6644402-1958_14_24.jpg
Digital In Arbeit

Licht im Raum

Werbung
Werbung
Werbung

Licht ist die Voraussetzung für das Sehen und damit für eine der wichtigsten Sinneswahrnehmungen des Menschen, die den Kontakt mit seiner Umwelt herstellen. Die meisten menschlichen Handlungen werden durch das Sehen gesteuert und kontrolliert.

Das natürliche Licht der Sonne ist das wertvollste und gesündeste. Die Erkenntnis, daß man dem Tageslicht möglichst viel Zutritt zu Wohn-und Arbeitsräumen geben und entsprechende bauliche Maßnahmen treffen muß, hat sich auch schon allgemein durchgesetzt. Nicht ganz so klar ist man sich leider häufig über die Bedeutung der richtigen Anwendung von künstlichem Licht, der Beleuchtung. In Räumen, die nicht genügend Tageslicht erhalten, oder überall dort, wo man in den Nachtstunden sehen muß, sind wir auf die künstliche Beleuchtung angewiesen.

Gutes Sehen am Arbeitsplatz ist eine Voraussetzung für gute Leistung. Durch schlechtes Licht werden Unfälle verschuldet, Ermüdung und Ueberanstrengung beeinträchtigen die Qualität der Arbeit und die Arbeitsfreude. Die Zeit der ungenügend beleuchteten Fabrikräume ist heute nun wohl endgültig vorbei. Man kommt aber auch schon wieder davon ab, sämtliche Räume in gleichmäßig helles Licht zu tauchen, sondern bemüht sich, für jede Arbeit die geeignete Beleuchtung zu finden. Manche Beschäftigungen — etwa in der Feinmechanik, oder Montagen, erfordern genaues Sehen, bei anderen kommt es wieder mehr auf die gleichmäßige und am wenigsten anstrengende Beleuchtung an. Körperliche Arbeit wird durch große Helligkeit im Raum gefördert, geistige Konzentration dagegen erschwert. Der Gegenstand, an dem gearbeitet wird, ist an sich ausschlaggebend für die Wahl der Beleuchtung, ob er groß oder klein, ruhend oder bewegt ist, ob er hell oder dunkel ist und somit einen gewissen Kontrast zum Untergrund bildet, was sich wieder auf die Reflektion des Lichtes auswirkt. Weiter spielt auch die Oberfläche - ob rauh oder glatt und die Textur des zu bearbeitenden Materials eine große Rolle. Und nicht zuletzt muß bei einer solchen Analyse der Beleuchtungsanforderungen auch bedacht werden, ob an einem Arbeitsplatz immer ein und dieselbe Tätigkeit ausgeübt wird oder ob die Lichtquelle Anpassungsmöglichkeiten, eventuell sogar Beweglichkeit vorsehen soll.

Ab einer gewissen Mindestgrenze spielt die Kerzenstärke der Beleuchtung eine geringere Rolle als die anderen Eigenschaften. Diffuses Licht bedeutet weniger Schatten, dafür ungenaueres Sehen. Lichtkegel und Lichtbündel ergeben bessere Kontraste, allerdings wirft jedes Hindernis starke Schatten. Sehr helle Lampen in einem sonst dunklen Raum ermüden das Auge leicht, da es zu ständiger Adaption gezwungen wird. Man verhindert das durch Zusatzbeleuchtungen, die den Raum aufhellen, und eine besondere Lichtquelle am eigentlichen Arbeitsplatz. Blendung tritt dann auf, wenn Gegenstände am Rande des Sehfeldes zuviel Licht erhalten, oder blitzende Teile das Licht zurückwerfen. Auch Glanzlichter, wenn sich die Lichtquelle selbst in einet glatten Oberfläche spiegelt, können stark irritieren, besonders wenn es zusätzlich zu einer Verzerrung durch gebogene Flächen kommt. Das Auge ist sehr empfindlich für Lichteinfall von unten. Bei direktem Lichteinfall ist die Beleuchtungsdichte größer als bei schrägem, dafür kann man Einzelteile schwerer erkennen. Die Farbe des Lichtes an sich ist ein Problem, das durch die Leuchtstoffröhren besonders aktuell wurde. Die Tageslichtröhren werden mit gelbem Licht kombiniert, das als angenehmer empfunden wird. Die Farbe des Raumes, der Werkstücke und des Hintergrundes ist vielleicht das wichtigste Zusatzkriterium für die Beleuchtung. Manche Farben hellen an sich schon auf, dazu kommt die Eigenschaff der Lichtabsorption — all das muß berücksichtigt werden und in überlegter Ueber-einstimmung angewandt werden. Sogar Alter und Geschlecht der Beschäftigten sollte einbezogen werden.

