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Die Internationale des Impressionismus.

Paris im Jahr 1874: Eine Gruppe befreundeter Künst-ler, darunter Renoir, Sisley, Degas, Morisot und Pissarro, organisiert auf Vorschlag Claude Monets eine unabhängige, selbstfinanzierte Ausstellung jenseits des offiziellen Pariser Salons und der Akademie. Die Schau versteht sich als erstes selbstbewusstes Lebenszeichen einer Bewegung, die eine vollkommen neue, primär optisch orientierte Beziehung der Malerei zum Gegenstand entwickelt. Im Vordergrund steht keine langwierige, thematisch ausgerichtete Historienmalerei, sondern der unmittelbare Seheindruck, der rasch und direkt auf die Leinwand übertragen wird. Die ungewohnten Bilder der "Impressionisten", wie die Maler bald aufgrund eines Monetbildes mit dem Titel "Impression - aufgehende Sonne" genannt werden, erregen den Ärger der Kritiker. Die Skizzenhaftigkeit, die einzelnen, locker hingeworfenen Pinselstriche, die "banalen" Themen und die subjektive Sichtweise der Künstler rufen zunächst Spott und Hohn hervor. Zugleich sind Künstler aus unterschiedlichen Ländern bald von dem innovativen Charakter dieser Kunstrichtung fasziniert. Sie reisen nach Paris, lernen die Arbeitsweise der bewunderten Malerstars Monet, Degas und Renoir kennen und entwickeln in ihren Ländern eine spezielle Ausprägung dieser Bewegung. Zur Zeit der ersten Impressionismus-Ausstellung hielten sich etwa die Amerikanerin Mary Cassatt und der Russe Ilja Repin in Paris auf. Bei der vierten Impressionismus-Schau im Jahr 1879 wird Cassatt dann selbst als Mitglied der Künstlergruppe vertreten sein - mit "Dame in einer Loge, mit einer Perlenhalskette", einem Bild, das heute als erstes "wirklich" impressionistisches Bild einer amerikanischen Künstlerin gefeiert wird.

Dem Impressionismus als internationalem Phänomen - gezeigt an Beispielen aus den entlegensten Polen Amerika und Russland - ist derzeit eine große Ausstellung im Kunstforum der Bank Austria gewidmet. Rund um eine Handvoll französischer Werke von Sisley, Monet und Pissarro - quasi als "echt" impressionistischer Bezugsrahmen - findet man beim Rundgang durch die ansprechend gehängte Schau Bilder aus Amerika und Russland, die mehr oder weniger impressionistisch inspiriert sind. Wie schwierig und beliebig die oft nachträgliche kunsthistorische Zuordnung eines Künstlers oder Bildes zu einem "Ismus" ist, beweist die Tatsache, dass Abram Archipows "Wäscherinnen" jetzt unter dem Label "Russischer Impressionismus" läuft, heuer im Frühjahr aber als Meisterwerk des "Russischen Realismus" in Krems zu sehen war. Ungeachtet dieser möglichen Unschärfe bei Zuordnungen zum Impressionismus, ist allein die Gegenüberstellung etwa zeitgleicher Werke aus so unterschiedlichen Kulturkreisen und die Kooperation der Kuratoren aus Wien, New York und Sankt Petersburg ein erfreuliches Ereignis. Mehr noch: In der Ausstellung finden sich einige hervorragende, meist in Österreich noch nie gezeigte Bilder - zum Teil sind es Werke aus dem Staatlichen Russischen Museum St. Petersburg, die im Jahr 2000 erstmals einem breiten russischen Publikum vorgestellt wurden.

Die Gegenüberstellung verleitet zu Vergleichen. Jedoch sind die Bilder innerhalb des russischen oder amerikanischen Impressionismus allzu unterschiedlich, als dass man von typisch amerikanischen oder typisch russischen Merkmalen sprechen könnte. Einige wenige verallgemeinernde Aussagen lassen sich dennoch treffen. Leichter, lebensfroher und stärker auf die sichtbare Oberfläche und die Dingwelt ausgerichtet, wirken die Bilder aus Amerika, die russischen Werke hingegen scheinen trotz optimistisch impressionistischer Grundhaltung melancholischer und mehr auf den Menschen und seine Gefühlswelt orientiert.

Zu den Highlights der Schau gehören auf amerikanischer Seite die nahezu abstrakt anmutenden und ungemein locker gemalten Bilder John Henry Twachtmans wie das kontrastreiche "Kinderporträt" des Künstler-Sohnes. Twachtmans blaues Landschaftsgemälde "Der Ausläufer des Emerald Pool, Yellowstone" hätte man auf der kürzlich zu Ende gegangenen Kunstmesse im Wiener MAK beinahe als "Gegenwartsmalerei" verkaufen können - man denke etwa an die Bergbilder des Österreichers Herbert Brandl.

Childe Hassams "Union Jack, New York, Aprilmorgen" fasziniert aus ganz anderem Grund - sieht man an diesem Bild mit dem Augenmerk auf die Flaggen und die leuchtende Farbigkeit bereits Elemente der Pop-Art und der Bilder Jasper Johns vorweggenommen.

Qualitätsvolles auch bei den Russen: Hier bleibt Valentin Alexandrowitsch Serows in Blau- und Ockertönen gehaltenes, sensibles "Kinder"-Bild in Erinnerung, das großzügig gemalt das Verhältnis von Mensch und Umgebung thematisiert. Auch Abram Archipows "Besuch", das vier bunt gekleidete Frauen in Feierlaune an einem Tisch darstellt, hinterlässt mit seinen grell leuchtenden Farben und dem schwungvollen Pinselduktus nachhaltigen Eindruck.

Impressionismus: Amerika / Frankreich / Russland

Bis 23. Februar 2003, Kunstforum Bank Austria, täglich 10-19, Freitag 10-21 Uhr

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