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IM STREIFLICHT

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BAROCKAUSSTELLUNG im Unteren Belve-dere in Wien: der Besucher ist erstaunt und entzückt über die Fülle der hier ausgestellten Kunstgegenstände, die bis jetzt der Öffentlichkeit fast unbekannt sind, da sie sich weitgehend im Privatbesitz befinden, vor allem im Besitz österreichischer Klöster. Mancher wird vielleicht bedauern, daB diese Kunstschätze nur hier im Belvedere für kurze Zeit und nicht auch immer in den betreffenden Klöstern gezeigt werden, wobei der Besucher meist falsch unterrichtet ist: denn fast jedes Kloster ist jederzeit bereit, Besuchern seine Kunstschätze zu zeigen, nur wissen das die wenigsten Kunstbeflissenen. Wir schlagen deshalb vor, an bestimmten Tagen, zum Beispiel an jedem Sonntag, kun6thistorische Führungen durch die wichtigsten österreichischen Klöster zu veranstalten. Wie viele Wiener würden sich zum Beispiel freuen, die Kornhäusl-Bibliothek des Schottenstiftes oder die Werke* des Meisters vom Schottenstift bewundern zu können? Oder in Klosterneuburg die prachtvollen, barocken Monstranzen, die berühmten Bilder Rueland Frueaufs, die prachtvollen, modernen Kasein von St. Gertrud besichtigen zu können, in St. Peter in Salzburg die Bibliothek, die barocken Infein, die frühesten Bilder von der Salzachstadt? Der Propaganda bedürften 6olche Unternehmungen nicht, nur der Bekanntgabe; an Publikum wird's nicht mangeln.

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TETZTE Vorstellung der heurigen Saison im Wiener Akademietheater. Das Haus ist gut besucht, sehr gut sogar. Nur einige Lücken gähnen in den Reihen. Es sind nicht unverkaufte Plätze, sondern die Sitze jener, die zu spät kommen. Auch wenn sie noch so leise zu sein versuchen, sie 6tören doch. Unruhe hängt ständig über dem ersten Akt und verschwindet endgültig erst nach der ersten Pause. Bei den Philharmonischen Konzerten wäre dies unmöglich. Wer hier zu spät kommt, wird unbarmherzig bis zur Pause ausgesperrt. Die Besucher wi66en dies — und kommen schon deshalb zurecht. Auch in den Staatstheatern war dieser Brauch früher eingeführt. Sehr zum Nutzen der Theater. Nach dem Krieg kam er ab. Vielleicht könnte man ihn in der nächsten Saison wieder einführen?

CIN junger Wiener Kunsthistoriker, der seinen Beruf in Westdeutschland ausübt, kam eines Tages auf den Gedanken, seinerseits etwas für den österreichisch-deutschen Kulturaustausch zu tun, und ließ eich von einem Wiener Freund eine Kollektion von etwa 50 Blättern moderner österreichischer Graphiker schicken. Diese nicht eben große Auswahl wurde zunächst und ohne allzu große Erwartungen in Karlsruhe gezeigt. Und fand bei Publikum und Presse überraschend großen Anklang. Andere Galerien bewarben sich um sie. Die kleine Sammlung wurde der Reihe nach in Heirbronn, Kassel, Speyer, Schweinfurtlh gezeigt und soll demnächst noch nach Stuttgart und Mannhelm gehen. Der schönste Erfolg aber ist ein moralischer: deutsche Aussteller fühlten sich durch das Interesse des Publikums angeregt und bemühen sich um weitere Ausstellungen österreichischer Kunst. Die Initiative ging schnell an offizielle Stellen über: die österreichische Staatsgalerie wird, wenn nicht alle Hoffnungen trügen, im nächsten Frühjahr eine umfangreiche Exposition von Meisterwerken der österreichischen Moderne nach Deutschland bringen. Ein Beweis mehr dafür, daß die so wenig beachtete bildende Kunst Österreichs sehr wohl ein bedeutendes Objekt einer großzügigen österreichischen Kulturaußenpolitik werden könnte ...

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WIE Schweizer sowjetrussische Bauleistungen sehen, sagt eine Glosse der .Tat“ vom 16. Juni 1951 in Betrachtung der im Zürcher Kunstgewerbemuseum gezeigten Ausstellung von Architektur der Sowjetunion: Da konnte uns einmal aufgehen, was die drüben hinter dem Eisernen Vorhang alles können und wir nicht können. Immer wieder wird von unerhörten Spitzenleistungen der Russen geredet, wenn man aber einmal etwas zu Gesicht bekommt, Bauten, Schiffe, Maschinen, so haben wir im Westen nicht den mindesten Grund, uns die Haare zu raufen und zu verzweifeln. In den meisten Dingen sind wir noch um Jahrzehnte voraus. Westliche Erfindungen von Anno dazumal werden in ihrer überwundenen Stufe von den Russen unverändert festgehalten. Plumpe Formen stören sie nicht. Für westliche Architekten war die Ausstellung eine Enttäuschung. Kein schöpferischer Zug war da zu bemerken; eine erstarrte Formenwelt lag vor den Blicken. Unser bewegliches Leben prägt sich doch kühner, freier, geistreicher aus. Es ist sehr gut, Vergleiche anstellen zu können, wobei man die Progressiven so eindeutig im Nachschub sehen kann. Die Sowjetunion mag brauchen, was sie herstellt, wir brauchen anderes und mögen nicht zurückfallen ins Primitive.

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