Ganz andere Probleme stellt die Beleuchtung von Wohnräumen. Diese Räume dienen vielerlei verschiedenen Zwecken. Eine großflächige Lichtquelle, die diffuses Licht spendet, läßt sich in den meisten Fällen nicht vermeiden, ist aber auch kaum ausreichend. Tischlampen“ und Leselampen sind nicht nur eine Modesache, sie sind notwendig. Die wichtigste Bedingung ist, daß die Beleuchtung von Wohnräumen angenehm und nicht störend sein soll. Im Gegensatz zu Arbeitsräumen, wo die Form des Beleuchtungskörpers eine ästhetisch untergeordnete Rolle spielt, ist im Wohnraum die Funktion allein nicht maßgebend. Es ist geradezu ein Musterbeispiel gegen die übertriebene Auffassung, daß ein Gegenstand nur seine Funktion erfüllen müsse, um schön zu sein. Es gibt sehr viele Lampen, die gutes Licht geben und scheußlich aussehen. Dazu kommt eine Tatsache, über die die orthodoxen Formgeber oft hinwegsehen: Eine Lampe, sagen wir etwa eine Leselampe, erfüllt nur für ein paar Stunden ihren eigentlichen Zweck, nämlich Licht zu geben. Die übrige Zeit des Tages „brennt“ sie zwar nicht, aber sie ist doch vorhanden. Vielleicht ist diese Tatsache schuld daran, daß gerade Leuchten aller Art immer wieder nur als Dekorationsgegenstand behandelt werden, so daß zuletzt wieder die Funktion leidet — also das andere Extrem. Man kann diese Lichtquellen aber nicht in jedem Fall versteckt anbringen oder tagsüber einfach wegschaffen. Wie bei allen Gegenständen, die außer ihrer Zweckbestimmtheit wenn schon keinen dekorativen, so doch einen Anwesenheitswert haben, zeigt sich hier das Können des Formgebers. Die Schwierigkeit der Aufgabe mag eine gewisse Entschuldigung für die Monstrositäten sein, die sich in unseren Lampengeschäften finden. Selbst ein Land wie Amerika, in dem die Formgebung bei gewissen Geräten wirklich vorbildlich ist, erzeugt durchweg besonders häßliche Lampen. Samtmaschen und Landkarten, Gräser und Malereien, sinnlose Lochmuster und ähnliche kunstgewerbliche Spielereien beweisen, wie schwierig es ist, einen formschönen, einfachen Lampenschirm zu entwerfen, der seinen Zweck erfüllt und doch ein angenehmer Gegenstand in der Wohnung ist. Denn die Lampen sollen natürlich auch nicht aussehen, als gehörten sie ins Büro oder in eine Spitalsabteilung. Die Anforderungen sind meist viel einfachere als bei der Arbeitsplatzbeleuchtung: Warmes, nicht zu grelles Licht, möglichst wenig Blendung und große Anpassungsfähigkeit, die man durch die schwenkbaren Arme und Ständer zu erreichen trachtet. Besonders wichtig ist die Uebereinstimmung mit der Farbe der Räume, der Teppiche, Möbel und Vorhänge — dies allerdings kann der Entwerfer der Lampe nicht mitliefern.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung