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Harmonie in Farben, Flächen, Limeh

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Piet Mondrian, 1872 im niederländischen Amersfoort geboren und 1944 in New York gestorben, war Mitbegründer der Gruppe „De Stijl”, einer Vorläuferin der Abstrakten.

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Piet Mondrian, 1872 im niederländischen Amersfoort geboren und 1944 in New York gestorben, war Mitbegründer der Gruppe „De Stijl”, einer Vorläuferin der Abstrakten.

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Mit Piet Mondrian verbinden mich zwei Jugenderinnerungen. Die eine ist die direkte Konfrontation, als meine Mutter mich als Kind mitnahm in das Haager Gemeentemu-seum. Für Den Haag war Mondrian Lokalmatador, aber zugleich auch Fremdkörper. Zur „typischen” Haager Kunst, wie der Landschaftsmalerei der Haagsche School, paßten die hyperabstrakten Bilder Mondrians nämlich genau so wenig, wie zum kindlich-phantastischen Geschmack.

Die anderen Erinnerungen sind die Plastiktüten mit Mondrian-Auf-druck, die meine Zeichenlehrerin mitzuführen pflegte. Mondrian als Designer: eine Fehlinterpretation, wie manche meinen. „Die malerische Feinheit in der Oberflächenbehandlung wurde im allgemeinen übersehen. Weiterhin wurde auch Mondrians ständige Auseinandersetzung mit der Gemäldefläche in ihrer Gesamtheit, mit dem Bezug eines jeden Kompositionselements zu den Leinwandrändern und damit zum Rahmen, nur selten irgendeine Aufmerksamkeit geschenkt.”

So heißt es zumindest im Katalog zur Mondrianausstellung, die es anläßlich seines fünfzigsten Todestages seit ein paar Wochen im Gemeente-museum in Den Haag gibt. Nach den Jahrhundertausstellungen über

Rembrandt und Vincent van Gogh ist also der dritte epochemachende Maler aus den Niederlanden an der Reihe. Mit seinen illustren Vorgängern läßt Mondrian sich allerdings nur teilweise vergleichen. Während Rembrandt und van Gogh den Stoff für unzählige Filme lieferten, erscheint die Lebensgeschichte des streng kalvinistisch erzogenen Junggesellen so schlicht wie seine abstraktesten Bilder.

Um so dramatischer ist sein künstlerischer Werdegang. Insgesamt haben die Ausstellungsorganisatoren gute Arbeit geleistet, denn alle Perioden seines Lebens sind ausführlich dokumentiert. Anfangs wähnt man sich dabei in einer Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Beginnend als impressionistischer Landschaftsmaler, versucht er sich im Pointiiiismus und schnuppert - etwa in der bekannten „Windmühle im Sonnenlicht” - am Expressionismus. Unverkennbar ist der Einfluß von Picasso und Braque in seiner kubistischen Phase.

Allmählich wird die Pinselführung schlichter und es schleicht sich die Abstraktion ein. Das anfangs noch erkennbare Motiv bleibt später nur noch im Titel enthalten, bis Mondrian schließlich zum Stil findet, den die Welt heutzutage mit ihm identifiziert.

Große Flächen in den Primärfarben mit Titeln wie „Tableau I” oder „Komposition B”. Was er zum Ausdruck bringen wolle, wurde er 1934 gefragt. „Nichts anderes als das, was jeder Künstler sucht: Harmonie durch die Äquivalenz im Verhältnis zwischen Linien, Farben und Flächen ausdrücken, aber nur auf klarste und überzeugendste Weise.”

Anscheinend haben die Aussteller eine klare Trennung zwischen Kunst und Information erreichen wollen. Während die Räume mit den Gemälden karg beschriftet sind, werden in kleinen Nebenräumen Technik und Theorie Mondrians erklärt. Schade, daß einige Spätwerke nur in New \ ork und W ashington zu sehen sein werden. In ihnen macht sich nämlich erstmals eine gewisse \ erspieltheit bemerkbar.

Die revolutionierenden Doppellinien treten auf, die schwarzen Linien sind manchmal gefärbt, die Titel werden phantasievoller. „Yictory Boogie Y\ oogie” heißt sein letztes

Gemälde, wie er andere scheinbar abstrakte Werke auch „Fox Trott” genannt hatte. W ie er einem Besu-eher erklärte, sei er beim Malen von der Musik ausgegangen. Letztend-lieh sei jedoch ..die natürliche Darstellung auf geheimnisvolle Weise

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