Kultur statt Klischees

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Zunächst spaziert man auf der Andrassy út, den "Budapester Champs-Elysées", Richtung Stadtwäldchen, darauf schwenkt man ein kleines Stück nach Süden ins Diplomatenviertel und erreicht die Benczúr utca, eine Allee, gesäumt von Botschaften, Gärten und Villen, geht vorbei am British Council und einem Zentrum für Musikveranstaltungen und steht nun vor dem Gebäude der Österreichischen Botschaft und des Kulturforums (ökf).

Im Haus stimmt man sich schon auf die bevorstehende Veranstaltung ein, steht in Grüppchen beisammen, plaudert mit alten Bekannten, knüpft neue Kontakte. Ungarn, Österreicher, Deutsche, Amerikaner, Lehrer, Studenten, Bildungsbeauftragte, Lektoren, Übersetzer, Vertreter verschiedenster Institutionen, Journalisten und andere, die Lust haben, sich mit österreichischer Kunst und Kultur zu beschäftigen. Das Kulturforum ist ein Ort der Begegnung, der Begegnung von Kulturen und von Menschen.

Das Programmheft für März und April gibt einen Überblick über die Vielzahl an interessanten Veranstaltungen: Peter Henisch und Wolf Haas werden in Ungarn lesen, im Rahmen des IX. Budapester Buchfestivals stehen ein Round-Table-Gespräch mit den Verlegern von Peter Truschners "Schlangenkind" sowie eine Lesung des jungen Erfolgsautors ins Haus - als zweiter Teil des gelungenen Großprojekts "Le premier roman", bei dem in Zusammenarbeit mit den Kulturinstituten anderer Länder eine Reihe europäischer Erstlingswerke präsentiert wird. Bettina Baláka kommt zum internationalen Lyrikfestival nach Budapest, Petra Ganglbauer und Christine Huber an die Berzsenyi Dániel Hochschule nach Szombathely.

Das Österreichische Kulturforum Budapest hat noch viel vor in diesem Frühjahr. Nicht nur in Budapest, nicht nur im Bereich Literatur. Weitere Themenschwerpunkte sind Tanz und Tanztheater sowie alle Formen zeitgenössischer Musik; mit Filmvorführungen, Theaterabenden - im Herbst gastierte etwa die Truppe Theater Brett mit einer szenischen Lesung von Ernst Jandl-Texten in Budapest - und natürlich mit Ausstellungen zu Architektur und Fotografie ist moderne österreichische Kunst in Ungarn vertreten.

Neue Aspekte bieten

Auch wissenschaftlicher Austausch wird großgeschrieben. Zusammen mit ungarischen Unversitäten, etwa mit der renommierten Eötvös Loránd Tudományi Egyetem (elte), werden Vortragsreihen zu Literatur- oder Sprachwissenschaft organisiert, in Szeged findet ein Symposium zur Annäherung an den "kulturellen Text" Österreich-Ungarns statt. Und an Gymnasien und Hochschulen in den Komitaten besteht reges Interesse an Österreich-Tagen und -Wochen.

Für die Verbesserung der kommunikativen Kompetenz sorgt schließlich das Österreich Institut (öi) mit einer Reihe von Sprachkursen unterschiedlichster Anforderungsstufen bis hin zum fachsprachlichen Unterricht. Man setzt viel daran, ein Gegengewicht zum touristisch-musealen Österreich-Bild zu schaffen, das sich vielerorts bis heute gehalten hat. Die Situation in Ungarn ist dabei natürlich eine besondere. Die nicht immer konfliktfreie gemeinsame Geschichte in der Donaumonarchie und die geographische Nähe haben intensive Verbindungen hergestellt, und die Rolle Österreichs bei der Revolution 1956 sowie beim Fall des Eiseren Vorhangs ist mit positiven Erinnerungen verbunden.

Viele (kultur)historische Aspekte können als bekannt vorausgesetzt werden. Aber auch Vorwissen schützt nicht immer vor Vorurteilen, und bei der Völkerverständigung spielt intensiver Kulturaustausch eine wichtige Rolle.

Und der wird zwischen Österreich und Ungarn seit über 25 Jahren offiziell und gezielt gepflegt. 1976 gründete man nach Abschluss eines Kulturabkommens zwischen den beiden Ländern das Österreichische Kulturinstitut, das mittlerweile ein dichtes Netz von Kontakten mit ungarischen Partnern und Kulturveranstaltern der anderen europäischen Länder geknüpft hat. Dabei tritt auch der europäische Gedanke zusehends in den Vordergrund, nicht zuletzt durch die bevorstehende Erweiterung der eu. Die Kooperation mit anderen europäischen Partnern ist vielfältig und hat es in den letzten Jahren ermöglicht, trotz finanziell schwieriger Bedingungen auch Großprojekte wie "Le premier roman" zu organisieren.

Das Kulturforum versteht sich sowohl als Veranstalter als auch als Vermittler zwischen in- und ausländischen Partnerinstitutionen. Es können dabei im Idealfall neue selbsttragende Formen von kultureller Kommunikation verwirklicht werden, die ohne die zusammenführende Tätigkeit des ökf nicht realisierbar gewesen wären.

Ziel ist es nicht zuletzt, Informationen über Aspekte Österreichs zu bieten, die noch neu und überraschend sind, Kontakte zu knüpfen und aufrechtzuerhalten und damit zu einer besseren Verständigung zwischen den Ländern und ihren Menschen beizutragen.

Die Autorin ist Deutsch-Lektorin in Budapest.

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