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Kollektivausstellung Josef Dobrowskys

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In der Galerie Welz, I., Weihburggasse 9, ist gegenwärtig eine sehr umfangreiche Ausstellung von Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen des Wiener Malers Josef Dobrowsky zu sehen, die einen bemerkenswerten Einblick in das Schaffen dieses vielumstrittenen Künstlers gewährt. Zweifellos ist es ein Beweis für die über das Mittelmaß hinausgehende Bedeutung eines Malers, wenn sein Werk neben enthusiastischem Lobe auch heftige Kritik hervorruft. Dieses Für und Wider der kritischen Meinung begleitet Dobrowskys Wirken seit mehr als einem Vierteljahrhundert, aber in einem Punkte sind sich seine Bewunderer und seine Tadler einig, daß hier ein Maler von glühend starker Farbigkeit am Werke ist, von einer Kühnheit des farbigen Rhythmus, die kaum ihresgleichen hat. Aus dieser Farbigkeit heraus, aus diesem oft hinreißenden Herausarbeiten leuchtender Töne aus dem Zwielicht des Hintergrundes stößt Dobrowsky in das Gebiet stärkster Beseelung des menschlichen Antlitz vor. In diesem gipfelt mit Recht jedes seiner Bildnisse; aber gerade dieses Streben verleitet ihn zu oft vollständiger Vernachlässigung der übrigen Malfläche, die vielen seiner Porträts den Charakter einer Studie und nicht den eines fertigen Bildes gibt.

Nun ist zweifellos das Wesentliche einer Persönlichkeit im mensdilidnen Antlitz festgehalten, aber auch der Körper, die Haltung und vor allem die Hände bringen ein oft sehr bemerkenswertes Stück des Menschen zum Ausdruck, das zur Deutung der Gesamtpersönlichkeit unerläßlich ist. Man hat bei Dobrowsky sehr häufig den Eindruck, daß sich sein künstlerischer Impetus so fanatisch auf das Geistige und Seelische des menschlichen Gesichtes stürzt, daß sich seine künstlerische Kraft in dieser Aufgabe erschöpft und nicht mehr gewillt oder imstande ist, den restlichen Raum des Bildes künstlerisch zu vollenden. Das verleiht vielen seiner Bilder eine Unausgeglichenheit, die zur Kritik Anlaß gibt.

Trotzdem dürfte es kaum einen Besucher der Ausstellung geben, dem sie nicht tiefe Eindrücke vermittelte, schon deshalb weil manches der Porträts zu den Höchstleistungen

der Gegenwartskunst gezählt werden muß. Dies gilt vor allem von seinem Selbstbildnis „Umgetrieben“, das in dem ängstlich suchenden, verzweifelt fragenden Blick den tragischen Kampf des beharrlich mit seinem künstlerischen Dämon ringenden Künstlers offenbart. Daneben ist in erster Linie auch das Bildnis „Dr. Matejka“, dessen durchgeistigter Kopf wundervoll herausgearbeitet ist„ als hervorragende Porträtstudie zu nennen. Einen koloristischen Leckerbissen stellt das reizvolle Köpfchen einer „Wienerin“ dar. Das beseelte „Bildnis seiner Frau“ und der vornehm-rassige Kopf der „Fürstin Schönburg-Hartenstein“ sind weitere Beweise noblen malerischen Könnens.

Zu Dobrowskys wertvollsten Arbeiten gehören auch seine prächtigen Blumenstücke, in denen der ganze farbige Zauber und die bestrickenden Formen der samtenen weißen Rosen, des zarten Rittersporns und der phantastischen Gladiolen eingefangen zu sein scheinen. Auch einige seiner Landschaften („Winterfriede“) und Innenbilder („Atelier“) zeigen Dobrowsky auf der Höhe malerischer Ausdruckskunst.

Besondere Erwähnung verdienen seine Aquarelle und Zeichnungen. Hier, wo er gleichsam den ersten visionären Eindruck des Geschauten festhält, kann sich seine künstlerische Wesenheit am stärksten offenbaren, hier fehlt das Widerspruchsvolle, das manchem seiner Ölbilder zur Kritik herausfordert. Jedenfalls ist Dobrowskys künstlerischer Weg noch nicht abgeschlossen, noch hat der Ringende die Hindernisse zu durchstoßen, die ihn zuweilen von der letzten Vollendung abzuhalten scheinen.

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