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Kunstgeschichte

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Österreichisch Skulptur durch die Jahrhunderte. Herausgegeben von der Aktiengesellschaft der Vöslauer Kammgamfabrik.

E ist kulturell äußeret wertvoll, daß namhafte Industrieunternehmen daran denken, gute kleine Veröffentlichungen von künstlerischem Reiz und Wert statt belangloser oder kitschiger Kalender und sonstiger Erinnerungsgaben in die Öffentlichkeit gehen zu lassen. Deutschland hat auf diesem Gebiet manchmal kleine Meisterwerke von starker Eigenart geschaffen, so zum Beispiel die Anorgana in Gendorf mit holzgeschnittenen Darstellungen bayrischen Landes.

Nun hatte die Vöslauer Kammgarnfabrik die vorzügliche Idee, eine kleine Auslese aus dem fast unübersehbaren Schatz österreichischer Plastik aller Jahrhunderte mit einer guten Einleitung versehen, in Form eines geschmackvollen Bandes zu veröffentlichen, der geeignet gewesen wäre, namentlich dem Ausland eine Ahnung von diesem Teilgebiet heimischen Kunstschaffens zu vermitteln. Leider aber erfolgte die Wiedergebe der 32 bedachtsam gewählten Bilder nach veralteten Vorlagen (Bilder 15, 20!), zum Teil ist die Wiedergabe tedmisch nicht ganz geglückt. Dennoch begrüßen wir diese kleine Gabe herzlich als einen ersten Schritt auf dem Wege zur Propagierung österreichischer Kultur, den man unbedingt weiter verfolgen sollte.

Italienische Kunst. Die Pastorale. Von Ulrich Chrtstoffel. Berglandverlag Wien. Mit 48 Bildtafeln.

Der Verfasser schildert in weit ausholender Darstellung die Entstehung und Entfaltung der Pastorale, jener wesentlich Italienischen Bildgattung, die eine ruhevolle Einheit von Mensch und Landschaft in dichterischer Verklärung und symbolhafter Deutung gestaltet. Übermäßigen Raum beansprucht innerhalb des Textes die Schilderung der Anfänge, die sich im 15. Jahrhundert für diese Bildgattung finden lassen; es fällt uns schwer, Werke von Piero della Francesca oder von Luca Signorelli pastoral zu deuten,da das Schaffen der genannten Maler einzig von der menschlichen Gestalt ausging und wenig Sinn für das landschaftliche Element zeigte. Hier ermüden lange Bildbeschreibungen, die von dem. zentralen Thema ablenken.

Mit vollem Nachdruck schildert der Verfasser in Hauptabschnitten seines Buches die Ausbildung der Pastorale im modernen Sinne innerhalb des glänzenden Schaffens des Giorgione da Castelfranco, wobei es sich sofort zeigt, wie wenig dessen pastorale Idyllen mit den Ansätzen zu pastoraler Bildgestaltung bei den mittelitalienischen Meistern des 15. Jahrhunderts zu tun haben. Christoffel, der eine rein italienische Entwicklung der Pastorale konstruieren will, läßt eine Tatsache außer acht: es waren deutsche und alpenländische Anregungen, die 1505/06, also gerade während Dürers zweitem Aufenthalt in Venedig, in der venezianischen Malerei jene plötzliche Entwicklung neuer Bildideen auslösten, die in Giorgiones Schaffen zur Entfaltung der reifen, beseelten Pastorale, bei Lorenzo Lotto zur Entstehung der ersten reinen Landschaft innerhalb eines Tafelbildes (Predella des Altars von Asolo Veneto, 1506) führten. Die Pastorale ist mithin nicht rein italienischer Herkunft, sondern erwuchs in Giorgiones Geist aus der künstlerischen Tradition Venedigs und der Terra ferma einerseits, andererseits aus Anregungen, die der deutsche Kunstbereich ihm durch Dürer und andere in Italien tätige deutsche Künstler gab.

