Einer der am leichtesten zugänglichen und daher verletzlichsten Dschungelbereiche zwischen Millionenstädten am grenzüberschreitenden Strom ist soeben Nationalpark geworden: 45 Kilometer feuchtüppige Überschwemmungslandschaft, nie breiter als vier Kilometer, direkt neben dem Marchfeld.
Modell waren die strengen Maßstäbe Amerikas, das schon vor 90 Jahren, selbst noch vielfach Wildnis, die Idee und Großzügigkeit hatte, als Kulturland das erste ungewöhnliche Stück Natur für immer aus der Nutzung zu nehmen.
Um hier Natur erlebbar zu machen, ohne sie zu zerstören, müssen Vorkehrungen getroffen werden, die sie für Besucher attraktiv machen und doch Brutareale nicht stören. Manche Vögel haben aus den Zeiten der Wasserjagd eine Fluchtdistanz von 180 Metern behalten, die erst abgebaut werden muß. Wenn ihnen Menschen zu nahe kommen, kehren sie vielleicht zu ihren Jungen zurück, verlassen aber ihre Gelege.
Es bedarf also auch biologisch gut ausgebildeter Naturführer mit nautischen Kenntnissen und Engelszungen, um die Sehenswürdigkeiten erklären zu können. Sie vermitteln dem Besucher, der natürlich auch allein auf Abenteuer gehen kann, mitunter Offenbarungen, auch ohne sensible Gebiete zu berühren.
Dazu werden sie in zweijährigen Lehrgängen im ebenfalls gerade eröffneten Nationalpark-Haus ausgebildet, das auch Seminare, Möglichkeiten zum Mikroskopieren und zur Fernrohrbeobachtung der 200 Meter entfernten Reiherkolonie bietet.
Es wurde mit „earth-design” in ein baubiologisches von abbruchreifen Haus zu einem Wunder von Betriebskosten-Minimierung verwandelt.
Experimentierfreudige Industrielle trugen zum „Lehrgeld” bei, das Bausparern nicht zuzumuten wäre, und die Alpenvereins-Jugend montierte die 46 Quadratmeter Sonnenkollektoren. Diese bereiten das Warmwasser, auch für eine Fußbodenheizung mit Niedertemperaturgefälle von 30 auf 20 Grad bei 80pro-zentiger Bedarfsdeckung, ergänzt durch eine Hackschnitzelheizung.
Isoliert wird das Haus mittels einer 14-Millimeter-Kork-Isolierung (die übrigens den Steineichenwäldern der Estremadura zugute kommt, in denen Kraniche, Ginsterkatzen, Weißstörche, rote Rinder und eichelgemästete Schweine mit Edelschinken gedeihen!). Die Dächer sind unkonventionell mit imprägniertem Flachs gedämmt. Ein aufwendiges System ermöglicht die Verwendung des Dusch-und Brauchwassers über eine Pflanzenkläranlage für die Sanitärspülung.
Der zweistöckige Seminarraum besitzt Firstklappen wie die Wüstenarchitektur der XIV. Dynastie Ägyptens. Aber auch lokale Frontarkaden als Hitzefallen wurden ebenso eingesetzt wie Barockgiebel, wie sie einst die Rohrdächer der Umgebung vor Sturmböen schützten.
14 „interpretative Rangers” wurden hier in Zoologie, Au-Ökologie, Bootstechnik, Erste Hilfe, Energie-Politik, Flußbau, Spielpädagogik, Zwei-Sprachenkompetenz und Naturwald-und Schutzgebiet-Management ausgebildet und in Test-Expeditionen erprobt. Gelsen gehören natürlich zur Nahrungskette. Aber wie in den Ever-glades sollte man sich vor Augen halten, daß man „mit einem Tropfen Blut dafür bezahlt, Teil des gesamten Lebenszyklus zu sein”. Das ist wohlfeil!