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IM STREIFLICHT

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CIN immer kräftiger und lauter werdendes Sorgenkind ist für jeden verantwortungsbewußten Rundfunksendeleiter das Kapitel U, die Unterhaltungsmusik. Bezeichnenderweise kam von einem Bundesland, aus Klagenfurt, während einer Programmkonferenz der österreichischen Sender die Anregung, nach dem Vorbild verschiedener ausländischer Stationen künftig auch in der R a v a g ein „symphonisches Tanzorchester" zu beschäftigen. Das ad hoc zusammengestellte Ensemble umfaßt neben der im Jazzorchester üblichen Bläser- und Rhythmikgruppe auch in reichbesetztes Streichorchester und fast alle Arten von Holz- und Blechbläsern. Weder der wilde Hot-Jazz, noth das weinselige Wienerlied sollen hier gepflegt werden, selbstverständlich auch nicht die Klassikertravestie, sondern man will neue, virtuose Arrangements guter Unterhaltungsmusik schaffen. Der neuengagierte Leiter Carl de Groof, der seine Ausbildung an der Musikakademie erhalten hat und Dirigent der Wiener Sängerknaben war, gilt als Fachmann auf diesem Gebiet. Doch möge man es nicht beim Arrangement bewenden lassen und die reiche, bei uns bisher kaum genutzte Originalliteratur studieren.- Ferner gilt es, junge Komponisten, die Talent und Neigung für dies Genre haben, zu gewinnen und mit kleinen Kompositionsaufträgen zu betrauen. Auf diese Weise könnte der Verwilderung der U-Musik vorgebeugt und ein Versuch ihrer Assimilation gemacht werden. „

T AS Linzer Landestheater hat, einvernehmlich mit den österreichischen Bundesbahnen, einen „Theaterzug" eingeführt, der ab Oktober allabendlich die auswärtigen Besucher des Landestheaters auf der Strecke zwischen der Landeshauptstadt und Vöcklabruck nach Hause bringen wird. Vielleicht werden eines Tages Staatstheater und Wiener Straßenbahndirektion im Interesse der Wiener Theaterbesucher doch einmal zu einem ähnlichen Einvernehmen gelangen ..

TM Nordteil des Parkes, der zum Clam-GallM- A Palais im IX. Bezirk gehört, arbeiten Bagger und Bulldozer, rattern Betonmaschinen und werden Bäume gefällt: die französische Regierung wird dort eine Schule für 800 Schüler errichten. In zwei Gebäuden mit mehreren Stockwerken, mit Sportplätzen und allem, was zu einer modernen Schule gehört. Dadurch wird der Park selbstverständlich verkleinert, die Gegend zwischen Liechtenstein- und Claift- Gallas-Palais erheblich verändert werden. Nun, wir können nicht ohne weiteres entscheiden, ob dieses große Bauprojekt zu begrüßen oder abzulehnen ist — wahrscheinlich ist es sogar zu begrüßen. Aber: hier werden, neuerlich, die Grünflächen Wiens erheblich vermindert, ein Stadtteil neu geformt. Das Projekt ist von Unternehmern, Denkmalamt und allen

Instanzen gutgeheißen worden — und niemand, nicht eine einzige der damit befaßten Steilen hat es für gut und richtig erachtet, die Öffentlichkeit über dieses Projekt zu unterrichten, Architektur und Stadtplanung sind offenbar Gebiete, über die nur Esoteriker höheren Grades Kenntnisse besitzen dürfen,..

TS ist ein ausgezeichneter Gedanke gewesen, am Kopf der heuen Stiege der Albertina eine moderne österreichische Plastik — einen „Liegenden" von Fritz Wotruba — aufzustellen. Damit nämlich Wird dem Umbau der Albrechtsrampe zu einer Stiege doch etwas von seinem pseudo-restaurativen Charakter genommen — jetzt sieht man doch wenigstens, daß der Umbau im Jahre 1951 und nicht Jahrhunderte früher vorgenommen wurde

T AS Kulturamt der Stadt Wien hat die Ab- sicht, im Laufe der kommenden Monate in seinem Ausstellungsraum Sammlungen zu zeigen, die Mäzenen zeitgenössischer Kunst gehören. Der Zweck dieser Ausstellungen ist wohl, zu beweisen, daß es auch heute noch Mäzene gibt — und es mag immerhin möglich sein, daß dieser oder jener Kapitalskräftige sich's als Beispiel dienen läßt. Allzu optimistisch wird man in dieser Hinsicht besser nicht sein — aber der Kunstpolitik des Wiener Kulturamtes, das da mit dieser und früheren Unternehmungen (zum Beispiel den weihnachtlichen „Das-gute-Bild-für-jeden"-

Ausstellungen) unseren Künstlern einen breiteren Abnehmerkreis schaffen will, dieser Politik stimmen wir aus vollem Herzen zu

Vj IE notwendig sie wären, die Mäzene, soll “ ein kleines Rechenexempel beweisen: da zeigte einer unserer jüngeren (aber nicht einer der jüngsten) Graphiker, der längst schon sozusagen auch amtlicherseits als „Arrivierter" bezeichnet und zu jeder Auslandsexposition herangezogen wird, eine Kollektivschau; da er von vornherein keinerlei finanziellen Erfolg erwartete, war er sehr angenehm erstaunt, als er nach Schluß der Ausstellung festetellte, daß seine jahrelange geduldige Arbeit mit Ankäufen in dem märchenhaften Ausmaß von — 3500 Schilling belohnt Worden war. (Das ist ernst gemeint; nicht viele Ausstellungen haben solchen Erfolg.) Was geschah mit dem Geld? 1500 Schilling wurden für Zahn- und sonstige Gesundheitsrepara- iuren ausgegeben, denn ein Maler steht ja gewöhnlich nicht im Genuß einer Sozialversicherung; rund 1000 Schilling dienten zur Deckung dringendster Schulden, denn wenn er kein Geld hat und trotzdem leben will, muß auch der Vorsichtigste bisweisen Schulden machen; der Rest ging auf: für einen Anzug, natürlich beim Altwarenhändler gekauft, für Malutensilien, für Kohle und etliche Vorräte. Der Graphiker, von dem die Rede ist — er ist glücklich. Und iwir, die wir dies hören?

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