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IM STREIFLICHT

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TNIE städtischen Wiener Baubehörden haben, allem Widerspruch zum Trotz, nicht \on ihrer Meinung abgelassen, daß das neue städtische Museum auf dem Karlsplatz stehen müsse und nirgends sonst stehen dürfe. Nun, der Wettbewerb, den sie zur Erlangung eines Projekts ausgeschrieben haben, hat bewiesen, daß das neue Museum nicht auf dem Karlsplatz stehen kann: fast hundert Architekten — und unter ihnen einige sehr namhafte — haben Entwürfe eingeschickt — und keiner, nicht ein einziger sich als brauchbar erwiesen. Neuerlich ist sinn- und zwecklos Geld und Mühe aufgewendet worden, um' ein Projekt zum Leben zu erwecken, das schon vor Jahrzehnten nichts getaugt hat. Aber immer noch halten, so hört man, die Stadtbaubehörden, des grotesken Debakels nicht achtend, an ihrem Plan fest: eine Studienkommission oder eine ähnliche Einrichtung soll nun versuchen, aus den 104 ungeeigneten Entwürfen einen geeigneten zusammenzusetzen: Städtebau als Zusammenlegspiel. Stimmt es wirklich, daß kein anderer Bauplatz für das Museum zu finden ist? Warum sollten nicht ebensogut die Stallgebäude des Palais Trautsohn abgerissen werden? Was ist mit dem „Messe“-Palast, der für die Wiener Messe längst schon zu klein geworden ist und über kurz oder lang ohnehin einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden muß? Wie steht es mit der unbebauten Westseite des Karlsplatzes, was ist mit dem Freihaus, das seit Jahrzehnten abgerissen werden soll und ebensolang schon abgerissen sein sollte? — Nein, daß nur auf dem Platz vor der Karlskirche Platz für ein neues Museum sein sollte, das erscheint uns doch recht, recht unglaubwürdig. .. Und noch eine Frage: was muß eigentlich geschehen, um die Stadtbauämter von der Unrichtigkeit eines Einfalls zu überzeugen?

TN einem Kino im 10. Wiener Gemeindebezirk wird Theater gespielt. Nicht eine Bauernposse, sondern ein richtiges Gaststück des Volkstheaters ist zu sehen. Nicht irgendeines, sondern die letzte Premiere, nicht irgendwelche Schauspieler, sondern die erste Besetzung werden dem Publikum der Peripherie vorgestellt. Die Anregung ging von einer Wiener Volkshochschule aus. Auch die junge Bühne „Kaleidoskop“ möchte schon in nächster Zeit ihre Stücke an die Peripherie hinaustragen. Im Mödlinger Lichtspielhaus gastiert nicht nur die Löwingerbühne, sondern auch das Stadttheater Baden mit ernsthaften Stücken. Ist die Zeit vorüber, da Theater mit schlechtem Besuch in Kinos mit schlechten Filmen umgewandelt wurden? Ist die Zeit nicht mehr fern, die uns einmal Burgtheateraufführungen im Forum bringen wird?

Tj1 IN Wiener Burgtheaterschauspieler, einer von den großen, wird in den ersten Monaten des neuen Jahres in Westdeutschland ein Theater mit seinem Auftreten beehren. Und schon melden die Nachrichtendienste, daß der Nordwestdeutsche, der Süddeutsche und der Südwestdeutsche Rundfunk Roul Aslan, der vorderhand noch wochenlang in Wien sein wird, für Lese- und Hörspielabende verpflichtet haben. Wahrhaftig: Man arbeitet auch im Kulturleben „mit Tempo“, da oben, jenseits der Grenze ...

TUT IT den öffentlichen symphonischen Rot-■■“• Weiß-Rot-Konzerten hat auch ein neuer Frühling musikalischer Stilblüten in den Einführungen begonnen, von der „nachdenklichen Kontemplation“ bis zum „Seufzer einer schwermütigen Seele“, den angeblich die Musik von Brahms ausdrückt. Mit einem „musikalischen Märchen aus dem Lande der Kirschblüte“ wurde das erste Konzert eingeleitet. — Wie oft mußten wir hören, daß die Philharmoniker kein Experimentierorchester sind und daher allzu „moderne“ Musik nicht spielen könnten. Und dieser altjapanische Schlangentanz von Yorinori Mat-sudaira — eine exotische Trivialität — war plötzlich möglich? Warum wohl?

“CINEM bekannten österreichischen Künstler wird aus Staatsmitteln — aus sehr reichlichen Staatsmitteln nebstbei — ein Atelier errichtet. D:s ist natürlich sehr gut und sehr schön, aber nur ein Tropfen auf den recht heißen Stein der allgemeinen Ateliermisere. Fast jeder Künstler sucht heutzutage nach einem Atelier — es ist eben nun einmal so, daß man für gewisse Arten von Beschäftigung, etwa das Malen oder das Produzieren von Plastiken, einen ruhigen Raum mit ruhigem Licht benötigt. Aber viele Ateliers hat es in Wien nie gegeben und die meisten von den wenigen sind im Krieg zerstört worden — natürlich, Dächer waren eben gefährdet... Die Gemeinde versucht gewiß, dem abzuhelfen. Aber es ist kein sehr glücklicher Gedanke, die Künstler — wie es jetzt zur Gepflogenheit wird — an die Peripherie der Stadt zu versetzen, nach Stadlau und Favoriten, weitab von den Ausstellungshäusern, den Bibliotheken und Theatern. Warum sollten nicht die Gelder, die hier unüberlegt für Einzelfälle, dort, ebenfalls unbedacht, für ganze Gruppen aufgewendet werden, insgesamt den Bau von Künstlerhäusern in der Nähe der Innenstadt erlauben? Plätze.und Baustellen gäbe es genug dafür . ..

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