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Intellektualismus und Kunst

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Für den Spätfrühling ist die Eröffnung der „Ersten Großen österreichischen Kunstausstellung geplant, die nach mehrjähriger Pause wieder einen Überblick über das künstlerisdie und kunstgewerbliche Sdiaffen Österreichs geben soll. Die Ausstellungsleitung will vielfach neue Wege beschreiten, um von der überholten Schablone früherer Zeiten wegzukommen. Es ist ja eines der wichtigsten Probleme des kulturellen Lebens unserer Zeit, Möglichkeiten zu finden, um die Kunst aus der Isoliertheit wieder herauszuführen, in die sie überspitzter Intellektualismus gebracht hat, und sie in das kulturelle Leben des Gesamtvolkes einzugliedern, mit dem sie den Zusammenhang fast völlig verloren hat.

Um die Werbung für diese Ausstellung geschmackvoll und wirksam zu gestalten, wurde ein Plakatwettbewerb ausgeschrieben, dessen Ergebnis derzeit im Künstlerhaus zu sehen ist. Er ergab kein brauchbares Plakat, so daß erst aus einem zweiten Wettbewerb eine geeignete Arbeit hervorgehen soll. Der erste ist trotz mancher Einzelleistungen durch die Tatsadie gekennzeichnet, daß man eine typische österreichische Note vermißt, den packenden Einfall, der mit Geschmack und Liebenswürdigkeit gestaltet ist.

Wenn soeben von dem Überwuchern des Intellekts in der bildenden Kunst Österreichs die Rede war, so liefert dafür die interessante Ausstellung des „A r t - K I u b s“ in der „Neuen Galerie“ (I., Grünangergasse 1) einen spredienden Beweis. Es handelt sich dabei um die Vorschau über jene Arbeiten der Klubmitglieder, die in einer Ausstellung in Rom gezeigt werden sollen. Wie sdion in diesen Blättern ausgeführt wurde, legt sich der „Art-Klub“ nicht auf eine bestimmte Kunstriditung fest, sondern will vor allem jene Künstler auf internationaler Grundlage vereinigen, die als Avantgardisten einer Kunstrichtung diese bis zu.den Grenzen ihrer Möglichkeit ausschöpfen wollen.

Bei aller Anerkennung des künstlerisdien Könnens, die diese Graphiken und Aquarelle auszeichnet, drängt sidi doch die Frage a*#v'4b-'ch ein. giol\er Teil dieser Künstler nicht auf einem Wege befindet, der die Kluft, die zwischen Volk und Kunst bereits besteht, nicht noch weiter aufreißt. Worin besteht denn die Funktion der Kunst im kulturellen Leben der Menschen? Daß sie alle die gewaltigen Ersdiütterungen, von denen die Mensdiheit heimgesucht wird, die Leiden und Freuden, den Wandel der Geister widerspiegelt, mit einem Worte all das gestaltet, was die Völker bewegt, andererseits aber nidit nur Dolmetsch dieser Gefühle ist und gleichzeitig Interpretin der Sehnsucht der Menschen nadi Erlösung aus dem Chaos, Führerin und Wegbahnerin in eine neuere und schönere Zukunft wird. Je mehr die Kunst aber Selbstzweck wird, je mehr sie sich vom Empfinden des Volkes entfernt, je mehr sie der Tummelplatz intellektueller Spitzfindigkeiten ist, desto stärker unterhöhlt sie die Grundlagen, auf denen sie allein wirklich zur Lebensnotwendigkeit wird.

F r o n i u s als Gestalter menschlichen Leides und menschlicher Sehnsucht nach Erlösung gibt hier Wertvolles, auch K u b i n s Graphik vermag in ihrer tiefen Erkenntnis des Menschlidien zu packen, Paris Gütersloh, dessen Phantastik mit ihrem bezwingenden . Charme wie ein Stück besten Österreidiertu'ns anmutet, U n g e r s Don-Quichotte-Zyklus, sie gehören wirklich zu der Kunst, die bei aller modernen Einstellung doch Starkes, Richtunggebendes bringt. Auch die famosen Aktzeichnungen Koligs, die brillanten Kompositionen des Grazers Szyszkowitz und die italienischen Landschaftszeichnungen Becks sowie Graphiken Kreutzbergers und Neu-wirths vermitteln den Eindruck starker, eigenwilliger Persönlichkeiten, die bestes technisches Können mit künstlerisdier Gestaltungskraft verbinden.

Ein Großteil der Aussteller gehört der surrealistischen Riditung an,# wie etwa Fuchs, Hausner, Jene„ Hutten. Wickenburg, Januschka und L i f k a. Alle Achtung vor ihrem tedini-sdien Können, das sich in mandien graphi-sdien Einzelheiten verrät. Aber man fühlt sich vor ihren Blättern in ein Inferno grotesker Angstträume versetzt, aus dem kein Strahl eines erlösenden Gefühls bridit. Etwas Morbides haftet dieser Art künstlerischer Gestaltung an, wobei man sich oft des Gedankens nicht erwehren kann, daß sich der Künstler über sich selbst und über sein Publikum lustig macht.

Die große Aufgabe, die unserer Zeit gestellt ist, besteht vor allem darin, die Kunst wieder zu einem bestimmenden Faktor unseres Kulturlebens zu machen. Da ist nichts damit getan, wenn nur ein kleiner Kreis Interessierter die Ausstellungen besucht, breite Volksschichten ihnen aber ferne bleiben. Man muß mit der Kunst zum Volke gehen. Hier gibt es so mandien gangbaren Weg. Einen von ihnen hat Pfarrer B 1 i e w e i s in Matzleinsdorf eingeschlagen, der in einem Räume des Pfarrhofes (V„ Wiedner Hauptstraße 105) wieder eine Kunstausstellung für seine Pfarrgemeinde und alle Kunstfreunde veranstaltet. Diesmal gilt sie dem Schaffen der Malerin Elisabeth B u z e k, die sich als Porträtistin und Illustratorin bereits einen Namen geschaffen hat. Wir werden über diese sehenswerte Ausstellung noch berichten.

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