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Kleine Ausstellungen

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In der österreichischen Malerei unserer Tage ist eine starke Neigung zu Gruppenbildungen vorhanden. Künstler mit gleichen Abs’diten und gleichen Zielen schließen sich zu kleinen Arbeitsgemeinschaften zusammen, die bald für sich allein, bald im Rahmen der großen Kunstvcrcini- gungen — in deren Ausstellungen man diese Gruppenbildung gut verfolgen kann — in Erscheinung treten. Sie setzen an die Stelle eines organisatorischen Apparats das engere freundschaftliche Verhältnis und bemühen sich, das, was ihnen an Quantität abgeht, durch die Qualität ihrer Werke wettzumachen Es leuchtet ein, daß mit der Gleichartigkeit der Ziele auch eine gegenseitige Annäherung in der Wahl der künstlerischen Mittel eintritt, um so mehr, als sich von außen kommende Anregungen gleichmäßig auf die Angehörigen solcher Gemeinschaften verteilen. Die Bedeutung solcher Gruppen ist nicht zu unterschätzen: die gegenseitige Annäherung gibt ihnen mehr an Wirkung, als die Künstler als einzelne ausüben könnten, und nicht zuletzt helfen sie mit, den überspitzten Individualitätsglauben abzubaucn, der die Künstler im letzten halben Jahrhundert so oft in verhängnisvolle Isolation und zwischen ihnen und dem Publikum jene bedauerliche Entfremdung geschaffen hat, wie sie immer noch zu beklagen ist.

Eine Arbeitsgemeinschaft, auf welche die erwähnten Charakteristika zutreffen, stellt „D e r Kreis” dar, der gegenwärtig in der Galerie Welz eine Auswahl aquarellistischer und graphischer Arbeiten zeigt. Das Bild, das sich dem Beschauer bietet, ist im ganzen, einiger schwacher Punkte unerachtet, erstaunlich abgerundet; die gegenseitige Annäherung ist vor allem in den Aquarellen sehr weit gediehen, so daß sich die Persönlichkeit des Künstlers weniger in betont individueller Formgebung äußert als in der größeren oder geringeren Intensität der Bilder. Hans Stockbauer und Herbert P o t u z n i k scheinen mit ihren Gouache-Landschaften in der „Verdichtung” der dargestellten Motive am weitesten vorgedrungen zu sein, doch sprechen auch die anderen ausgestellten Arbeiten — mit Ausnahme der pseudo-experimentalistischen Aquarelle H a u g s, der indessen auch einige schöne Zeichnungen beigesatllt hat — von Emst und Überzeugung und verzichten darauf, mit billigen Mitteln billige Wirkungen zu erzielen. „Der Kreis” hat seit seinem Auftreten im vergangenen Jahre ein gut Stück Weges zurückgelegt.

Einer anderen — ausländischen und lockereren — Künstlergemeinschaft tritt man in der Neuen Galerie in der Grihiangergasse entgegen; es sind Mitglieder des italienischen Art-Club, die hier dem Wiener Publikum Gelegenheit geben, mit der zeitgenössischen italienischen Malerei und Graphik bekanntzuwerden. Was dort zu sehen ist, ist ein angenehmer, unverbindlicher Neuklassizismus, der mit romanischem Formgefühl und Eleganz vorgetragen wird und kaum eine Spur von dem Elan aufweist, der vor nicht allzu länger Zeit italienische Künstler zu Avantgardisten der Moderne machte und die Entwicklung um ein großes Stück vorwärtstrieb. Es scheint, als ob die Reaktion, die der italienische Futurismus, Konstruktivismus und Surrealismus hervorrief, in den Provinzen seiner Entstehung eher zu einem Ausweichen in eine tnaditionalistische Haltung gezwungen hätte, die selbst gelegentliche Anleihen an ältere, etwa impressionistische Stilstufen nicht verschmäht, als zu einer wirklichen Überwindung jener Strömungen; seltsam genug, daß ein an sich nicht bedeutendes Chirico-Bild aus dem Jahre 1916 alle anderen Bilder und Zeichnungen in den Schatten stellt. Doch mögen diese Eindrücke täuschen; die Ausstellung bietet wohl nur einen Ausschnitt aus dem italienischen Kunstschaffen der Gegenwart, und es darf nicht vergessen werden, daß bürokratischer Unverstand an die dreißig Ölbilder an der Grenze zurückhielt, die durch Leihgaben aus Privatbesitz nur notdürftig ersetzt werden konnten. Immerhin genügt das Gezeigte, um auf eine größere Schau italienischer Kunst neugierig zu machen.

Wollte man ähnlich strenge Maßstäbe an die Bilder anlegen, die von der Gemeinschaft bildender Künstlerinnen in der Zedlitzgasse ausgestellt worden sind — man würde zu keinem befriedigenden Ergebnis gelangen und den Künstlerinnen obendrein noch Unrecht zufügen. Was hier an den Wänden hängt, ist Gebrauchskunst, das aber im besten Sinne des Wortes ein freundliches und von Spekulation unbelastetes Spiel mit Formen, Farben und gefälligen Motiven, das dem unbefangenen Betrachter Genuß bereiten will. Energische Vorstöße in die Tiefe sind hier nicht zu erwarten, vielleicht auch gar nicht einmal beabsichtigt; als Ausnahme dürfte Lea Stahl mit einigen Pastellen zu nennen sein. Aber man wird auch nichts entdecken können, was die Regeln von Geschmack und Anstand verletzen konnte; Kitsch ist nicht vorhanden, wohl aber eine Menge guten Kunstgewerbes. Eine Reihe von Vitrinen, in denen Modellkleider, hübsches Spielzeug und modische Kleinigkeiten hegen, sind wohl ein liebenswürdiges Eingeständnis der Grenzen, die sich die Vereinigung selber steckt.

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