7090041-1994_25_24.jpg
Digital In Arbeit

Macht und Kunstsinn eines Geschlechts

19451960198020002020

Schloß Weitra, um 1200 auf einem Granitfelsen oberhalb der gleichnamigen Stadt von den Kuenringern erbaut und unter dem durch Grillparzer in die Literatur eingegangenen Kämmerer Rudolfs (I., Wolf Rumpf Freiherr von Wielroß, zum prächtigen Renaissanceschloß umgestaltet, bildet den Rahmen für die heurige Landesausstellung Niederösterreichs.

19451960198020002020

Schloß Weitra, um 1200 auf einem Granitfelsen oberhalb der gleichnamigen Stadt von den Kuenringern erbaut und unter dem durch Grillparzer in die Literatur eingegangenen Kämmerer Rudolfs (I., Wolf Rumpf Freiherr von Wielroß, zum prächtigen Renaissanceschloß umgestaltet, bildet den Rahmen für die heurige Landesausstellung Niederösterreichs.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Geschichte der Familie der Fürstenberger und eine Auswahl der primär im 19. Jahrhundert erworbenen „Sammlung Fürstenberg” sind Inhalt der Ausstellung. Die Fürstenberger, eines der ältesten deutschen Adelshäuser, verdanken - ähnlich, wenn auch nicht im selben Maß wie die Habsburger - dem Sieg über König Pfemysl Ottokar ihren Aufstieg zur Macht. Sie wurden Burgherren, siegreiche Generäle und einflußreiche Diplomaten.

Für ihre Verdienste um Kaiser und Reich erhielten sie im 17. Jahrhundert zu ihren Besitzungen in der schwäbischen Baar weite Gebiete in Böhmen (Pürg-litz/Krivoklat) und im niederösterreichischen Waldviertel (Weitra). 1664 wurde dem Donaueschinger Zweig der Fürstenberger sogar das Recht zuerkannt, sich „Fürst” zu nennen, 1762 mit Ausnahme der landgräflichen Linie Weitra auch der übrigen Familie.

Diesen Aufstieg eines mitteleuropäische Geschichte schreibenden Adelsgeschlechts, aber auch seine durch die napoleonischen Kriege verursachte Ohnmacht versucht die „Die Fürstenberger - 800 Jahre Herrschaft und Kultur in Mitteleuropa” betitelte Ausstellung im ersten Stock des renovierten Schlosses darzustellen: mit Urkunden, Bildnissen, Waffen, Orden, Uniformen, Ornaten, Schmuckgegenständen, Plänen, Beutestücken aus der Schlacht bei Waterloo und ergänzenden Erklärungen. Gelegentlich auch mit inszenatorischem Schnick-Schnack. So etwa wenn von der Decke mit Namen versehene goldfarbene Sterne baumeln, die die verblichenen Fürstenberger symbolisieren sollen. Oder wenn auf einem rekonstruierten Baum, der als „ Stände-bäum” ausgewiesen wird, unten in Bauerntracht gekleidete Puppen, obenauf „Kaiser” und „Päpste” und gleich darunter die „deutschen Fürsten” hocken.

Den Mittelpunkt der Exposition aber bilden die kunst- und naturhistorischen Objekte im zweiten Stock des Schlosses. Vor allem Fürst Karl Egon III. (1820 bis 1892) hat sie gesammelt. Und er hat im Donaueschinger Schloß die Werke altdeutscher Maler des 15. und 16. Jahrhunderts, ein Archiv, die mit 80.000 Bänden größte deutsche Privatbibliothek sowie geologische und zoologische Museumsstücke als Lehrsammlung nicht nur für seine Kinder angelegt. Er hat diese Sammlungen auch öffentlich zugänglich gemacht.

Aller politischen Privilegien beraubt, wollte der Fürst, dessen Vater Karl Egon II. 1848 vor den revoltierenden Untertanen geflohen war, damit auf die herausragende Stellung seiner Familie hinweisen, einer Herrscherfamilie, bei der Kunst, Musik, Theater und Literatur (und die Jagd) eine große Rolle gespielt hatten.

Deshalb, so wird bezeugt, hat sich seinerzeit auch Mozart angeboten, als Hofkomponist in den Dienst der Fürstenberger zu treten. Fürstin Maria Antonia (gestorben 1797), eine gebürtige Prinzessin von Hoherizollern-He-chingen, hatte hinwieder das Theaterleben in Donaueschingen bestimmt, für die „Schauspiel-Liebhaber-Gesellschaft” die Stücke ausgesucht und selbst Regie geführt.

Ein Prunkstück der nach Weitra entliehenen Sammlung stellt die „Graue Passion” von Hans Holbein d. Ä. dar, die- auf vier Tafelbildern die Leidensgeschichte Christi vorwiegend in grauer und grün-gelber Farbe festgehalten hat. Ein anderes ist der „Falkensteiner Altar” des Meisters von Meßkirch um 1530 und 1536. Er zeigt im Mittelbild die Heilige Anna Selbdritt mit den Heiligen Katharina und Ursula, Barbara und Odilie. Zwei Engel schieben einen Vorhang zurück.

Das kostbarste Exponat ist zweifellos die mit 210 Millionen Schilling versicherte Hohenemser Handschrift C des Nibelungenliedes mit Kriemhilds Klage. Fürstin Elisabeth, geborene Prinzessin von Thum und Taxis (gestorben 1822), hat die gut erhaltene, 114 Pergamentblätter umfassende, aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammende Handschrift erworben. Sie wird bis Ende Juni im Original auf Schloß Weitra zu sehen sein und dann durch ein Faksimile ersetzt.

In einer Begleitausstellung zu den „Fürstenbergern” werden die Brautradition des Geschlechts und die Braugeschichte Weitras vorgestellt.

Gilt doch die für ihre vorbildliche Renovierung und Denkmalpflege mit dem „Europa-Nostra-Preis” ausgezeichnete Kuenrin-gerstadt im Waldviertel als älteste Braustadt Österreichs. Denn schließlich hat schon König Friedrich der Schöne 1321 den Weitraer Bürgern das Braurecht eingeräumt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung