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Musen unter Schloten

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Fast bei keinem Staatsbesuch wird es versäumt, die Linzer VÖBSt zu präsentieren; bei der Betrachtung und Charakterisierung Oberösterreichs wird seine Industrialisierung, die wirtschaftliche wie politische Bewältigung des Strukturwandels in den. Vordergrund gestellt — gewiß mit Recht. Im Schatten standen bisher die kulturellen Initiativen, die Oberösterreich in dem halben Menschenalter seit Ende des zweiten Weltkrieges gemacht hat. Das liegt teilweise im Wesen des Kulturellen, das sich nicht so aufdrängt, das lieber im stillen wirkt.

Aber warum soll auch das Kulturelle nicht gelegentlich ins Rampenlicht gestellt werden? Für Oberösterreich ist dies vor allem auch deshalb wichtig, weil der Reim von „Linz“ und „Provinz“ nicht nur dn Neuerscheinungen der letzten Jahre, sondern auch in Fernsehdiskussionen in Erscheinung trat.

Stifter-Institut und Theater

Oberösterreich hat als Land nach 1945 nicht nur bis dahin ungewohnte und rechtlich auch nicht vorgesehene Initiativen auf kulturellem Gebiet ergriffen; es ist auch gelungen, sichtbare und heute nicht mehr zu missende Schwerpunkte zu schaffen. Auch wenn man einmal das „Kulturelle“ bewußt stark einengt, Schulen, Hochschulen und manches andere unberücksichtigt läßt, werden Werke sichtbar, die dem alten Kulturland Oberösterreich neue Farben beifügen. Eine der bedeutsamsten und ersten Initiativen zeigt, daß Geld wichtig und sehr oft unersetzbar ist, daß aber Idee und Initiative allein schon Großtaten zu erringen vermögen: Das Adalbert-Stifter-

Institut des Landes Oberösterreich hat sich durch die Qualität seiner wissenschaftlichen Arbeit nicht nur in kurzer Zeit im Reigen ähnlicher Institute des Auslandes durchsetzen können; das Ansehen, das es genießt, fällt auf das Land Oberösterreich zurück, auf das Land, das viele vor allem als Land und Wirkungsstätte Adalbert Stifters sehen.

Andere Schwerpunkte benötigten natürlich vor allem Geld — viel Geld sogar. So etwa der großzügige Umbau des Landestheaters durch Prof. Clemens Holzmeister in den Jahren 1955 bis 1957, also der Umbau des Züschauerraumes des Großen Hauses und der Neubau der Kammerspiele. Damit stehen 1067 statt bisher 859 Sitzplätze zur Verfügung — für absahbare Zeit also eine ausreichende Zahl. Betrachtet man heute die damals hierfür notwendige Summe von rund 50 Millionen Schilling, bedenkt man ferner, daß der jährliche Zuschußbedarf für beide Bühnen heute rund 20 Millionen Schilling ausmacht, so scheint der Betrag kaum weltbewegend. Für damalige Verhältnisse, für die' Zeit, die unmittelbar dem Staatsvertrag folgte und in der das wiedervereinte Oberösterreich wahrhaft genug Sorgen und kostspielige Aufgaben hatte, bedeutete das neugestaltete und erweiterte Theater eine gewaltige Anstrengung und Leistung.

Lebendes Bilderbuch

Auf einem ganz anderen Gebiet wurde, planvoll und systematisch, ein weiterer Schwerpunkt gesetzt: aus dem alten, verlotterten und zweckentfremdeten Linzer Schloß entstanden ein beispielhafter Schau raum und ein modernes Museum. Nach langen Vorbesprechungen, die bereits 1947 einsetzten, begannen 1951 die ersten Sanierungsarbeiten und 1953 die eigentlichen Bauarbeiten, die in Etappen bis in unsere Tage reichen. Immerhin hat das Land seit 1963 im Schloßmuseum ein lebendiges Bilderbuch Oberöster-

reichs, eine strenge und knappe Auswahl des Schönsten und des Beispielhaftesten, wie es in dieser Art wenige Länder haben. Von der Urzeit, der römischen Provinz und der Völkerwanderungszeit führt der Weg in die Gegenwart und die farbige Geschichte und die reiche Kunst des Landes wird in den Zimmern und Gängen lebendig. Auch hier hat die Sanierung der Gebäude mehr Mittel verschlungen als die eigentliche Adaptierung und Gestaltung des Museums, alles zusammen insgesamt rund 38 Millionen Schilling.

