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IM STREIFLICHT

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MUSIKERZIEHUNG als gegenständliches Erleben werden, wie im vergangenen Jahre, auch im Schuljahre 195 5/56 die Konzerte für die Wiener Schuljugend bieten. Jeder der 93.000 Schüler zweiter, dritter und vierter Haupt- und Mittelschulklassen kommt in ein Konzert der Wiener Symphoniker; außer der sogenannten „Pflichtreihe“ ist ein Abonnement aufgelegt worden, das sechs Konzerte umfaßt. Für die 55 regulären und Abonnementskonzerte bewilligte die Wiener Landesregierung 663.000 S. Das erste Konzert für die zweiten Klassen fand vor kurzem im Großen Konzerthaussaale statt. Man hätte manchem „prominenten“ Abend jenes Maß von ehrlicher Begeisterung gewünscht, das diesmal zu sehen und zu hören war. (Das Kammerorchester der Wiener Symphoniker unter Karl Hudetz spielte; es tanzte der Kinder-Tanzkreis des Konservatoriums der Stadt Wien.) Wertvoll und methodisch richtig ist es, den Jugendlichen von einem ihres Alters (diesmal ein Mädchen) ansagen zu lassen — die Kinder haben so das Bewußtsein, ganz „unter sich“ zu sein. Musikalisch erziehlich ist zu schätzen, daß die einzelnen Orchesterinstrumente im Ton vorgestellt werden: das Ohr, von dem verwischten Lautsprecherton richtigem musikalischem Hören entwöhnt, gewinnt Gefallen an den instrumentalen Schönheiten, auf welche das Programm hinweist. Mancher der Jugendlichen wird schließlich Lust bekommen, andere Konzerte zu besuchen und nicht bloß den Knopf am Rundfunkempfänger zu drehen und mit einem Kofferapparat durch Wald und Feld zu laufen — sondern selbst ein Instrument zu erlernen.

VIEL wurde seinerzeit über die Fertighäuser-Mustersiedlung in Lainz geschrieben und gesprochen. Das österreichische Produktivitätszentrum hatte hier, von den Architekten Doktor Roland Rainer und Ing. Carl Auböck beraten und unterstützt, 15 verschiedene Fertiphaustypen von verschiedenen Firmen bauen und kalkulieren lassen und diese Mustersiedlung allgemein zugänglich gemacht. Allein das Projekt, von den beiden großen Parteien — mit deren Wohnbauplänen es nicht recht harmonierte — nicht unterstützt, mußte scheitern. Die Preise waren so hoch kalkuliert, daß die mittlere Käuferschicht, an die sich das Projekt wandte, sich niemals ein solches Haus hätte leisten können, trotz der gewährten ERP-Kredite. Nun erhalten alle, die die Ausstellung besuchten und sich als eventuelle Interessenten vormerken ließen, eine seltsame Zuschrift. In ihr heißt es, daß die Fertighäuser der Mustersiedlung nun, nach Beendigung der Ausstellung, infolge der Abnützung und Beschädigungen (sie waren in letzter Zeit recht bemerkbar) billiger abgegeben würden. So weit, so gut. Mit Erstaunen aber stellt man fest, wenn man die neuen Preise mit den seinerzeitigen vergleicht, daß von Verbilligung keine Rede sein kann. So ist etwa eine Haustype von 180.000 auf 235.000 S „verbilligt“ worden ... Warum diese seltsame Aussendung? Damit man dann vielleicht die bestehenden Häuser, mangels an Interessenten, unter der Hand doch noch billiger abgeben kann?

DIE Neue Galerie der Stadt Linz — heute wahr- scheinlich die bestgeführte und rührigste Galerie in Oesterreich — erfüllt nicht nur ihre musealen und informativen Aufgaben aufs beste, sondern widmet sich auch volksbildenden Aufgaben. So hat sie aus den wichtigsten im Kunsthandel erhältlichen Reproduktionen zwei Lehrausstellungen zusammengestellt und mit übersichtlichen Katalogen versehen. Die eine umfaßt mit 158 Farbdrucken das 19. Jahrhundert und vom 20. die Zeit bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges. Nachdem sie lange Zeit in Linz gezeigt wurde, steht sie derzeit in drei versandfertigen Kisten verpackt im Keller der Galerie; die andere, die eine Stilkunde vom Impressionismus zum Surrealismus geben will, wird im Augenblick fallweise, wenn der Platz es erlaubt, gezeigt. Später soll auch sie versandfertig gemacht werden — damit sie wie die erste in alle kleineren Städte der Länder wandern kann, um in Volkshochschulen oder in Museen dem Publikum zugänglich gemacht zu werden. Für eine Leihdauer von vier Wochen verlangt die Neue Galerie eine Gebühr von ein paar hundert Schilling; können diese nicht aufgebracht werden, läßt sie mit sich reden und begnügt sich auch mit dem Ersatz der Frachtspesen.

IN Holland ist das möglich: Einige Museen — allen voran das Stedelijk-Museum in Amsterdam — haben sich zusammengetan und geben gemeinsam eine vierzehntägig erscheinende Museumsrundschau heraus; nicht irgendein hekto-graphiertes Mitteilungsblatt, sondern eine schön gestaltete Zeitschrift mit vielen Reproduktionen. In Holland ist das möglich — warum nicht auch in Oesterreich?

ALS unlängst der berühmte finnische Architekt Prof. Alvar Aalto in Wien weilte, legte ihm einer seiner hiesigen Fachkollegen die Frage vor, wie ihm eigentlich — vom städtebaulichen Standpunkt betrachtet — das Wiener Stadtbild gefalle. Nun, gar nicht so übel, meinte Aalto. In manchem scheine Wien schon recht weit zu sein; die Mode, Hochhäuser zu bauen beispielsweise, scheine es ohne Verschandelung seines Stadtbildes überstanden zu haben . . Groß war sein Erstaunen allerdings, als man ihm eingestehen mußte, daß Wien die Hochhausmode noch keineswegs überwunden hat — im Gegenteil, Wien beginnt jetzt erst, wo die anderen Großstädte damit aufhören, Hochhäuser zu bauen ...

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