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In neuen Dimensionen

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Eine ausgezeichnete und nachahmenswerte Idee zur Kunst- und Kuilturförderung hat die Erste österreichische Spar-Casse gehabt. Sie schuf in ihrer neuerrichteten Zweigstelle in der Simmeringer Hauptstraße 81—85 die Institution „Dimensionen“ und damit auch einen Ausstellungsraum, zu dessen Premiere österreichische Gegenwartskunst — Bildwerke in Metall gezeigt wird. Die 66 Objekte stammen alle aus Förderungsankäufen des Bundesministeriums für Unterricht und geben einen erstaunlich reichhaltigen und repräsentativen Querschnitt durch die österreichische Plastik von 1945 bis zur Kürzung des Unterrichtsbudgets. Seine Spannweite reicht von der repräsentativen Bildnisplastik bis zur Collage aus Industrieformen, und die weise Beschränkung auf Metallbildwerke, mögen sie nun gegossen oder direkt aus dem Material entstanden sein, hat ihr irgendwie gut getan. Natürlich demonstriert sie wieder, welch bedeutende Rolle Fritz V/otruba in der Nachkriegszeit in Österreich als Anreger, Pionier oder Herausforderung in der Plastik gespielt hat. Obzwar er in dieser Ausstellung nur mit einer kleinen Figur vertreten ist, spürt man die unsichtbaren Fäden, die sich zu den Arbeiten seiner Zeitgenossen und selbstverständlich zu seinen Schülern spannen. Man fühlt förmlich die Reflexe und das Echo, das er hervorrief, oder die provozierte und provokante Antwort. Sinngemäß und sinnvoll steht daher seine Arbeit mehr oder weniger im Mittelpunkt der Ausstellung, die von Plastiken einer traditionelleren wenn auch nicht klassischeren Formensprache eingeleitet wird.

Aus dem glücklich placierten Ensemble ragen in erster Linie die Arbeiten von Avramidis („Figur“), Wander Bertoni („Rose“), Rudolf Kedl („Wasserpflanze“), Hans Knesl ( Schreitende“), Heinz Leinfellner („Jutta“), Josef Pillhofer („Kopf“), Walter Salzmann („Sitzende“), Josef Schagerl („Die neue Sonne“) und die Medaillen von Ferdinand Welz und Martha Coufal-Hartl hervor. Daneben erwähnenswert sind noch Otto Eders „Stehendes Mädchen“, die Arbeiten des schon verstorbenen Georg Ehrlich und jene von Roland Goeschl, Fritz Hartlauer, Gerhardt Moswltzer, Karl PrantI, Eva Mazucco und Helmut Zobl. Eine äußerst sehenswerte Ausstellung, die mit dem 71er, dessen Haltestelle direkt vor dem Haus liegt, leicht zu erreichen ist. Man kann diesem neuen Kunst- und Kulturzentrum Simmerings nur viel Erfolg wünschen.

Bei den Aquarellen von Carlos Riefet in der Galerie Peithner-Lichtenfels könnte man meinen, daß die Zeit stehengeblieben sei, so unmittelbar schließt der Maler an die Blumenmalerei der Biedermeierzeit — die sich ihrerseits wieder an jener der alten Niederländer des 17. und 18. Jahrhunderts inspirierte — an. Auch bei Riefel fehlen nicht die Tautropfen und die krabbelnden Insekten, alles ist mit großer Genauigkeit, technischem Geschick und mit Sinn für dekorative Flächenfüllung gezeichnet und ausgemalt. Trotzdem — oder gerade deshalb, denn ein Dürer ist Riefel nicht — fehlen Schmelz und Hauch, das Leben wirklicher Pflanzen und Blüten: Blumen und Früchte wirken wie aus ein und denselbem Stoff verfertigt. Diese Neo-Biedermeier-Blätter eigenen sich vorzüglich für die Dekoration von mit neuen „alten“ Stilmöbeln aus Rumänien eingerichteten Räumen.

Eine Überraschung bedeutet die Ausstellung des bereits 70jährigen Franz Reiter, der zum erstenmal in seinem Leben eine größere Anzahl seiner Arbeiten in einer Einzelausstellung in der „Galerie Autodidakt“ zeigt. Seine Aquarelle und Graphiken sind von einem erstaunlich kraftvollen und doch irgendwie Maß haltenden Expressionismus, der an der Grenze zur Ungegenständlich-keit steht. Erstere zeichnet atmosphärische Intensität, eine lichtdurchflutete Farbigkeit — die gelegentlich etwas zu süß werden kann — und vehemente Frische aus. Letztere geben den Eindruck, daß die konzentrierte Anschauung der Natur manchmal tatsächlich in ein vollkommenes graphisches Gleichnis eingegangen ist. Reiter zeigt sich in diesen Arbeiten als ein Künstler, um dessen Vitalität und Bedeutung ihn die meisten Jungen beneiden müßten.

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