Kritische Reflexionen, ironisch gebrochen

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Nennt man den Namen Alois Brandstetter, bekommt man oft sofort zu hören: Ach, ja, "Zu Lasten der Briefträger"! Doch den Autor auf diesen 1974 erschienenen Roman zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht, zu groß und breit ist sein Werk, unter anderem: "Die Abtei"(1977),"Altenehrung"(1983),"Hier kocht der Wirt"(1995),"Der geborene Gärtner" (2005),"Kummer ade!"(2013);"Aluigis Abbild"(2015). Mit "Vom Schnee der vergangenen Jahre"(1979) und "Über den grünen Klee der Kindheit"(1982) führte der am 5. Dezember 1938 in Aichmühl bei Pichl bei Wels als Sohn eines Mühlenbesitzers Geborene in seine oberösterreichische Heimat."Vor allem die Gottesfurcht war bei mir sehr stark und schön ausgeprägt. Darum sagte unser Pfarrer, daß mich Gott zum Priestertum berufen möchte, und daß ich Adsum sagen solle. Ich sagte Adsum und kam als Zehnjähriger an das Bischöfliche Knabenseminar Kollegium Petrinum nach Urfahr. Wider alles Erwarten befiel mich aber dort zwei Jahre später eine heftige Pubertät ... Ich habe gesagt, daß ich lieber Müller werden möchte als Pfarrer", erzählte Brandstetter mit der für ihn typischen Ironie und wurde auch nicht Müller, sondern Philologe. Aus seiner Gläubigkeit macht er kein Hehl, aus seinen Mühen mit der Amtskirche auch nicht. In Wien studierte er Germanistik und Geschichte, 1970 habilitierte er sich mit Studien zur Rezeption der höfischen Epik, 1974 wurde er als Professor für Ältere deutsche Sprache und Literatur an die Universität Klagenfurt berufen, wo er bis 2007 lehrte. Der Mediävist konnte für sein schriftstellerisches Wirken in einen reichhaltigen Wissensvorrat greifen, seine Wortkunde ist legendär und ihm verdankt man den Blick auch auf die Benediktinerregel als wichtiges Werk der Literaturgeschichte. Kritische Reflexion gehört ebenso zu seinem Schreiben wie Humor und ironische Brechungen. Er solle "schiache Bücher" schreiben, habe Thomas Bernhard ihm einst ausrichten lassen, doch dies war Brandstetters Weg nicht. 1977 heiratete er die Diplompädagogin Suchra, Tochter albanischer Flüchtlinge, die einst in einem UNHCR-Gebäude in Waidmannsdorf lebten, was Brandstetter in seinem Band "Lebenszeichen" erwähnt. Der gesprächsoffene Jubilar erweist sich als kritischer Zeitgenosse auch in einem aktuellen Essay über sein Unterzeichnen des "Dont Smoke-" und des "Frauenvolksbegehrens". Und er zeigt, wie eine christlich-konservative Haltung mit Selbstkritik Menschenfreundlichkeit fundieren kann.

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