Hier im Schloßmuseum wurde übrigens die Plastikenschau der großen Ausstellung „Die Kunst der Donauschule“ untergebracht, während der Schwerpunkt im Stift St. Florian lag. Es war ein erster, vielleicht später, aber sofort voll ge glückter Versuch, der es schwermachen wird, weitere Veranstaltungen von solchem Gewicht durchzuführen. Immerhin sind auch hier weitere und neue Planungen bereits im Gange.

Gründe gesucht

Andere Schwerpunkte werden geschaffen und sind seit langem in Planung, haben aber auch mit einer Fülle von Schwierigkeiten zu kämpfen. Die sparsame Landesverwaltung, die es in Oberösterreich auch in früheren Jahrzehnten gab, zeigt gelegentlich Schattenseiten. So macht sich der Mangel einer Grundstückreserve des Landes in der Landeshauptstadt Linz — ein Erbe der zwanziger und dreißiger Jahre — bei einer ganzen Reihe von Projekten schmerzlich bemerkbar. So ist etwa das mit wertvollstem Material reichlich eingedeckte Landesarchiv seit Jahren auf Grundsuche, und die schon längst vorgesehenen Mittel konnten bisher nicht verwertet werden. Das Projekt, das jetzt an der Grillparzerstraße verwirklicht werden soll (ursprünglich waren Kreuzschwesterngründe, dann ein Erweiterungsbau in der Promenade vorgesehen), benötigt unter anderem moderne Speicher mit nicht weniger als 20.000 Laufmeter an Regalen.

Ähnlich schwierig und ähnlich dringend ist ein neues Heim für das Bruckner-Konservatorium, eines der größten seiner Art in Österreich. Eine ursprünglich vorgesehene Verbindung dieses Raumprogrammes mit dem Raumbedarf des Linzer Rundfunkstudios wurde inzwischen fallengelassen. Unter den Lösungsmöglichkeiten für das Bruckner- Konservatorium bietet sich allerdings auch die Koppelung mit einem „Schmerzenskind“, die vielum- kämpfte, trotz allem aber noch nicht abgerissene Linzer Wollzeugfabrik an. Hier muß allerdings noch eine Lösung innerhalb der zuständigen Bundesstellen (Unterrichtsministerium — Finanzministerium/Tabak- regie) gefunden werden. Immerhin wäre eine Lösung denkbar, die nicht nur einen wertvollen und seltenen Profanbau erhalten würde, sondern Möglichkeiten auf pädagogischem und musikveranstalterischem Gebiet bieten würde; ein zusätzlicher Vorteil wäre noch, daß in unmittelbarer Nähe das neue Linzer Konzerthaus geplant ist, an dem das Land ideell mitzuwirken und materiell mitzuhelfen versprochen hat, das vorerst aber durch Meinungsverschiedenheiten im Bereich der Stadt Linz nicht realisiert werden konnte.

Studio Linz

Um ein weiteres Verzögern des längst dringend notwendigen Ausbaues des Studios Linz zu verhindern, werden nunmehr Mittel des Landes vorschußweise zur Verfügung gestellt. Der durch den seinerzeitigen Kauf der Franck-Villa fixierte Standort des neuen Studios ist allerdings, bedingt durch die Nähe der Bahn und verkehrsreichen Straßen, nicht allzu glücklich und wird es künftig noch weniger sein.

Aus der Fülle der vielfältigen kulturellen Förderungen ragen die Kulturpreise des Landes hervor; neben dem gemeinsam mit dem Unterrichtsministerium ins Leben gerufene Enrica-Handel-Mazzetti-Preis zur Förderung der historischen Epik ist es vor allem der Adalbert- Stifter-Preis für Literatur und bildende Kunst, der Anton-Bruekner- Preis für Musik und der Johannes- Kepler-Preis für Wissenschaft.

Diese und ähnliche Aufgaben eines modernen, zeitgemäßen Mäzenatentums ergänzen gemeinsam mit den wichtigen und füf Oberösterreich besonders bedeutsamen Aufgaben des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege jene bisherigen und künftigen Schwerpunkte auf kulturellem Gebiet, deren ein Land wie Oberösterreich, das in Riesenschritten. ein Industrieland geworden ist, in besonderem Maße bedarf.

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