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Gutfreund, Unger...

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Die Tatsache, daß ein so bedeutendes plastisches Lebenswerk wie das des tschechischen Bildhauers Oto Gutfreund über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus bisher kaum bekannt wurde, sein Name in den Büchern über moderne Plastik nicht vertreten ist, straft die immer wieder vertretene optimistische Behauptung Lüge, es sei heutzutage unmöglich, ein großer Künstler zu sein und dennoch unbekannt zu bleiben.

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Die Tatsache, daß ein so bedeutendes plastisches Lebenswerk wie das des tschechischen Bildhauers Oto Gutfreund über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus bisher kaum bekannt wurde, sein Name in den Büchern über moderne Plastik nicht vertreten ist, straft die immer wieder vertretene optimistische Behauptung Lüge, es sei heutzutage unmöglich, ein großer Künstler zu sein und dennoch unbekannt zu bleiben.

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Es ist ein bleibendes Verdienst des scheidenden Leiters des Museums des 20. Jahrhunderts, Dr. Werner Hofmann, daß er 1967 Gutfreunds Bildnisplastik „Viky“ erwerben konnte und daß ihm nun das vorher oft im Projekt steckengebliebene Vorhaben geglückt ist, das Werk Gutfreunds in Wien und damit zum erstenmal im Ausland zu zeigen. Die Ausstellung im Museum im Schwei-zergarten dürfte für viele als Schock und Überraschung kommen. Gutfreund wurde 1889 in Dour Krälove (Königinhof a. d. Elbe) geboren und ertrank 1927 — noch keine 38 Jahre alt — in der Moldau, er hätte also heuer seinen 80. Geburtstag gefeiert.

In seinem Werk reiht er sich mit geradezu selbstverständlicher Kühnheit in die europäische Avantgarde der Zeit vor dem ersten Weltkrieg ein, die; unter dem Eindruck und dem Einfluß“ des Kübismus, die plastischen Probleme neu zu durchdenken begann. 1909 und 1910 in Paris arbeitete er unter E. A. Bour-delle an der Grande Chaumiere, radikalisierte aber erst in seiner Heimat und Schritt für Schritt vorgehend die plastische Form. Die Raum- und Massenberechnungen im Sinne von Achsenverschiebungen erfassen zuerst die Draperien („Bei der Toilette“, „Angst“), um dann über Reliefbüdnisse des Vaters, den „Don Quijote“ in der „Viky“ 1912/13 jenen Punkt zu erreichen den Picasso mit seinem Bronzekopf von 1909 markiert hatte. 1912 entstand aber auch der „Weibliche Kopf“ und in den folgenden Jahren eine Serie von Bildwerken, die bis 1919 in immer größerer Konsequenz die Massen und Flächen des Objektes in den Raum hinein zerlegten. Während bei Picasso 1915 neben den kubistischen Untersuchungen die „Ingres“-Periode begann, realistische Formulierungen, die einen neuen „Klassizismus“ bei ihm einleiteten, schuf Gutfreund 1919 das frappante polychrome „Selbstbildnis“ mit Hut, das an den „Kahlkopf“ Donatellos im Banghello denken läßt. Ein neuer Realismus prägt von da an auch seine Arbeiten. Die Lehren des Kubismus werden nur in den sehr dichten raumgreifenden Kompositionen und in der großzügigen Formbehandlung spürbar, bis knapp vor dem Tode in ein paar Aktstudien das kubistische Thema wieder aufgegriffen wird. In seiner exemplarischen Dichte gehört das Werk Gutfreunds, der vor allem Modelleur war, zu dem jener Künstler wie Duchamp-Villon, Lipchitz, Boccioni und Gaudier-Brzeska, die nach Picasso als erste neue plastische Gesetze formulierten. Eine lehrreiche und äußerst sehenswerte Ausstellung.

Von einer siebenmonatigen Orientreise hat Carl Unger zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen mitgebracht, die er in der Galerie Würthle ausstellte. In lockeren Farbflecken und Tupfen, die sich in den stärksten Blättern „Memnonskolosse“, „Sphinx mit Pyramiden“, „Persepolis“ und „Jerusalem II“ manchmal zu leuchtenden und glühenden Flächen verdichten, entsteht die von Hitze geschwängerte Atmosphäre des Mittleren Ostens mit überzeugender Eindringlichkeit.

Fritz Janschkas Ausstellung hingegen in der Galerie Peithner-Lichten-fels bewies, daß die Zeit auch diesem Mitbegründer der „Wiener Schule“ die Zähne gezogen hat. Zeichnerisch und technisch hat er in den USA nichs hinzugelernt, und die Aggressivität ist modischen Konzessionen an sein Publikum gewichen.

Ein anderer „phantastischer Realist“, der Deutsche Eberhard Eggers, stellt in der Galerie Basilisk in der Schönlaterngasse aus. Seine dünnen Bleistiftzeichnungen und Radierungen, pendeln.zwischen Janssens und Wunderlich und muten wie in Verwesung übergegangene Jan Toorops an. Der Kult des Unappetitlichen und Häßlichen scheint eine besonders germanische Eigenschaft zu sein.

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