaufmann einem brennenden Bedürfnis Rechnung trägt.

Lebendiges Tirol. Ein Bildwerk der Landschaft. Von Simon Moser. Tyrolia-Verlag, Innsbruck—Wien. 144 Seiten.

Ein kluge Einleitung und dann 135 sehr schöne, gut gebrachte Bilder, denen da und dort als geistig Ergänzung in feines Gedicht von Trakl, Leitgeb, Oberkofler, Mumelter und anderen gegenübersteht, das ist der Inhalt eines Buches, das des ganzen Tirols Landschaft darstellen will, um damit ein einprägsames Gemälde der vielfältigen und wechselvollen Beziehungen des Menschen zur Landschaft seines Lebensraumes zu geben. Diese Aufgabe ist nicht neu; aber hier wird sie für einen geographischen Bereich gestellt, der uns allen unendlich teuer ist, und schließlich in einer geradezu vorbildlichen Weise gelöst. — Die trefflichen Bilder sind hiebei glücklich und höchst unkonventionell gefaßte Belege für die optische Schönheit der Tiroler Landschaft, wie auch sehr einprägsame Belehrungen für deren Morphologie und Topographie. Die Gedichte aber lassen schließlich mit der Kraft der Sprache das Schöne der Berglandschaft Tirols noch verständlicher werden, als es durch das Bild ohnehin bereits erfolgt.

This Salzburg! Von F. Czernin und E. Ledebur. Verlag W.Frick, Wien. 182 Seiten.

Die Neuauflage der 1937 erschienenen „unvollkommenen Einführung“ in die Schönheit, den Charm und Betrieb der Festspielstadt Salzburg, in fließendem, fast allzu gutem Englisch geschrieben, wird wohl auch diesmal wieder ein guter Verkaufserfolg sein. Wenn man auch nicht all betont geistreich-originellen Urteile dieser österreichischen Selbstvorstellung für ganz Österreich gelten lassen kann, so wird man dem Verfasser doch zumindest im letzten Absatz, der mit der Aufforderung des Besuches der Festspiel Stadt schließt, voll zustimmen.

Schwester Carrie. Roman. Von Th. Dreiser. Zsolnay-Verlag, Wien.

Ein Mädchen sucht und findet aus Armut und Entbehrung seinen Weg zu Glück und Erfolg; keine Urteilende, Erkennende und Planende, eher eine Getriebene, einfältig, gutmütig und ohne Bedenken nimmt sie das Leben, wie es sich bietet, und ist damit eine von den vielen (Schwestern), die so wie sie im Ungewissen und Richtungslosen zwischen Wirklichkeit und Phantasie um ihr Dasein ringen, bis sie irgendwo landen oder stranden. Schwester Carrie schenkt eine Laune des Schicksals einen unvermuteten Aufstieg, freilich nur, als sie sich, nur an sich selbst denkend, von dem untergehenden Gefährten löst. — Dreiser ist einer der erfolgreichsten unter den amerikanischen Schriftstellern. Er ist ein Kenner des amerikanischen Charakters und der menschlichen Seel im allgemeinen, er ist auch ein Könner, eine packende und ergreifende Ausdruckskunst steht ihm zur Verfügung. Seine Darstellung des Lebens und Treibens, der Jagd nach deir Prosperität und des gesellschaftlichen Gehabens, oft mit einem Stich ins Unechte, Kitschige, ist ungemein plastisch, seine Schilde- rung der Nachtseiten des Großstadtlebens, in dem der Mensch in unbeschreiblicher Hilflosigkeit untergehen kann, wirkt erschütternd. Das Buch gehört sicher zur ernst zu nehmenden Literatur unserer Zeit. Aber es gibt nur Bericht, weist keinen Weg. Und dem religiös eingestellten Leser gibt es auch sonst nicht allzu- viel — manchmal nur einen kleinen Hieb.

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