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HANNA DORNIK-EGER / ENTDECKUNG EINES BAROCKMEISTERS

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Ihr „Schutzherr“ ist Kaiser Friedrich III. Seiner äußeren Erscheinung galten die ersten selbständigen Forschungen von Dr. Hanna Dornik-Eger.

Mit einer Ikonographie dieses

Habsburgers ging die brünette junge Wienerin 1965 zügig durchs

Ziel der akademischen Ehren.

„Meine Disertation war eine ,Sonderlösungerklärt • sie lächelnd diese Orientierung auf ein Grenzgebiet zwischen der reinen Geschichte und der Kunstgeschichte. Als Mediävalistin bei Alphons Lhotsky ausgebildet und ebenso im kunsthistorischen Bereich heimisch, konnte die ambitionierte Doktorandin ihrer Arbeit einige Glanzlichter aufsetzen: sie entdeckte zwei sehr charakteristische Altersbildnisse des Herrschers.

Sonderbares Zusammentreffen: noch während Hanna Dornik- Eger emsig Material sammelte und sichtete, reifte der Plan zu der Ausstellung „Friedrich III. — Kaiserresidenz Wiener Neustadt“. Da konnte sie nun ihre Dokumentation in die Praxis des Anschaulichen, Sinnfälligen umsetzen. Im wissenschaftlichen Stab erarbeitete sie die kunsthistorische Darstellung der politischen Ereignisse und der Lebensäußerungen jener Epoche. Friedrich war der erste Habsburger, dessen Physiognomie nicht typisieren, sondern individuell wiedergegeben wurde. Diese Galerie eines langen Lebens reicht vom Antlitz des jungen Herzogs über Münzporträts bis zu dem scharfen Profil unter dem gleichsam mit dem Pinsel ziselierten Geschmeide der Spangenkrone, dem typischen „Habsburgergesicht“ und zuletzt dem kantigen, von Skepsis und Mißtrauen geprägten Greisenkopf. Die intensive geistige „Partnerschaft" zwi- schem dem Schöpfer des österreichischen Mysteriums „AEIOU" und der Posthuma, die seinen Spuren folgte, ging so weit, daß die junge Frau Doktor Briefe an Bekannte mit der Wendung schloß: „Es grüßen herzlichst wir beide — Hanna Eger und Friedrich III.“ Man sieht, über aller Gelehrsamkeit kommt der Humor bei ihr nicht zu kurz.

„Knall und Fall“ wurde sie gerade am Tag der Pressekonferenz für diese Ausstellung, im Mai 1966, an das Österreichische Museum für angewandte Kunst verpflichtet. Damit fielen wieder zwei entscheidende Ereignisse ihres Lebens diesmal genau auf Tag und Stunde zusammen. Am Stubenring betreut sie seither als Assistentin die Bibliothek und die Graphiksammlung. Dort konzentrierte sie ihr Interesse auf kostbare Bucheinbände und legte bald eine fundierte Arbeit über diese verborgenen Schätze vor. 1967 wurde Hanna Dornik-Eger gleich zu zwei Ausstellungen herangezogen: zunächst im „Haus“ selbst, wo sie in der dann so erfolgreichen Schau „Wiener Werkstätte" die Abteilungen Buchgraphik und Metall übernahm. — Sowieso eigentlich ein weibliches Thema, wenn man bedenkt, wieviel schöner Silberschmuck die Marke „WW“ trägt. Von diesem Abstecher ins Geschmackliche gelangte sie bei der „Gotik in Österreich" in Krems-Stein wieder in ihren ureigensten Bereich und auch dort war es das Metall, das sie methodisch erfaßte, von den goldenen Paramenten bis zu den eisernen Türbeschlägen des ausklingenden Mittelalters.

Jenes Jahr 1967 brachte für die Frau Doktor noch weitere sehr markante Daten. Die Einrichtung des restaurierten Khevenhüller- Schlosses Riegersburg als Außenstelle des Museums für angewandte Kunst bot Ansatzpunkte für Forschungen über den Schöpfer dieses bedeutenden Barockbaus. Die Lehrmeinung weist Riegersburg dem Schaffen von Joseph Emanuel Fischer von Erlach zu. Auf Grund archivali-

scher Studien im Staatsarchiv und durch Stiluntersuchungen erhärtete die tüchtige junge Dame die Vermutung, daß dieses Schloß dem Architekten Franz Anton Pilgram aus dem Hildebrandt- Kreis zuzuschreiben ist, als künstlerische Sternstunde einer ansonsten kaum bekannten Persönlichkeit. Daß aus solchem Pro und Kontra eine wissenschaftliche Fehde mit anderen Experten entstand, trägt Hanna mit Charme. „Es ist doch interessant, gerade ein umstrittenes Bauwerk zu diskutieren.“ In diesem Sinn wird sie durch das gesprochene und geschriebene Wort einem vergessenen Barockmeister wohl zu späten Ehren verhelfen.

