Hemingways Klo und andere Gags

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"Fallobst": Witz und Ironie in der Sammlung Essl.

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"Fallobst": Witz und Ironie in der Sammlung Essl.

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In der Malerei musst Du gucken, was ist noch übrig an Fallobst, das Du malen kannst. Da ist das Ei zu kurz gekommen, die Banane hatte ja schon der Warhol gehabt." Martin Kippenberger (1953 bis 1997) war einer jener Künstler, die es mit großer Finesse verstanden, sich über die Kunst, die Künstler und damit sich selbst lustig zu machen. Auf seinen eingangs zitierten Ausspruch geht auch der Titel der aktuellen Schau in der Sammlung Essl in Klosterneuburg zurück, die sich mit Witz und Ironie in der Kunst auseinandersetzt: "Fallobst".

Kippenbergers Selbstporträts mit Eiformen bilden den Ausgangspunkt der ausgezeichneten Schau, die Kuratorin Gabriele Bösch hauptsächlich aus den Beständen der Sammlung Essl zusammengestellt hat. Diese Porträts sind freilich nicht so witzig, wie man vermuten würde, hatte Kippenberger doch auch einmal gemeint, jene Witze am besten zu finden, denen die Pointe fehlt.

An jene früher gern getragenen, heutzutage aber nur noch bizarr wirkenden Pelzshawls, an deren Ende noch die Köpfe der toten Tiere baumeln, erinnert Christian Ludwig Attersees "Hundebüstenhalter" (1966). Natürlich fehlen auch nicht Daniel Spoerris absurde Objekte aus Flohmarktware. Arnulf Rainer ist mit Übermalungen drolliger Charakterköpfe vertreten.

Doch neben diesen schon klassisch gewordenen Künstlern behauptet sich eine jüngere Künstlergeneration, deren Werke an der Grenze zum so genannten Kitsch entlangbalancieren. Künstler, die große Freude daran haben, Edles und Geschmackloses, Hehres und Banales miteinander zu verknüpfen, die mit teils trashigen, teils alltäglichen Versatzstücken lustvoll Leben in die heiligen Hallen der Kunst bringen: Rahmen aus Kunstleder (Matthias Hammer) oder schwülstigem Dekorstoff (Gudrun Kampl) machen sich über ihre völlig ernst gemeinten, kaum hinterfragten goldenen Vorgänger lustig, die zu tausenden in allen Museen der Welt hängen. Halb-erotische Kitschmotive aus dem 19. Jahrhundert malt Sebastian Weissenbacher mit dem Adornoschen Gestus der zusammengebissenen Zähne ("Wo die Liebe zu Hause ist"). Auch süße Quietschentchen, in dezentem Schwarzweiß, bannt er auf Leinwand. Ula Schneiders Installation "Liebesnest" vereint alle Insignien altmodischen Kitsches: Kunstfell, Plastikherzen, Amors Pfeile in einem lieblichen Sitzensemble, rosarot für die Dame, himmelblau für den Herrn.

Auf den ersten Blick sehen die Schächtelchen, die "Moral", "Philosophie", "Humor"in Tablettenform enthalten ("zwei mal täglich") echten Arzneipackungen täuschend ähnlich. Christian Tinkhauser Thurner macht deutlich, dass man Weisheit heute nicht mehr mit Löffeln fressen muss.

Sehr beliebt ist auch die künstlerische Zweckentfremdung von Tieren, die jedoch vom realen Irrsinn, der am Agrarmarkt mit den armen Viechern betrieben wird, in den Schatten gestellt wird: Etwa Maurizio Cattelans präpariertes Kaninchen mit Löwenaugen oder Deborah Sengls ausgestopftes Schaf. Den Vogel - pardon: den kapitalen Bock - jedoch schießt Götz Bury mit seiner "Klosituation von Ernest Hemingway (Rekonstruktion)" ab: Eine Klobrille aus platinfarbenem, edelsteinbesetzten Elchgeweih, ein Klobürstenhalter aus einem Hirschkopf und und ein "Tandem-Klopapierhalter" auf Basis eines Wildschweinschädels, ebenfalls in Platin und besetzt mit Juwelen.

Bis 29. April

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