In der Wucht des Jubiläums zählt das Besondere

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150 Jahre war es am 14. Juli her, dass Gustav Klimt geboren wurde. Zur Halbzeit des Jubiläumsjahres wurden weitere Ausstellungen eröffnet und ein Buch bei Styria Premium herausgebracht.

Eigentlich hat er im Herbst 2011 begonnen, der umfangreiche Klimt-Ausstellungsreigen in Wien, mit einer Schau im Unteren Belvedere, die Klimts Zusammenarbeit mit Josef Hofmann zelebrierte und der zahlreiche Expositionen folgten. Damals waren es nicht die berühmten Gemälde, die im Mittelpunkt standen. Nun sind sie es doch: Wieder im Belvedere wurde kurz vor dem Geburtstag des Jubilars eine Schau eröffnet, die bis 6. Jänner 2013 die 24 Gemälde aus dem Bestand der Sammlung ins Rampenlicht stellt und, ohne größere Zusammenhänge herstellen zu wollen, einfach als Arbeiten wirken lässt - darunter Ikonen wie "Bildnis Sonja Knips“, "Fritza Riedler“ und "Sonnenblume“. Ein "neuartiges, kontinuierliches Rezeptionserlebnis“, das auch neue Publikumsschichten begeistern soll, erwartet man sich von der Möglichkeit, via Leih-iPad Klimts Wohn- und Schaffensorte mit den Werken zu verknüpfen, so Direktorin Agnes Husslein.

Generell ist in der Fülle der Klimt-Ausstellungen zu bemerken, dass sich die Museen weniger um Blockbuster-Schauen bemühen, sondern um präzise Fragestellungen und Eingrenzungen, die zum Bestand des eigenen Hauses passen.

Fakultätsbilder galten als zu obszön

Seit Anfang Juli hat sich das Künstlerhaus am Karlsplatz in den Klimt-Ausstellungsreigen eingefunden. Hier geht man bis 2. September in "Ohne Klimt“ auf die Beziehung des Künstlers mit der Künstlerhausgenossenschaft ein, eine wechselhafte, die kurz vor der Jahrhundertwende im Austritt der Secessionisten aus der von ihnen als zu traditionell betrachteten Branchengemeinschaft gipfelte. Um einen Skandal dreht sich die noch bis 29. Oktober gezeigte Schau "Gegen Klimt“ im Theatermuseum. Hermann Bahr hatte die Auseinandersetzungen um die Fakultätsbilder, die Klimt für die Universität in Auftrag bekam, die jedoch als zu obszön eingestuft wurden, in seiner Schrift "Gegen Klimt“ reflektiert. Mit Bahrs Nachlass kam das Gemälde "Nuda veritas“ in den Bestand des Theatermuseums, das ebenfalls in der Sonderausstellung zu sehen ist.

Im Schwesternhaus Kunsthistorisches Museum wurde die Präsenz jener "Brücke“ bis Anfang 2013 verlängert, die es ermöglicht, Interkolumnien- und Zwickelbilder, die Klimt für das Stiegenhaus schuf und die ansonsten oft unbeachtet bleiben, genau unter die Lupe zu nehmen.

Zum Geburtstag geschenkt wurde Gustav Klimt auch ein eigenes Dokumentationszentrum am Attersee, wo auf seine Beziehung zur Gegend, in der er zwischen 1900 und 1916 regelmäßig urlaubte und arbeitete, eingegangen wird. Neben Zeichnungen, Autografen, Fotografien und einem Film, der von Werken auf ihre Originalschauplätze überblendet, ist das Gemälde "Am Attersee“ als Leihgabe des Leopold Museums, auf dessen Initiative hin das Gustav Klimt-Zentrum gegründet wurde, zu sehen. Außerdem zeigt man Kopien der Entwürfe zum Stoclet-Fries, an denen er erwiesenermaßen während eines Attersee-Aufenthalts arbeitete.

Die weltweit größte Klimt-Sammlung ist im Besitz des Wien Museums. Dort hat man sich ebenfalls entschieden, keine weitere Themenschau zusammenzustellen, sondern die Sammlung in ihrer Gesamtheit zu zeigen (bis 16. 9.). Neben einem gemalten Porträt der Klimt-Freundin Emilie Flöge und der Pallas Athene sowie jenem Gemälde des alten k. k. Hofburgtheaters, das Klimt erstmals breite öffentliche Anerkennung brachte, sind dies mehr als 400 Zeichnungen. Somit werden Arbeiten aus allen Schaffens-perioden präsentiert, von Aktzeichnungen und Kinderstudien aus seiner Studienzeit über Skizzen zu den Fakultätsbildern und zum "Kuss“ bis zu Arbeiten für die Secession. Darüber hinaus zeigt man Plakate von Klimt-Ausstellungen der vergangenen Jahrzehnte. Auch die Klimt-Manie der Souvenirhersteller wird behandelt: Die geschmacklosesten Verwendungen von Klimts Œuvre wurden ausgewählt, "worst of the worst“ genannt wurde ein Ei mit Liebenden wie im "Kuss“, die sich zur Melodie von "Can’t Help Falling in Love“ drehen.

Neue Blickwinkel in der Klimt-Literatur

Um neue Sichtweisen und wenig bekannte Fakten geht es Michaela Schlögl in ihrem soeben erschienen Buch "Klimt - Mit allen fünf Sinnen“. Das Kapitel "Erschaut“ hinterfragt - noch naheliegend - wie Zeitgenossen Klimts Werke sahen, "Erhört“ aber befasst sich mit Klimts Vorliebe für Opernmusik und lässt erfahren, dass Gustav Mahler ihm oft einen Logenplatz zur Verfügung stellte, von dem aus er nicht zu sehen war. "Berührt“ entführt in die Welt der Modelle und fragt, welche er wohl mit mehr als dem betrachtenden Blick streifte. "Gerochen und verkostet“ stellt Klimt als leidenschaftlichen Frühstücker und Schlagobers-Freund vor, erzählt von Kaffeehausdebatten ebenso wie von Schweindlfesten. Die zweite Hälfte des unkonventionell gestalteten und daher neue Betrachtungsweisen ermöglichenden Buches widmet die Autorin einem literarischen Galerie-Streifzug mit Texten von Peter Altenberg, Hermann Bahr, Arthur Schnitzler, Thomas Mann und vielen mehr.

Klimt - Mit allen fünf Sinnen

Von Michaela Schlögl, Styria Premium, 2012.

160 Seiten, Hardcover, Euro 19,99

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