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IM STREIFLICHT

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T“VE Feier seines 100 0. Konzertes beging der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde am vergangenen Wochenende mit einer Aufführung der IX. Symphonie von Beethoven unter Herbert von Karajan (mit den Symphonikern und den Solisten Lisa della Casa, Hildegard Rössel-Majdan, Waldemar Kmentt und Otto Edelmann). Die kleine, schmucke Festschrift, die zu diesem Anlaß herausgegeben wurde, ist zugleich ein Verzeichnis der Ruhmestaten dieser Vereinigung, die in drei Jahren ihr lOOjähriges Bestehen wird feiern können. Den Aktionsradius des Singvereins mögen einige repräsentative Leistungen aus den letzten Jahren veranschaulichen: Internationales Bach-Fest 1950, Bandaufnahmen für den Tonfilm „Matthäuspassion“ mit der Musik von J. S. Bach, konzertante Opern-auffiihrungen (Aida, Fidelio, Corregidor, Carmen, Golgotha von Frank Martin, Mathis der Maler von Hindemith, Le Rossignol von Strawinsky), das Haydn-Fest in Eisenstadt, 4 Italien- und 2 Schweizer Reisen, die Internationale Chorkonkurrenz in Arezzo, bei der der Kammerchor des Singvereins den ersten Preis erhielt u. a. — In der Tat: eine stolze Bilanz, ermöglicht und zusammengesetzt aus ungezählten Einzelproben und dem von den Chormitgliedern freudig dargebrachten Opfer von vielen hunderttausend Stunden Freizeit. Unsere Hochachtung und unsere Glückwünsche 1

ASTSPIEL des Kaiserlich-Japanischen Balletts in der Volksoper. Darauf bezüglich: eine aus zwei Blättern bestehende Einlage im Programmheft: 15 Zeilen über das Goyo-Ballett, dann die Inhaltsangabe der einzelnen Tänze. Im Programmheft: ein Artikel „Offenbach und Wien“ sowie 5 Szenenbilder aus der „Schönen Helena“. Aus. — Leider sahen so die Volksopernhefte häufig aus. Wir haben das o oft kritisiert, daß wir diese Post vorläufig abbuchen. A fonds perdu.

VjACH dem letzten Rot-Weiß-Rot-Konzert am vergangenen Samstag wurde mitgeteilt, daß dies das letzte Konzert dieser Art gewesen ist, und Sprecher und Leiterin verabschiedeten sich von ihren Hörern. Dann aber kam noch etwas: die letzteren wurden aufgefordert, an den Sender zu schreiben, wie ihnen diese Konzerte gefallen haben.Cui bono? fragt sich der unbefangene Hörer, wenn doch der ganze Sender seine Tätigkeit einstellt? Und zweitens scheint die Frage falsch gestellt. In diesen Konzerten spielten unsere beiden größten und besten Orchester, geleitet von teuren Dirigenten, die von den Amerikanern bezahlt wurden. Die Konzerte also haben uns gut gefallen. Aber die Kommentare vor den einzelnen Stücken nicht im geringsten. Und das war doch die eigentliche Leistung der „Leiter dieser Senderreihe“.

