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Meister mit 70 und 80

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Einem Nestor der österreichischen Malerei, dem nun achtzigjährigen Alfred Wickenburg, widmet die Galerie Würthle eine eindrucksvolle und schöne Kollektivausstellung die Arbeiten aus vierzig Jahren umfaßt. Bestimmt wurde und wird die Malerei Wickenburgs von seinem Studium an der Akademie Julian in Paris 1906—1909 und bei Professor Adolf Holzel (nicht „Hölzl“ wie man im Katalog schreibt), der Kan-dinsky wesentlich beeinflußte, in Stuttgart 1910—1914. Paris schenkte ihm die Begegnung mit dem Fau-vismus, dessen summarischer Zeichnung und starker Farbigkeit, der die Hölzel-Schule einen theoretischen Unterbau lieferte. Der Kubismus, die wichtigste Entwicklung der Kunst dieser Zeit, tritt in Wickenburgs Werk kaum, vergleichsweise naiv und oberflächlich, in seiner Vorform in Erscheinung („Diana und Actäon“ 1921). Im Laufe der Jahre entstand eine kompositioneil sehr gefestigte, hellfarbige und flächige Malerei, in die scheinbar auch die Einflüsse von Carl Hofer und Max Beckmann eingeströmt sind. Das plastische Problem der Erscheinungen im Raum wird nicht angeschnitten, sondern auf seine in gesteigerter Farbigkeit empfundenen Gefühlswerte reduziert. In diesem Rahmen entstanden vor allem einige schöne Blumenbilder und Stilleben, allen voran das hervorragende „Stilleben mit Muschel“, die „Schneerosen“, das späte Stilleben aus dem Jahre 1964, die „Kalzeolarie“ und die „Anemonen“, in denen Wickenburg alle ihm verfügbare Delikatesse in der Farbgebung zu sorgfältig instrumentierten Zusammenklängen stimmt, indem er meist die Farbigkeit der Umgebung aus den Objekten entwickelt. Beglückend zu sehen, daß die Schaffenskraft Wickenburgs auch in seinem hohen Alter keineswegs nachgelassen hat, sondern, Kultur und Festigkeit bewahrend, noch einer Steigerung fähig ist.

Der gleichen Generation wie Alfred Wickenburg entstammt der heute 76jährige Belgier Frans Mase-reel von dem die ZentralbucJihand-lung Holzschnitte und illustrierte Bücher ausstellt. Masereels Holzschnittkunst mit ihren blockhaften Vereinfachungen zum Expressionismus der zwanziger Jahne gehörig hat sich wenig verändert. Am eindrucksvollsten ist er dort, wo er am einfachsten ist, etwa in der derbdrallen „Venus, am schwächsten dort wo flandrische Erzählerfreude die Blätter überwuchert und wenig Bildorganisation übrigbleibt, oder zu naiv pathetische Sozialkritik Klischeesymbolik verwendet. Im allgemeinen wirken die Arbeiten bereits erstaunlich, das mag aber auch daher kommen, daß Masereel ein unverwechselbarer Bestand unserer Jugend v/ar.

Zwei junge Maler sind in der Galerie „Synthese“ am Graben zu sehen: Doris Lötsch und Johannes Scheucher. Doris Lötsch ist noch auf dem Weg von einem sehr persönlichen abstrakten Surrealismus, der Gebilde aus Zellagglomerationen hervorbringt, aus dekorativen in plastischere Bereiche vorzustoßen, Johannes Scheucher malt manchmal technisch fast schon zu raffinierte Mischfarbenblätter, in denen er sehr bewußt zwischen Redon, Rounalt und etlichen Archaismen balanciert. Seine Blätter, von denen einige in einem dekorativen Sinne sehr köstlich und schön sind, wären hervorragende Gobelinentwürfe. Technik und Geschmack sollten nicht zum Selbstzweck werden. Herr Scheucher und Fräulein Lötsch sind aber zwei Begabungen, denen man sein Augenmerk schenken muß. Von beiden ist noch einiges zu erwarten.

Claus Pack In der Kleinen Galerie in der Neudeggergasse (Wien VIII.) ist bis 27. November eine Ausstellung des 70jährigen Prof. Adolf Schmid-Schmidsfelden, des ehemaligen Fachvorstandes der Bundesgewerbeschule“,Graz, zu sehen. Aquarelle, Ölgemälde, daneben umgedachte Collagen, wechseln mit Misch- und Schwarzweißtechniken in erfreulich ergänzender Anordnung und führen schließlich zu neuen, praktisch auswertbaren Wegen und Verfahren bis in Kunststoffbereiche. — Motivgruppen, angefangen mit ausdrucksvollen Darstellungen aus natürlichem Raum — Blumen, Blüten, Blätter—über ihre Abstraktionen aus unverkennbarem ornamentalen, oft expressionistischen Urgrund leiten über zur Sichtbarmachung schöngeistiger Gedanken und werden in unzweideutigen Aussageformen durch Reflexion aus dem Heilsgeschehen bekrönt. Ob im Oevre der Ausdruck einer Renaissance unserer Zeit oder ihr gewaltiger Umbruch auch in der Kongenialität dieses Malers zum Architekten profiliert zum Ausdruck kommt, immer wieder wird dies in der Hintergründigkeit ehrlicher Haltung des Künstlers im Zeugnis seiner Arbeiten, die, offen und ohne Scheineffekte in unser Gesichtsfeld tretend, antworten, nach wahren Werten entschieden.

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