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In den Ausstellungen: Frühjahrsmüdigkeit

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Die riesigen Räume des Künstlerhauses sind für die Werke von Michelangelos (oder Pilo-tys) berechnet; die kleinen Formate der Heutigen wirken auf diesen überdimensionierten weißen Flächen wie verloren und vergessen, mögen ihrer auch noch so viele hinter- und nebeneinanderhängen. Nun, die „Gesellschaft der bildenden Künstler“ versucht diesmal, des Dilemmas Herr zu werden, indem sie ihre Frühjahrsausstellung durch Kollektivexpositionen gliedert und solcherart wenigstens jedem Saal ein anderes Aussehen verleiht. Aber auch dieser Versuch — an sich richtig und nützlich — ging fehl und erzielte überdies noch einen unerwarteten und darum um so fataleren Erfolg: die Aussteller nämlich ließen sich von den zu langen und zu hohen Wänden nur dazu verleiten, mehr Bilder auszustellen, als ihrer künstlerischen Reputation gut tut. Denn es ist nun einmal so, daß die Schwächen einer Kollektion um so deutlicher werden, je größer sie ist; und so läßt sich denn nicht übersehen, daß etwa die Malerei des als Gebrauchsgraphiker hoch zu schätzenden Günther Baszel recht trocken ist oder die Landschaften Fritz Zerritschs nicht nur konservativ-nobel, sondern auch wenig einfallsreich sind, daß Georg Pevetz neben einigen prächtigen graphischen Stilleben allzu viele Beispiele eines verkrampften Expressionismus zeigt und Max Neuböcks Bilder neben starken dekorativen Elementen auch viel Konventionelles enthalten. Nur Karl Gnnsams Arbeiten bestehen dank einer ausgeprägten Farbigkeit. — S c h ö n t h a I s Zeichnungen überragen seine Oel-bilder beträchtlich, und der begabte Johannes Wanke enttäuscht diesmal mit unklaren Holz- j schnitten voll theatralischer Effekte, gegen die der hemmungslose Naturalismus Adalbert Puchs ein Muster an Ehrlichkeit ist.

Unverständlich sind gewisse gemalte Dinge im ersten Stock — auf Defreggereien zum Beispiel könnte auch das Künstlerhaus endlich verzichten. Unbegreiflich ist ferner, daß die „Gesellschaft der bildenden Künstler“ nicht den Anteil der Landschaftsbilder, -aquarelle und -Zeichnungen radikal heruntergedrückt hat: 272 Landschaften unter etwa 600 Katalognummern — das muß selbst der besten Ausstellung Schaden und Langeweile bringen. Und ebenfalls unverständlich ist drittens, daß man die Plastiken Hans K n e s 1 s und die Brunnenfigur Franz Barwigs — in Wahrheit die besten Stücke der Exposition — denkbar schlecht aufgestellt hat.

Im ganzen: Frühjahrsmüdigkeit im Künstlerhaus.

Der reorganisierte „O esterreichische W e r k b u n d“ hat in der Akademie der bildenden Künste eine Ausstellung „Die gute Form für alle“ aufgebaut und zeigt in ihr eine Anzahl gutgeformter Haushalts- und Gebrauchsgegenstände. Das Unternehmen war lobenswert, die Ausstellung ist es weniger. Denn daß Carl Auboeck ein ausgezeichneter Handwerker ist und es — noch immer oder schon wieder — in Wien einige Firmen gibt, die werk- und formgerechtes Gebrauchsgut herstellen, das ist uns schon seit längerem bekannt und hätte nach einer Reihe ähnlicher Ausstellungen auch keines Beweises mehr bedurft. Daran ändern auch die offenbar mehr zufällig hinzugekommenen Beispiele amerikanischer Provenienz nichts — mit Ausnahme einer Kollektion von Tapetenentwürfen, unter denen man, erstaunt, aber erfreut, auf Entwürfe von der Hand des bekannten Humoristen Saul Steinberg stößt. Was man aber in einer so nachdrücklich angekündigten Werkbund-Exposition gerne gesehen hätte, wären neueste Modelle, Entwürfe, Einfälle, Beweise für ein erweitertes Tätigkeitsfeld gewesen — aber immerhin: wir haben uns auch ein anderes Mal mit Vergnügen angesehen, was wir schon in den Schaufenstern der Kärntner Straße und des amerikanischen Informationszentrums gesehen haben...

Theobald S c h m ö g n e r ist ein junger Zeichner, der, wenn wir uns recht erinnern, aus der Boeckl-Schule herkommt, jetzt aber allmählich eigene Wege einzuschlagen scheint. Er folgt mit seinen Zeichnungen (zu sehen im „Strohkoffer“ im Kärntner-Straßen-Durchgang) jenem halb spielfrischen, niemals gan ungegenständlichen Formalismus, dem seit einiger Zeit sei viele intelligente Köpfe der europäischen Zeichner nachhängen. Nun, Schmögner hat Sinn für Ironie, ausgeprägtes Formgefühl und thematische Einfälle. Seine Technik — eine Art Monotypie — ist nicht recht überzeugend, weil sie ein bißchen billig wirkt. Aber das schmälert die Hoffnung, daß die Wiener Graphik-Elite hier über kurz oder lang eine beachtliche Verstärkung erhalten wird, gewiß nicht.

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