Mäzene der Musik - und auch selbst Musiker

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Das Haus Habsburg und die Musik: Ein erstaunlicherweise bisher kaum erörtertes Thema.

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Das Haus Habsburg und die Musik: Ein erstaunlicherweise bisher kaum erörtertes Thema.

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Die Mitglieder des Hauses Habsburg genossen eine gründliche musikalische Ausbildung. Wie gründlich, lässt sich in einer erhaltenen Korrespondenz aus dem 17. Jahrhundert nachlesen. Die Erzherzöge Ferdinand, später Kaiser Ferdinand III. und sein Bruder Leopold Wilhelm wirkten oft zusammen, wobei der ältere Ferdinand die Musik zu den Texten des Jüngeren schrieb. Ferdinand III. war der erste komponierende Barock-Kaiser, zu denen man auch Leopold I., Joseph I. und Karl VI. zählt.

Die Habsburger pflegten schon seit dem 13. Jahrhundert die Musik und die burgundische Heirat Maximilians I. brachte die im 15. Jahrhundert modernsten Musiker nach Wien. Auf Maximilian geht auch die Hofmusikkapelle zurück, deren 500-jähriges Bestehen vor zwei Jahren begangen wurde.

Seltsam, dass das Thema noch nie im Zusammenhang dargestellt wurde. Dass nun ein Buch von Elisabeth Hilscher zu diesem Thema erschien, populär, aber für gehobene Ansprüche, mag man zunächst mit der Habsburger-Welle erklären. Es ist aber von der seriösen Art. Die Autorin ist Mitarbeiterin der Akademie der Wissenschaften. Man könnte ihren berherzten Vorstoß als sanften Vorwurf an die älteren Kollegen sehen, die mit dem Thema seit über hundert Jahren ohne greifbares Ergebnis umgehen. Damals setzte Guido Adler, der Begründer der Wiener Musikwissenschaft, einen Anfang.

Er plante die riesige Edition "Denkmäler der Tonkunst in Österreich", die heute noch erscheint. Um von höchster Stelle Unterstützung zu erlangen, begann er mit zwei Bänden unter dem Titel "Die Musikalischen Werke der Kaiser Ferdinand III., Leopold I. und Joseph I." (von Karl VI. sind keine Kompositionen erhalten). Im Vorwort heißt es: "Wohl haben sich in verschiedenen Staaten und Reichen einzelne Fürsten schöpferisch in der Tonkunst bethätigt, aber in der Geschichte der Cultur wiederholt es sich nicht zum zweiten Mal, dass mehrere Generationen einer und derselben Dynastie an der Kunst so regen, thätigen Antheil nehmen und mitten in den Wirrsalen politischer Geschäfte, auf dem von anstürmenden Wellen mächtig bewegten Staatsschiffe die Ruhe zu künstlerischem Schaffen finden und keine Mühe scheuen, um der technischen Schwierigkeiten der Kunstausübung Herr zu werden."

Nach solcher Verherrlichung im Stil der Zeit muss man heute etwas sachlicher ans Thema herangehen. Die Stadt Wien, die sich immer noch als Musikstadt fühlt, ist auch von der Liebe der Herrscher zu Musik, Theater und Festlichkeiten geprägt. Solche Mäzene konnten sich auf Sachkenntnis stützen und mussten nicht Experten-Gremien bemühen. Von der Musik wollten gerade die Barock-Kaiser nicht lassen, ob der Dreißigjährige Krieg tobte, die Türken Wien belagerten oder die konfessionellen Auseinandersetzungen Unruhe brachten. Gerade die Gegenreformation forderte zu geistlichen Kompositionen und Theateraufführungen heraus. Elisabeth Hilscher weist darauf hin, dass auch nach der Türkenzeit, als allenthalben die barocke Baulust ausbrach, die Habsburger in ihrem unbequemen, zugigen Gemäuer der Hofburg sitzen blieben und sich vergänglichen Genüssen widmeten. Erst unter Karl VI. begann im frühen 18. Jahrhundert die majestätische Architektur. Der eingangs erwähnte Erzherzog Leopold Wilhelm, der früh gedichtet hat, aber auch mit Musik und Malerei vertraut war, wurde übrigens von seinem Berater, dem Jesuiten Athanasius Kircher, mit den Worten gepriesen, er regiere "mit Leier und Schwert". Die Formel machte die Runde und geriet auch in den Titel des vorliegenden Buches. Wir kennen sie besser von Theodor Körners Gedichtsammlung.

Bleibt die Frage, ob die Kaiser mit Kaiser-Bonus komponierten. Mussten sie gelobt werden? Dann dürfte man sie heute vergessen. Leopold hat aber gerade darum manches Werk anonym verfasst und seinen Experten listig zur Begutachtung vorgelegt.

Elisabeth Hilscher erfasste nicht nur die Musik-Interessen der Gekrönten. Es gab auch viele musikbegeisterte Erzherzöge und Erzherzoginnen. Man denke nur an Erzherzog Johann, der 1815 in Graz den "Musikverein für Steiermark" gründete und die Sammlung von Volksmusik anregte. Leider sind von den Damen keine Kompositionen überliefert, es hat solche aber gegeben.

Mit Leier und Schwert - Die Habsburger und die Musik Von Elisabeth Hilscher Styria Verlag, Graz 2000 272 Seiten, geb., öS 350.-/e 25,44

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