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Geschichte des Atoms

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Atomwissenschaft und Urgeschichte. Von A.D u c r o c q. Rowohlts Deutsche Enzyklopädie, Band 49. 151 Seiten. Preis 1.90 DM.

Vor dem Leser wird hier eine Fülle von erstaunlichen Ergebnissen ausgebreitet, die durch die Einführung der chronologischen Datierung , aus den radioaktiven Eigenschaften verschiedener Isotope nicht nur der Vor- und Urgeschichte des Menschen, sondern auch der Paläontologie, Geologie und Erdgeschichte neue Möglichkeiten eröffnen. Die vielfach bewährte Altersbestimmung organischer Reste aus dem relativen Gehalt an dem strahlenden Kohlenstoffisotop Ci4 hat unsere Anschauungen über die Frühgeschichte der Menschheit schon wesentlich beeinflußt. Vor allem zwingt sie uns, die für die Entwicklung der menschlichen Zivilisation angenommenen Zeitspannen sehr wesentlich zu verkürzen. Diese Entwicklung scheint nach der letzten Eiszeit geradezu explosiv eingesetzt zu haben. Aber auch für die Bewertung älterer menschlicher Funde ergeben sich interessante neue Anhaltspunkte. Auch andere Isotope, wie die der Elemente Blei, Rubidium, Chlor und vor allem des Wasserstoffs und Sauerstoffs, lassen sich für paläontologische und geologische Altersbestimmungen verwerten, dort, wo die Kohlenstoffmethode bereits versagt. So konnte die bedeutsame Feststellung gemacht werden, daß es lange vor dem Kambrium schon organisches Leben auf der Erde gegeben haben müsse. Mit diesen Methoden lassen sich aber auch Aussagen über die Durchschnittstemperaturen machen, die in früheren Epochen der Erdgeschichte geherrscht haben, und damit ein ganzer Weltkalender der Vorgänge in der belebten und unbelebten Natur aufstellen. Die radiologischen Methoden der Altersbestimmung haben natürlich auch ihre Fehlerqualitäten, vor allem durch sekundäre „Verunreinigungen“ des Materials. Sie werden auch sicher nicht die einzigen chronologischen Methoden der Archäologie, Paläontologie und Geologie bleiben, mit der Vervollkommnung ihrer Technik werden sie aber wohl zu den maßgeblichsten und 'in manchen Fällen eirizig anwendbaren'Methoden werden. Zum' .Schluß' mächt uns der Verfasser noch mit anderen neuen Methoden der Chronologie bekannt, zum Beispiel der Dendrochronologie auf Grund der Tatsache, daß die Folge der Jahresringe eines Baumstamms die charakteristischen klimatischen Schwankungen einer besonderen Jahresfolge widerspiegelt Ein auf Grund solcher Befunde für die Jahrhunderte und , Jahrtausende aufgestellter Kalender dieser Sequenzen erlaubt dann die richtige zeitliche Einordnung eines jeden neuen Fundes.

Das neue Denken der modernen Physik. Von Arthur March. Rowohlts Deutsche Enzyklopädie, Band 37. 143 Seiten. Preis 1.90 DM.

Dieses klar und leicht faßlich geschriebene Büchlein des zu früh verstorbenen Innsbrucker Physikers ermöglicht es einem jeden, sich ohne Vorkenntnisse und ohne Mathematik über die wesentlichen Wandlungen des physikalischen Weltbildes von Demokrit bis heute zu orientieren. Die schwierigsten Begriffsbildungen der Relativitätstheorie, der Quantenmechanik und der modernen Atomphysik werden aus ihrer historischen Entwicklung verständlich gemacht und so ein Bild des weiten und an Schwierigkeiten reichen, aber doch folgerichtigen und unentrinnbaren Weges entworfen, den das menschliche Streben nach Erkenntnis der Natur gehen mußte. Es berührt angenehm, daß der Verfasser jeden bestimmten Standpunkt in der Auseinandersetzung mit der Naturphilosophie vermeidet und doch alle Grundlagen dafür in schlichter Form vorlegt.

Atom — gestern und heute. Von A. M. G. van Meisen. Deutsche, erweiterte Ausgabe von H. Dolch. Verlag Alber, Freiburg. 316 Seiten. Preis 23.80 DM.

Es war ein guter Gedanke, in der so verdienstvollen Reihe „Orbis academicus“ dieses Werk des holländischen Naturphilosophen dem deutschen Leser zugänglich zu machen. Hier spricht ein Autor, der, -mit dem ganzen Rüstzeug moderner physikalischer Forschung vertraut, die Entwicklung des Atombegriffs und der physikalischen Grundbegriffe von der Antike bis heute verfolgt und damit das Problem der Rolle der Philosophie in der Entwicklung der Naturwissenschaften aufwirft. Hier wird — im Gegensatz zu gewissen billigen Versuchen, moderne Anschauungen oder deren Wurzeln in älteren Denksystemen wiederzufinden — der Sinn naturwissenschaftlicher und philosophischer Begriffe früherer Zeiten mit allem Ernst aus dem geistigen Gesamtbild dieser Zeiten verstanden, wozu die vom Uebersetzer H. Dolch hinzugefügten Proben aus den Quellentexten sehr wesentlich beitragen. Dies nennt der Verfasser das Forschen nach dem philosophischen Hintergrund der naturwissenschaftlichen Theorienbildung und er geht dabei mit aller Sorgfalt vor, um nicht selbst das Opfer einseitig befangener Interpretation zu werden. Nach dieser historischen Betrachtung untersucht er die Beziehungen zwischen Naturwissenschaft, Philosophie und Naturphilosophie im heutigen Geistesleben und kommt zu dem Schluß, daß neben der Fachwissenschaft immer noch für die Philosophie Platz vorhanden ist. Auch derjenige, der nicht allen Schlußfolgerungen des Verfassers zuzustimmen gewillt ist, wird aus seinem Werk einen großen geistigen Gewinn ziehen. Und dies nicht nur im Sinne eines besseren Verständnisses der historischen Voraussetzungen und des Entwicklungsganges der Naturwissenschaft, sondern auch durch die Einsicht, daß eine philosophische Besinnung für den Bestand und die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Naturwissenschaften unvermeidlich ist.

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