Künstler als Gärtner

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Neue Direktion, neue Räume und ein spannendes Thema: Die "Gartenlust"-Ausstellung des Belvedere.

Als besonderer Ort des Zusammentreffens zwischen Natur und Kunst galt seit jeher der Garten. Bereits Hugo von Hofmannsthal, der mehrmals über den Garten schrieb, zog Parallelen zwischen einem kreativen Schaffensprozess und dem Gärtnern: "Es gibt im Grunde nichts, was dem Dichten so nahe steht, als ein Stück lebendiger Natur nach seiner Phantasie umzugestalten." Das Interesse von Künstlern an diesem "umzäunten Land" ist also nachvollziehbar - jenem Ort, an dem Chaos und Ordnung Prozesshaftes und Konzeptionelles, Gewachsenes und Gestaltetes aufeinandertreffen.

Über Jahrhundert hinweg galt der Garten für Künstler und Kunstbetrachter als Inbegriff paradiesischer Leichtigkeit - als Ort der Freude und des Glücks. Ein Gefühl, das sich bei der Betrachtung von Claude Monets Gartenbildern nahezu physisch einstellt. Auf einzigartige Weise erklärte Monet den Garten mit blühenden Bäumen und blumengesäumten Wegen zum Hauptmotiv seiner Kunst, wie der Weg in Monets Garten in Giverny (1902) zeigt. Das Meisterwerk des französischen Impressionismus setzt sich aus einzelnen Flecken meist ungemischter Farben zusammen, so dass der Eindruck entsteht, alles würde flimmern und vibrieren.

Monets Garten-Bild aus dem Besitz des Belvedere ist nur eines von zahlreichen Highlights der Ausstellung Gartenlust. Der Garten in der Kunst. Eine Schau, deren Eröffnung medial aufmerksam verfolgt wurde. Dies liegt nicht nur an dem frühlingshaften Thema, sondern auch am Umstand, dass die Präsentation in mehrfacher Hinsicht eine Premiere darstellt.

Zum einen ist es die Eröffnungsausstellung der neuen Direktorin Agnes Husslein-Arco, zum anderen findet der Großteil der Schau in neu gestalteten Räumlichkeiten statt. Im Eilzugstempo hat Architektin Susanne Zottl die ehemalige Orangerie - bis vor kurzem Heimstätte der Mittelaltersammlung des Belvedere - in eine 50 Meter lange Ausstellungshalle umgestaltet. Als besonderes Plus dieser Architektur erweist sich der lichtdurchflutete Wandelgang, durch dessen großflächige Glasfenster sich ein phantastischer Blick auf den Barockgarten ergibt.

Neu adaptierte Räume

Im Inneren der Halle spürt man anhand von rund 100 Gartenbildern dem Verhältnis von Natur und Kunst nach. Durch die chronologische Hängung ergibt sich ein Rundgang, der seinen Anfang bei den mittelalterlichen Gartenwelten nimmt und bei österreichischen Vertretern der Moderne wie Herbert Boeckl oder Max Weiler endet. Zweifelsohne ist dieser Parcours ein Fest der Sinne, bei dem man wunderbaren Bildern aus unterschiedlichen Epochen begegnet - etwa dem spätmittelalterlichen Andachtsbild Madonna im Blumenhag (um 1475/85) aus dem Umkreis Martin Schongauers, das Maria mit dem Jesuskind in einem blühenden Garten darstellt. Oder Edvard Munchs Frau mit Mohnblumen (1918-1919), das aufgrund seines skizzenartigen Stils und der leuchtenden Farben begeistert.

Zu den besonderen Stärken der Ausstellung gehört die Gegenüberstellung von internationalen Größen und heimischen Malern. So können sich österreichische Stimmungsimpressionisten wie Emil Jakob Schindler und Tina Blau mühelos gegenüber der französischen Konkurrenz behaupten. Erfreulich auch, dass in der zweiten Hälfte des Parcours auffallend viele Malerinnen wie Olga Wisinger-Florian, Marie Egner oder Liesl Kinzel vertreten sind.

Getrübt wird der Besuch lediglich dadurch, dass die Bilder sehr eng gehängt wurden, so dass sie kaum zur Entfaltung kommen. Hier scheint die Freude an der ersten Ausstellung einer Reduktion im Weg gestanden zu sein. Auch wirkt die Präsentation durch die dichte chronologische Hängung braver als notwendig. Ganz im Unterschied zum zweiten Teil der Ausstellung im Atelier Augarten, wo die Werke durch eine lockere Gestaltung untereinander besser kommunizieren können. In der Dependance des Belvedere, die erstmals in eine übergeordnete Themenschau miteinbezogen wurde, sind unter dem Titel Gartenarchivierung. Anarchie der Ordnung zeitgenössische Künstler versammelt, die sich in ihrer Kunst mit Gärten und Pflanzen befassen - und oft selbst zu Gärtnern, Forschern und Wissenschaftlern werden.

Lässt sich Natur gestalten?

Am Garten interessiert zeitgenössische Künstler besonders das Prozesshafte - auch das immer mehr ins Wanken geratene Verhältnis zwischen Natur und Kunst. So veredelt der gebürtige Grazer Klaus Mosettig seit Jahren lebende Apfelbäume und stellt sie in Kunstinstitutionen aus. Mosettigs Baum-Skulpturen sind nur bedingt vom Künstler zu steuern, wodurch auch Macht-Fragen mit ins Spiel kommen. Wachsen die Pflanzen in die von Mosettig vorgesehene Richtung oder gehen sie ihre eigenen Wege?

Spannend auch die fein gemalten Aquarelle der in Wien lebenden Schweizer Künstlerin Regula Dettwiler, die an ein Botanik-Buch des 19. Jahrhunderts erinnern. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass es sich bei den Studienobjekten um zerlegbare Seiden-oder Plastikblumen handelt - Made in China, wie der ins Blatt geschriebene Titel verrät. Dettwilers Naturgeschichte der artifiziellen Welt berührt Diskussionen rund um die Auswirkungen der Globalisierung und die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Werden weltweit bald nur mehr künstliche Pflanzen zur Erforschung bleiben, fragt man sich angesichts dieser Blätter?

Trotz mancher Schwächen also ein gelungener Auftakt der neuen Direktorenschaft - und das aus mehreren Gründen. Weil das Belvedere hier als Ort barocker Gartenkunst in die Ausstellung integriert wurde - und weil Geschichte und Gegenwart, auch österreichische und internationale Kunst zueinander in Beziehung gesetzt werden. Vor allem: Weil es sich um eine publikumswirksame Schau handelt, die dennoch nicht alle kunsthistorischen Diskurse über Bord geworfen hat - zumindest was den zeitgenössischen Part betrifft.

GARTENLUST.

Der Garten in der Kunst

Belvedere, Orangerie

Rennweg 6a, 1030 Wien

Atelier Augarten

Scherzergasse 1a, 1020 Wien

www.belvedere.at

Bis 24. 6. Di-So 10-18 Uhr

Katalog hg. von Agnes Husslein-Arco, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2007, 320 S., € 29,

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