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Intellektuell und kulinarisch

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Derzeit wird im Jüdischen Museum der Stadt Wien eine umfassende Retrospektive des Jugendstil-Malers und -Grafikers Emil Orlik gezeigt, ab November werden dort wesentliche Werke des deutschen Impressionisten Max Liebermann zu sehen sein. Mit diesen Ausstellungen verabschiedet sich Julius H. Schoeps, Gründungsdirektor des Jüdischen Museums seit 1993. Sein designierter Nachfolger ab 1998 ist Karl Albrecht Weinberger, bisher Gesamtkoordinator im Jüdischen Museum.

Weinberger ist gebürtiger Wiener, Jahrgang 1953, studierte Geschichte und Germanistik an der Uni Wien und arbeitete bereits während des Studiums bei niederösterreichischen Landesausstellungen mit. Nach Beendigung seiner Studien 1980 war er bei zahlreichen Ausstellungen wissenschaftlich tätig („Adel, Bürger, Bauern im 18. Jahrhundert”, Schalla-burg; „Osterreich zur Zeit Kaiser Josephs II.”, Stift Melk). 1981 wurde er Mitarbeiter des Historischen Museums der Stadt Wien, wo er zahlreiche Großausstellungen betreute (so etwa „Judentum in Wien. Die Sammlung Max Berger”).

Im zunächst provisorischen Jüdischen Museum in den Bäumen Sei-tenstettengasse 4 verantwortete er ab 1990 verschiedene Ausstellungen, wurde 1991 Mitglied des Museumsdirektoriums und ab 1992 Projektkoordinator und stellvertretender Geschäftsführer des Museums. Weinberger war engster Mitarbeiter von Julius H. Schoeps, hat mit ihm gemeinsam die Umsetzung des Museumskonzeptes zu verantworten.

„Viele Punkte des künftigen Museumsprogramms wurden ja schon von meinem Vorgänger fixiert oder eingeleitet - wir versuchen nun, eine Planung bis zur Jahrtausendwende zu konzipieren”, sagt Weinberger auf die Frage nach seinen Plänen. Er bezeichnet sich als ausgesprochenen Teamarbeiter und möchte auch in Zukunft nicht „auf die Muße für eigenen Kulturgenuß verzichten”.

Heuer noch sei eine Ausstellung über die Shoa geplant, außerdem eine Schau über den Kabarettisten und Li-brettisten Peter Hammerschlag, weiters werde sich eine Fotoausstellung mit dem Jugendstil-Architekten Oskar Marmorek („Rüdiger-Hof” in der Linken Wienzeile) beschäftigen. Eine Ausstellung über das jüdische Jahr und die jüdische Zeitrechnung mit dem Titel „Der Mond” werde die kulturhistorische Komponente ins Programm bringen, ebenso wie Ausstellungen über die jüdischen Speisegesetze oder zum Laubhüttenfest in den kommenden Jahren.

Auf Weinbergers eigene Idee geht die Planung einer Schau mit sonst nie gezeigten hauseigenen Beständen der Grafiksammlung und des Museumsarchivs zurück, die Anfang kommenden Jahres gleichzeitig an das 100-Jahr-Jubiläum des ersten Wiener Jüdischen Museums erinnern soll. Zum fünfzigjährigen Bestehen des Staates Israel 1998 wird in Wien eine Schau über zeitgenössische Kunst in Israel gezeigt.

Auch in Zukunft werden einander kunsthistorische, kulturhistorische, religiöse und speziell auf die Sammlungen des Museums bezogene Aspekte in der Ausstellungsplanung ergänzen. Dem wird beispielsweise die Ausstellung mit dem Titel „Der scheene Jidd” über „Hygiene und Judentum” Rechnung tragen, die in Zusammenarbeit mit dem von Julius H. Schoeps geleiteten Moses-Mendel-sohn-Zentrum in Potsdam erstellt wird.

Ein großer Architekt der Zwischenkriegszeit wird mit Oskar Strnad in den Blickpunkt gestellt, der Literatur sind Ausstellungen über Egon Erwin Kisch und Karl Kraus' „Die Fackel” gewidmet. Porträts von Musikern zwischen Franz Schubert und Roman Haubenstock-Ramati werden wieder einmal die Musik in den Mittelpunkt stellen. Zur Jahrtausendwende stehen „Utopien” (von politisch bis religiös) auf dem Programm.

Grundsätzlich, sagt Weinberger, müsse man bei der Planung berücksichtigen, daß mehr als 50 Prozent der Museumsbesucher aus dem Ausland kommen, „kulinarische” Themen und intellektuell anspruchsvollere Inhalte sollten einander abwechseln, so verstehe er den Auftrag des Museums.

„Wenn wir ein Programm machen, das aufregend genug ist, wird es in den Medien und bei den Besuchern ein entsprechendes Echo finden”, erklärt der neue Direktor auf die Frage, ob vom Wechsel von Ursula Pasterk zu Peter Marboe als Wiener Kulturstadtrat Veränderungen zu erwarten seien. Natürlich müsse man - wie schon in der Vergangenheit - immer wieder auch um private Sponsoren bemüht sein. Und: „Das Museum ist heute ein wesentlicher Bstandteil des kulturellen Lebens und aus Wien nicht mehr wegzudenken.”

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