Christoffel führt weiterhin den tiefen Wandel vor Augen, den die Idee der Pastorale bis auf Tiepolo erfuhr; auch hier sehen wir erstaunt rein akademische Maler wie Orazio Gentileschi in die Darstellung mit einbezogen, während jene grotesk expressive Abart der Pastorale, die sich bei Alessandro Magnasco findet, unerwähnt bleibt; gerade sie aber ist für die Erkenntnis der geistigen Grenzen des pastoralen Bildtypus aufschlußreich.

Christoffels Buch ist eine anregende, aber nicht abschließende Einführung in eine Welt edler Bildgedanken, die in unserer friedlosen Zeit besonders beachtenswert sind und uns Tiefes geben können: Gestaltungen harmonischen Daseins und inneren GlücksDie moderne Bildhauerei in Belgien (La sculpture moderne en Belgique). Von Jan- Albert Goris. Bruxelles 1952. 86 Seiten, meist ganzseitige Lichtbilder.

Was an diesem broschierten Band zuerst auffällt, ist, daß das belgische Außenministerium als sein Herausgeber zeichnet — auch in Belgien scheint somit zeitgenössische Kunst als durchaus brauchbares Material für die offizielle Propaganda im Ausland betrachte zu werden. Das berührt uns, deren auswärtige Kulturpropaganda mit immer noch vorzugsweise „der Tradition“ zu „arbeiten“ liebt — höchst sympathisch. Der Inhalt des schön bebilderten Bändchens aber wirkt sehr eindrucksvoll — denn Belgien hat zwischen und neben dem großen Realisten Meunier, dem unvergeßlichen Sezessionisten Minne und dem auch als Plastiker bedeutenden Constant Permeke eine nicht geringe Anzahl kleinerer, aber immer noch bedeutender Meistei, wie Rik Wouters, Ernest Wij- nants, Oscar Jespers und Lode Eydcermanns, hervorgebracht; Sie sind sämtlich durch eine außergewöhnlich starke Neigung zur Realität gekennzeichnet — eine Neigung, die bisweilen hart an Gewalttätigkeit grenzt. Daran und an den Namen erweist sich, daß in dieser dynamischen und ausdrucksstarken Skulptur das flämische Element stärker hervortritt als in der viel „romanischeren belgischen Malerei.

Oskar Kokoschka, Orbis pietus I (1909 bis 1926) und II (1926 bis 1950). Je neun mehrfarbige Tafeln. Mit einer Einführung und Bilderläuterungen von Hanß Maria W ingier. Verlag Galerie Welz, Salzburg 1951.

Alles in allem: ein verdienstvolles Map- penwerk und die erste Kokoschka-Edition, die in Österreich seit langer Zeit erschienen ist. Die 18 Bildtafeln sind ausgezeichnet gedruckt; daß freilich die typischen Blau- und Grünwerte dieser Malerei auch in der besten Reproduktion nicht in ihrer hohen Differenziertheit wiedergegeben werden können, trübt das Vergnügen an diesem Querschnitt durch das bisherige Schaffen des großen Malers nicht wesentlich. Die Auswahl der Beispiele hat mit viel Geschick — und so weit das bei einer immerhin beschränkten Anzahl von Reproduktionen möglich ist — versucht, die beiden thematischen Gegenpole in Kokoschkas Schaffen, Landschaft und Porträt nämlich, deutlich werden zu lassen. Auch die Herausarbeitung. der Entwicklung von der derben, großzügigen Formgebung der ersten Zeit bis zu den aufgelösten, kleinteiligeren und nur als Farbträger wirkenden Formen späterer Jahre — siehe zum Beispiel die prachtvolle Salzburger Landschaft von 1950 — ist gut gelungen. Zu kurz gekommen sind dabei nur die gewaltigen Mensch- und Weltdarstellungen des frühen und revolutionären Kokoschka; sie sind eigentlich nur durch die „Windsbraut“ von 1914 vertreten — was insofern sehr schade ist, als sie nicht nur für die Person des Malers, sondern auch für die Entwicklung der europäischen Malerei unseres Jahrhunderts von kaum zu überschätzender Bedeutung waren. — Hans Maria Wingler hat den einzelnen Tafeln Bilderläuterungen beigegeben. die wahre Kabinettstücke deskriptiver Kunstbetrachtung sind.

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