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Digital In Arbeit

Mehr als Bleistiftzeichnungen

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Dieser Tage erhielt der dreiundzwanzigjährige Mühlviertler Tobias Raphael Pils den mit 100.000 Schilling dotierten Otto Mauer-Preis überreicht.

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Dieser Tage erhielt der dreiundzwanzigjährige Mühlviertler Tobias Raphael Pils den mit 100.000 Schilling dotierten Otto Mauer-Preis überreicht.

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Ein Atelier im engen Hinterhof neben der Kirche Maria am Gestade in Wien, mehrere Treppen hoch, große hohe Räume einer ehemaligen Druckerei.

„Die Räume haben meinem Malerkollegen und mir vor drei Jahren Doktor Lippert und Doktor Schmidt-Chiari zur Verfügung gestellt. Wir geben ihnen dann ab und zu eines unserer hier entstandenen Werke als Gegenleistung für ihre persönlichen Sammlungen. Jeder von uns hat einen getrennten Arbeitsbereich, wir verstehen uns, trotz sehr unterschiedlicher Techniken, sehr gut. Ein besonders schönes Visavis sind die gegenüberhegenden gotischen Kirchenfester, für mich sind das stilisierte Pflanzenformen, wie sie sich auch in meinen Werken niederschlagen.“

Derzeit sind Augen für Tobias Pils wichtig, sie finden sich auf allen drei großformatigen Zeichnungen, die er gerade in Arbeit hat. Pflanzen- und Tierformen, Frösche zum Beispiel, geometrische Gebilde bedecken die etwa 150 mal 120 Zentimeter großen Blätter in Bleistift und Tusche, in strengem Schwarzweiß, manchmal mit spärlichen Farbtupfern. Hin und wieder sind Teile der Arbeit nochmals mit weißem Papier überdeckt, werden erneut überzeichnet und miteinbezogen. Pils: „Die Bilder werden räumlicher dadurch, es entsteht eine neue Dimension, natürlich kann es auch eine Korrekturmaßnahme sein.“ Immer wieder werden in seinen Arbeiten konkrete Objekte erkennbar, ein Tisch, ein Regenbogen, ein Auge eben.

Uber den drei Werken hat Pils außerdem sein sogenanntes „Rettungsbild“ hängen, ein kleinformatiges, metallgerahmtes Blatt, das hilft, bei der Hängung verschiedenformatiger Werke in einer Ausstellung das Gleichgewicht herzustellen.

Erstmals ausgestellt hat Pils 1990, nach Ausstellungsbeteiligungen in Montreal, Chicago, Köln, Udine und Bozen war er heuer auf der Kunstmesse der Jungen „Dėcouvertes“ in Paris vertreten. Kürzlich waren auch Arbeiten in der Linzer Galerie Figl zu sehen.

MAN WURDE ERNSTGENOMMEN

Tobias Raphael Pils ist 1971 in Haid bei Königswiesen in Oberösterreich geboren, besuchte in Wien das Musikgymnasium, ohne Zeichenunterricht. Mit siebzehn wurde das Bedürfnis zu zeichnen aber immer mächtiger. Pils bestand die Aufnahmsprüfung an der Akademie der bildenden Künste in Wien sehr gut, wäre auch in andere Meisterklassen aufgenommen worden, entschied sich aber für die Graphikklasse von Maximilian Melcher.

„Das erste Jahr an der Akademie war das Glück auf Erden,“ schwärmt Pils noch heute, „man wurde ernstgenommen, wir drei Neuen hatten einen schönen großen Raum zur Verfügung. Melcher war ein sehr guter Lehrer, er hat gelenkt, ohne daß man es gespürt hat, mit ihm konnte man sich auseinandersetzen.“ Aber nach zwei Jahren wußte er, daß er weg mußte, die Gefahr zu „versumpem“ wäre zu groß gewesen.

Er verließ die Akademie, bekam die Atelierräume, machte seine ersten Ausstellungen, ließ sich nur mehr hin und wieder am Schillerplatz blicken. Im vergangenen Sommer legte er bei Melchers Nachfolger Gunter Damisch sein Diplom ab. Mit Damisch verbindet ihn eine Art Freundschaft.

Pils ist künstlerisch vorbelastet, sein Vater studierte bei Wolfgang Hollegha und Josef Mikl, wurde dann Kunsterzieher und lebt heute als Kleinverleger („Bibliothek der Provinz“) bei Weitra im Waldviertel Einen Weg in den Fußstapfen seines Vaters hätte Pils als problematisch empfunden. Bei vielen, die an der Akademie lehren, sieht er zu wenig Weiterentwicklung. „Wie sollen deren Schüler dann ausgestellt werden?“ meint Pils.

In seinen Bildern sei die Mühlviertler Landschaft stark präsent, sagt er, starke geometrische Akzente seien dazu da, die Landschaft nicht zu sehr überhandnehmen zu lassen, auch die „inneren Landschaften“. Pils wechselt immer wieder die Formate („es ist eine Art Ausruhen“), den großen Bildern folgen dann kleinere. Er möchte die Bleistiftzeichnung als Technik aufgewertet sehen. Er sieht sich selbst nicht in der Tradition der österreichischen Graphik.

Pils liebt Atelierbesuche nicht sosehr, für die Betrachtung seiner Bilder schätzt er eher eine neutrale Umgebung.

Bei einem Wettbewerb mitzumachen sei wichtig, für die Qualität der Arbeiten sei dies aber ohne Belang. „Recht und schlecht leben“ kann der Dreiundzwanzigjährige derzeit von seiner Kunst.

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