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Das Linzer Stadtmuseum Nordico zeigt eine faszinierende Schau über die chinesische Medizin.

Der Rundgang durch die klar gegliederte Ausstellung mit ihrer fernöstlichen Ästhetik führt in elf Themenbereiche, ausgehend von den bedeutendsten Ärzten der altchinesischen Medizin, die sich vor mehr als 2.000 Jahren zu entwickeln begann. Als historische Heilform ist sie in unserer Zeit in Europa unter der Bezeichnung "Traditionelle Chinesische Medizin (tcm)" zu einem Begriff geworden, die Akupunktur inbegriffen. Zu Chengdu (Sichuan), einem von Chinas renommierten Zentren für Ausbildung und Praxis in der tcm und Linz als Partnerstadt, bestehen seit 1983 gute Kontakte.

Arzt und Arznei

Wie essenziell die Originalarzneidrogen pflanzlicher, tierischer und humaner Herkunft, einheitlich Kräuter genannt, für die tcm auch immer gewesen sein mögen, die originalen Kräutersäcke vor dem riesigen Tafelbild eines Kräutermarktes in Chengdu von unabsehbarer Dimension weisen darauf hin, dass die Pharmazie als "Rückgrat der chinesischen Heilkunde" gilt. Folgerichtig genießt der Apotheker in China bis heute ein höheres Ansehen als der Arzt. In der Apotheke ordiniert der Arzt nämlich öffentlich als Angestellter des Apothekers! Dieser Rangordnung entsprechend wird eine "original chinesische Apotheke" samt Einrichtung gezeigt. Auch die Alltagskultur kommt dabei zu ihrem Recht: Ästhetisch besonders ansprechende Arzneigefäße wurden gerne von Sammlern gekauft und daher in Serie hergestellt.

An Hand einer Vielzahl von Objekten werden die verschiedensten Aspekte der tcm dargestellt und Heilmethoden wie Fachbegriffe erläutert. Akupunktur kennt man, weiß vielleicht auch, dass dies ein Verfahren ist, um den Fluss des Qi und des Blutes im Körper zu beeinflussen; dass wir im Westen Qi mit "Energie" übersetzen; und dass wir unsere Essgewohnheiten nach der Yin-Yang-Lehre den thermischen Qualitäten der Lebensmittel anpassen sollten. Mit der Fünf-Phasen-Theorie sollten sich die Speisen über die in jeweils fünf Kategorien unterteilten Farben und Geschmacksrichtungen spezifischen Organfunktionen zuordnen lassen.

Wenig vertrauenerweckend wirken die Moxibustion als Wärmetherapie oder das Schröpfen. Heilmethoden jenseits der Naturwissenschaft, basierend etwa auf altem Dämonenglauben, werden immer noch da und dort praktiziert.

Im Bereich "Black Box menschlicher Körper" kreisen alle Fragen um Vermutungen und Gewissheiten über den menschlichen Organismus, seine Gesundheit und seine Krankheiten; und letztlich um die Frage: Ist der ideale Körper frei von Kranksein, oder ist Kranksein eine Naturgegebenheit?

Diagramme, Schautafeln, Lehrfiguren, Videofilme u.a.m. sowie eine "Bibliothek des Wissens" mit Handschriften und gedruckter Literatur runden die auf exaktem Wissen von Geschichte und Theorie der tcm beruhende Ausstellung ab, für deren Inhalt der Medizinhistoriker, Pharmazeut und Sinologe Paul U. Unschuld von der Universität München verantwortlich zeichnet.

Wandlung und Anpassung

Der Bereich Chinesische Medizin im 20. Jahrhundert umfasst das schwierige Erbe in China selbst; die Begegnung der chinesischen Medizin mit der westlichen Welt und die kreative Rezeption. Die tcm ist in unseren Breiten ein großes Geschäft geworden. Gesundheit und Wellness boomen. Es gibt jede Menge Kurse, Kuren, Seminare, und wer weiß schon so genau, wie seriös die Angebote sind. Daher hoffen die Organisatoren und Gestalter dieser Ausstellung, dass ihr Publikum nach deren Besichtigung sowohl in der Lage sein sollte, die Spreu vom Weizen zu unterscheiden wie auch die Möglichkeiten und Grenzen der tcm für sich selbst zu entdecken.

Das Heil der Mitte

Chinesische Medizin

Nordico Museum der Stadt Linz

Dametzstraße 23, 4020 Linz.

Tel. 0732/7070-1912.

http://tcm.nordico.at

Bis 17. 4. Mo-Fr 9-18, Sa / So 14-17 Uhr

Katalog des Nordico-Museum der Stadt Linz Nr. 88 von Paul U. Unschuld,

München-Linz 2005, 199 Seiten,

zahlr. Abbildungen; e 12,50.

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