Weitere Pläne? Ebenso ambitioniert wie die bisherigen Leistungen in ihrer noch so kurzen Karriere. „Die Reformationskunst, zum Beispiel die künstlerische Darstellung der Luther- Idee." So bereitet sie für die große Dürer-Monographie, die 1971 erscheinen soll, den Beitrag „Dürer und die Reformation" vor. Seit Jahresanfang erweitert übrigens eine zusätzliche Verpflichtung das berufliche Pensum: die Mitarbeit an dem von der Akademie der Wissenschaften gegründeten Institut für österreichische Realienkunde in Krems (Leitung Dr. Harry Kühnei). Frau Dr. Dornik-Eger ist jedenfalls „ausgebucht“, wie man so schön sagt. Zudem steht noch eine „Ikonographie der Habsburger“ in Planung. Natürlich, Friedrich III., die alte Liebe .., den Universitäten als oberster Maßstab der Wissenschaft gelte. Es gehe nicht nur darum, die Hochschul- trukturen den modernen For- schungs- und Lehrerfordemissen unter Berücksichtigung der Autonomie der Hochschulen anzupassen. Es sei im gleichen Ausmaß notwendig, geeignete Formen für ein Zusammenwirken von Hochschulen und außeruniversdtären Forschungszentren in institutioneller, funktioneller und personeller Hinsicht zu finden.

Wie eine internationale Zusammenarbeit in der Forschung nicht ohne einen möglichst unbehinderten Austausch der Forschungsergebnisse denkbar ist, so auch nicht ohne die völlige Freizügigkeit der Forscher selbst. Der Europarat hat hier schon manche Vorarbeiten geleistet, die auf eine Vergleichbarkeit der Studi en- und Ausbildungsordnungen wie der Abschlußgrade hinzielen. Trotz immer wieder merkbarer Spannungen zwischen den verschiedenen internationalen und regionalen Organisationen gleicher Zielsetzung beschloß man nun, mit der „Kon kurrenz“ zusammenzuarbeiten, um das gemeinsame Ziel besser anpei- len zu können.

So wurden CERN und EMBO, die europaratorientierten Forschungsgemeinschaften für Kernenergie- und Makromolekularforschung, als Vorbild genommen, um nun auch ÖECD-gemeinsame Forschungszentren zu errichten. Minister Piffl-Per- cevic warf in die Debatte, daß es wohl bald notwendig sein würde, nicht nur im Bereich der Naturwissenschaften, sondern auch auf Sektoren der Gesellschafts- und Geisteswissenschaften gemeinsame Initiativen zu ergreifen. Oder, wie in der Diskussion ergänzt wurde, auf den zwischen beiden liegenden „Zivilisationsbereichen“ der Luftverunreinigung, der Wasserverschmutzung, der Raum- und Städteplanung u. a.

Auf der Pressekonferenz berichtete Stoltenberg auf deutsch; während der Konferenz hatte er als Vorsitzender englisch gesprochen, wogegen alle ändern deutschen und österreichischen Sprecher sich ihrer Mut tersprache bedient hatten. Damit war wohl zum erstenmal auch in Paris Deutsch als offizielle Verhandlungssprache anerkannt worden (einen ersten Vorstoß hatte Minister Piffl schon vor zwei Jahren unternommen). Die Bundesrepublik sorgte für die — ausgezeichnete — Simultanübersetzung ins und aus dem Deutschen. Damit dürfte die Gleichberechtigung der Sprache Goethes zumindest in den europäischen Institutionen bald wieder gesichert sein.

Damit aber war auch eine weitere Frage verbunden — die der sinngemäßen Übersetzung neu auftau- chender Fachausdrücke. „Technologie“ bedeutete im Deutschen etwas wesentlich anderes als „technology“ im Englischen und „technologie“ im Französischen. Nach ständig falschen Übersetzungen einigte man sich diesmal auf die Übersetzung „Ingenieur- Wissenschaften“ als äquivalenten Ausdruck (vielleicht sollte man aber eher im Deutschen für einen Sinnwandel des Begriffs „Technologie“ eintreten, im Sinn einer Koordinierung der Terminologie).

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