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Heute und vor 100 Jahren

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Fritz W o t r u b a, Österreichs bekanntester und möglicherweise auch bester Bildhauer, Staatspreisträger und Akademieprofessor, zeigt jetzt in der Buchhandlung Kosmos (Wollzeile) eine Anzahl von Zeichnungen und Kleinbronzen. Es sind das merkwürdige, ziemlich abstrakte und dem Wiener Publikum jedenfalls ungewohnte Dinge. Aber ein „klares“ Nein ist diesen Figuren gegenüber jedenfalls nicht am Platze: es wäre aus jenem Unverstand heraus gesprochen, der Ungewohntes nach dem ersten Blick ablehnt. Auch wäre es besser, angesichts der Kleinbronzen Wotrubas nicht jene schon etwas abgebrauchten Redensarten von der „modernen Kunst, welche die Zerrissenheit des heutigen Menschen chaotisch, ihn zur Karilkatur entstellend,-spiegelt“, zu benützen. Derlei Zitate stimmen manchmal, aber sie stimmen durchaus nicht vor jedem Werk eines in dieser Zeit schaffenden Künstlers. Gerade im Fall Wotruba wird nämlich jedem Betrachter klar werden, daß sich dieser zweifelsohne bedeutende Künstler sehr wohl bemüht, nicht Zerrissenheit, sondern Form und die klare Gesetzlichkeit kristalliner Ordnungen darzustellen: daß an den hier besprochenen Figuren mandies, was als gleichsam gesetzmäßige Entwicklung plastischer Archtypen gedacht war, eher durch bloße Reduktion des Naturbildes zustande kam, steht auf einem anderen Blatt. Um es deutlich zusammenzufassen: Wotrubas Kleinbronzen sind interessant, einige von ihnen sogar schön und bei aller Knappheit der angewandten Mittel erstaunlich reich an Reizen. Vollkommen sind sie nicht. Daß der Künstler selbst sie weniger als endgültige, denn als für den von ihm neuerdings eingeschlagenen Weg bezeichnende Werkstättenergebnisse ansieht, dürften die beigegebenen Studienzeichnungen beweisen, unter denen sparsamer hätte ausgewählt werden müssen. Eine bemerkenswerte Ausstellung, die unter den Besuchern zu Diskussionen anregt.

Im vergangenen Jahr hat die Albertina eine eindrucksvolle Ausstellung von Rohrfederzeichnungen des Salzburgers Anton Steinhart veranstaltet, in deren Bewunderung vollste Einmütigkeit herrschte. Nunmehr zeigt die Galerie Würthle eine Reihe in den letzten Jahren entstandener Ölbilder dieses Künstlers; daß sie die Masse dessen, was man allwöchentlich an Malerei zu sehen bekommt, überragen, war von vornherein zu erwarten, aber die Konkurrenz der aus derselben Hand stammenden Graphik vermögen sie wohl nicht ganz siegreich zu bestehen. Meistens Landschaften, sind sie in Qualität und Art voneinander oft sehr verschieden; neben konventionellen stehen fast expressionistische Bilder, neben solchen, in denen die Farbe ungebärdig aus den Rahmen fließt, hängen andere, in denen sie sich gesättigt und beherrscht mit großzügigen Formen vereinigt — wie dies etwa für einige der Wachauer Landschaften aus dem Jahre 1948 zutrifft, die wohl die besten der Ausstellung sind. Einige der unübertrefflichen Steinhart-Zeichnungen in den Vitrinen zeigen den Meister von jener Seite, die jede Kritik schweigen macht.

Die Neue Galerle In der Grünangergasse erwirbt sich Verdienste um die österreichische Kunstgeschichte, indem sie den fast vergessenen Friedrich Gauermann (1807 bis 1862) sehr ausgiebig zu Worte kommen läßt; öffentliche Sammlungen haben mit vielen Leihgaben wichtige Unterstützung geleistet. Seine Landschaften — meist Gebirgsmotive, wie auch Waldmüller sie liebte — haben in hundert Jahren nichts von ihrer Frische und ihrer echten Natürlichkeit eingebüßt, welche die nichtakademische Wiener Malerei dieser Zeit so liebenswert und auf eine besondere Art auch bedeutend machte. Gewiß, Gauermann hat unter dem Druck der Not sich selbst 4ft vergessen und Dinge geschaffen, die buchstäblich ungenießbar sind — trockenes, spätklassizistisches Zeug, Kopien eigener Arbeiten oder alter Meister. Aber das, was die Neue Galerie zeigt, ist in seiner Mehrzahl meisterhaft. Wiederentdeckung eines wertvollen Kapitels österreichischer Malerei.

Im Foyer des Konzerthauses ist einiges aus dem Lebenswerk des vor einigen Jahren verstorbenen ungarischen Malers Karl P a t k o zu sehen, der in seinen Bildern und Aquarellen einen ziemlich robusten, aber kaum frappanten Realismus pflegte. Weitaus am schönsten sind die ausgestellten Kupferstiche, die hauptsächlich stille bukolische Szenerien als Thema benützen.

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