T*vIE vielen kleinen Ideen, die am Rande der Festwochen entstehen, sind es, die zusammengenommen vielleicht noch mehr das Gesicht dieser Wochen bestimmen als die eine oder andere Paradeveranstaltung. Da ist eine Diskussion über die Poesie im Werke Paul Klees zu nennen, bei der Frau Dr. Carola Giedion-Welcker, die bekannte Zürcher Kunsthistorikerin, sprach und die der Initiative des umsichtigen und gescheiten Doktor Werner Hofmann zu danken ist; da ist eine Ausstellung von Zeichnungen Kubins und Fronius' in der Berufsschule in der Mollardgasse, eingerichtet in einem eigenen Saal zwischen Klassenzimmern und Lehrwerkstätten, die an die 13.000 jungen Berufsschülern eine erste Begegnung mit Graphik der Gegenwart ermöglichte, ein dankenswertes und beispielhaftes Unternehmen; da war ein Vortrag von Mr. Philip Hope-Wallace, dem Theaterkritiker des „Manchester Guardian“, über das Shakespeare-Memorial-Theatre aus Stratford-upon-Avon im Rahmen des Forums des Burgtheaters; da war die Initiative des Gewerkschaftsbundes, der einige Teilnehmer des PEN-Kongresses, Ignazio Silone, Elmer Rice und Robert Neumann unter ihnen, zu Vorträgen einlud über aktuelle Themen, die dem Erfahrungsbereich dieser Autoren entstammten; und da ist vor allem die Möglichkeit, zwischen der einen oder anderen interessanten Veranstaltung zu wählen, die Qual der Auswahl zu haben; diese vielen Möglichkeiten sind es* die das Gesicht der Festwochen beleben.

'“7U den erfreulichen Erscheinungen der verflosse-nen Festwochen zählten auch jene Veranstaltungen, die in den einzelnen Bezirken, meist von den Heimatmuseen, organisiert wurden. Die Menschen da draußen — etwa in Meidling — wußten es zu schätzen, daß ein Burgtheaterdirektor, der eben seine Rede vor dem exklusiven Forum des PEN-Klubs hielt, bevor er zu einer festlichen gesellschaftlichen Veranstaltung des Kongresses ging, von seiner Jugend und den Beziehungen zu eben jenem Bezirke erzählte und dann aus seinen Büchern vorlas. Hier wäre ein Ansatzpunkt, dem entgegenzuwirken, was man das Nebeneinander (oder Ueber-Einander) von Kulturschaffenden und Empfängern genannt — und beklagt hat. Die soziologisch so differenzierten Wiener Bezirke sind (über Festwochen und PEN-Zentren hinweg) empfängliche und dankbare Mittelpunkte.

“WT IRKLICH, es war eine gute Idee, die da dem kleinen Theater am Naschmarkt, „Kaleidoskop“, gekommen ist: in den Wiener Festwochen nach Carnuntum, der römischen Legionsstadt, zu gehen und im dortigen Amphitheater ein Stück des Plautus, den „miles gloriosus“ — zu deutsch: „Hauptmann Großmaul“ — zu spielen. Nichts also gegen diese Idee; auch nichts gegen dieses harmlose Versteckspiel antiker Sinnenfreude. Wenn es aber mit der aufdringlichen Fröhlichkeit einer Dilettantenaufführung dargeboten wird, wie dies geschehen ist, verliert die Idee ihre Notwendigkeit und wir die Freude an ihr. Unter freiem Himmel mag das noch angehen; auch vor 1800 Jahren mag hier — eine Art Frontbetreuungsbühne zur Zeit Marc Aurels wird's wohl gewesen sein — auch nicht besser Theater gespielt worden sein; ein paar derbe Spaße werden genügt haben, den römischen Besatzungssoldatcn zum Lachen zu bringen. Völlig deplaciert aber muß eine Aufführung des „Hauptmann Großmaul“ im Keller des Cafe Dobner wirken; noch dazu, wenn man ihn auch dort in der Lautstärke einer Freilichtinszenierung losdonnern läßt. Schade darum. Es wäre eine gute Idee gewesen ...

RANZ ALT, dem vergessenen Bruder Rudolf von Alts und Sohn Jakob Alts, ist eine Gedächtnisausstellung in Schloß Stiebar bei Gresten gewidmet, die Dr. Rupert Feuchtmüller im Auftrag des Niederösterreichischen Landesmuseums zusammengestellt hat. Hier, im Kleinen-Erlauf-Tal, wo der Künstler durch viele Jahre tätig war und seine zarten Aquarelle entstanden, ist diese Ausstellung auf dem rechten Platz. Möge diese Linie, die zugleich eine Aufschließung sehenswerter Schlösser unserer Heimat bedeutet, fortgesetzt werden!

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