Miriam Cahn: HÄNDE HOCH! - © Courtesy the artist and Galerie Jocelyn Wolff © Serge Hasenboehler

"Munch. Im Dialog": Schrei der Bilder

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Staunen und Erschütterung: Wer die Wirkung großer Kunst an sich erproben will, ist in der neuen Schau der Albertina richtig. "Edvard Munch. Im Dialog“ ist ein Ereignis.

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Staunen und Erschütterung: Wer die Wirkung großer Kunst an sich erproben will, ist in der neuen Schau der Albertina richtig. "Edvard Munch. Im Dialog“ ist ein Ereignis.

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Um es gleich vorweg zu sagen: Diese Ausstellung ist eine Wucht. Und die Wucht ist zuallererst Edvard Munch zu verdanken und seinen immer noch und immer neu wirkmächtigen Gemälden, aber auch der Auswahl und der Zusammenstellung seiner Bilder mit jenen von Jasper Johns, Andy Warhol, Georg Baselitz, Miriam Cahn, Peter Doig, Marlene Dumas und Tracey Emin.

Edvard Munchs „Schrei“ ist bekannt und so etwas wie ein Symbol seines Schaffens, Munchs Bilder verbindet man mit Schmerz, Leid, Einsamkeit, Verlust, Krankheit und Tod. Mit seinen Figuren, aber auch Landschaften zeigt Munch das Unheimliche und führt in seelische Abgründe. Die Albertina stellt ihn in „Edvard Munch. Im Dialog“ aber vor als den, der er vor allem war – und hebt hervor, was bei einer thematischen Fokussierung womöglich aus dem Blick geraten könnte, dabei ist es unübersehbar: Der 1863 geborene Norweger war ein Ausnahmekünstler. Er löste traditionelle Formen auf und experimentierte mit dem Material. Er integrierte die Leinwand in die Bilder und ließ diese von der Natur bearbeiten. Sein Einsatz von Farbe erstaunt immer noch so wie die dicken pastösen Striche.

Betritt man die Räume, so ist man sofort mit der grandiosen Machart der Bilder konfrontiert, seien es die Winterlandschaften, seien es die Frauenfiguren von der skizzenhaften „Madonna“ (1895/96) über „Das kranke Kind“ (1907), mit dem Munch an seine tote Schwester erinnerte und das er als „vielleicht mein bedeutendstes Bild“ bezeichnete, bis zu „Frauen im Bad“ (1917), in dem er mit linearer Zeitlichkeit brach, indem er Kompositionen übereinander legte und Bewegung nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit sichtbar machte.

Edvard Munch hat Malerinnen und Maler des 20. und nun auch 21. Jahrhunderts beeinflusst: bei der Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten von psychischen Abgründen ebenso wie in Fragen der Technik und beim Umgang mit dem Material. Und so vielfältig die Art des Einflusses auf die Künstlerinnen und Künstler ist, so vielfältig sind die einzelnen Räume, die ihnen in dieser Ausstellung gewidmet sind. Man hängte nicht motivisch oder technisch ähnliche Bilder nebeneinander, sondern widmete jedem Künstler, jeder Künstlerin seinen, ihren eigenen Raum.

In manchen Räumen erkennt man die „Verwandtschaft“ zu Munch sofort, etwa bei den Landschaftsbildern von Peter Doig, die in Bezug auf die Technik Bekanntes aufweisen, aber wie „Echo Lake“ (1998) eben auch das Seelenleben spiegeln; in anderen sind es die Sujets oder Stimmungen, die an Munch erinnern, wie bei Marlene Dumas, die wie Munch mit Farbe kräftige Emotionen ausdrückt.

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