Werbung
Werbung
Werbung

Die Dauerleihgaben der Sammlung Batliner verändern die Albertina - und die Wiener Museenlandschaft.

Nun ist er eröffnet, der nächste Coup in der Wiener Museumslandschaft. Die große Lücke ist geschlossen, jene der klassischen Moderne. Die Steppe beginnt zu blühen, an die 250 Kunstblumen aus den Ateliers der ganz großen Künstler aus einer der gewaltigsten Umbruchzeiten verwandeln die österreichische Ödnis in puncto Zeitgenossenschaft in eine besondere Farbenpracht. Endlich ist es auch in Wien möglich, der Entwicklung unserer Weltsicht, wie sie die Maler und - zahlenmäßig zwar in der Unterzahl, qualitativ aber ebenbürtig - auch die Malerinnen für uns alle auf Punkt, Linie und Fläche gebracht haben, in einem Museumsrundgang nachzugehen.

Klassische Moderne in Wien

Soweit der Werbetext. Der nächste Schritt in der Umwandlung der Albertina von einer reinen Grafiksammlung zu einem umfassenden Bildermuseum ist vollzogen. Mit der Sammlung Rita und Herbert Batliner, die Klaus Albrecht Schröder gemeinsam mit der Sammlung Forberg für die Albertina ans Ausstellungsland zog, versammelt sich nun das Who-is-who der klassischen Moderne im traditionsreichen Haus, vor dessen Pforten Alfred Hrdlicka den etwas linkischen Versuch gestartet hat, daran zu erinnern, dass in diesem Land die Gegenbewegung einmal genauso stark war: alles zu vertreiben, was einer geschmäcklerischen Verhübschung der inhumanen Ideologie zuwiderlief.

Angesichts dieser Klammer des Genius Loci kann man nur froh sein ob der Bereicherung, die die neue Permanentausstellung aus den Beständen der Sammlung Batliner darstellt. Auch wenn der Werbetext naturgemäß verschweigt, dass sich die Beiträge für die hundert Jahre zwischen 1870 und 1970, die in Wien vertreten sind, sicher nicht auf die Sammlung Batliner beschränken, und auch wenn die museumspolitischen Zwischenrufe die bewährte altösterreichische Frage stellen, ob er denn das überhaupt darf, der Albertinadirektor.

Denn die neue Schau bietet nicht nur einen beispielhaften Durchgang durch jene Zeit, die geradewegs unter dem biblischen Anspruch "Siehe, ich mache alles neu" das, was die Welt im Innersten zusammenhält, in gewaltigen und herausfordernden Formen beschrieb. Dieser Durchgang bietet darüber hinaus für jede der parallelen Strömungen, die trotz der einfachen Schublade "Klassische Moderne" jene Epoche in eine Vielfalt aufgliedern, herausragende Werke zum Augengenuss an.

So zeigen die Arbeiten von Camille Pissarro oder Alfred Sisley, dass man sich von der damals üblichen, schöngeistigen Inszenierung der Historie verabschiedet hatte, um durch die Landschaft, vor die man sich beim Malen tatsächlich hinstellte, um die Lichtspiele des Augenblicks einzufangen, in der Gegenwart anzukommen. Hier und heute wollte die Kunst agieren, und auch nicht mehr mit der einäugigen Zentralperspektive, sondern als lebendige Malerwesen, die in ihrer Beweglichkeit mit mehreren Perspektiven zu arbeiten begannen, wie es die Beispiele von Paul Cézanne zeigen. Die Kubisten machten die Mehrfachfokussierung zum Programm und integrierten Alltagskultur in Form von Zeitungsausschnitten in die Hochkunst der Malerei.

Gemalte Weltbilder

Dass die so genannten natürlichen Farben nur bedingte Gültigkeit haben können, übersetzten die Fauves, die Wilden, in farbenprächtige Aufwertungen von Allerweltssujets. Mit der endgültigen Absage an die alleinige Gültigkeit der objektiven Welt, wie sie die Surrealisten vollzogen haben, sind endgültig alle jene Ingredienzien bereitgestellt, die auch unser Weltbild am Beginn des 21. Jahrhunderts prägen.

Freilich ereignet sich das alles in vielen feinen Nuancierungen und unterschiedlichen Stoßrichtungen, die mitunter sehr ähnliche Ergebnisse bringen.

So gewinnt Kandinsky seine Abstraktion aus einer schrittweisen Auslösung der Vorlagelandschaft in nicht mehr mit der üblichen Begrifflichkeit bezeichenbaren Formen, um schließlich bei geometrischen Formen anzugelangen. Stärker konstruktivistisch vorgehende Maler wie El Lissitzky oder Kasimir Malewitsch schöpfen unmittelbar aus dem Geist der Geometrie. In eine Synthese gebracht erscheint dieser Kampf zwischen äußerer Vorgabe und innerer Erfindung dieser äußeren Vorgabe in den Arbeiten von Pawel Filonow. Bei ihm bauen sich Köpfe und Städte aus abstrakten Formen zusammen.

Kunst als öffentliches Gut

"Kunst kann man besitzen. Sie ist aber an sich ein öffentliches Gut." Mit dieser Begründung möchte Herbert Batliner seine Sammlung in der Albertina einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Das kann man ihm gar nicht hoch genug anrechnen. Er möchte sich aber auch ein Denkmal setzen, denn "selbst die großen Kunstsammler wie die Medici sind heute nicht für ihr Wirken als Bankiers bekannt, sondern für ihr kunstsinniges Mäzenatentum".

Hier definiert sich ein erfolgreicher Anwalt nicht mehr durch seine vielen gewonnenen Prozesse, sondern durch den Einsatz der daraus erzielten Mittel für die Kunst. Die ureigene Profession scheint nicht auszureichen, wie wichtig sie auch sein mag. Der entscheidende Blick auf die Welt kommt von anderer Stelle. Man sollte diesen Impuls für weitere kulturpolitische Diskussionen als Optimierungsstrategie aufnehmen.

Von Monet bis Picasso

Die Sammlung Batliner

Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien

Bis 6. 3. 2008 tägl. 10-18, Mi 10-21h

Katalog: Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Von Monet bis Picasso. Die Sammlung Batliner, Petersberg 2007, 420 Seiten,

€ 29,-

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung