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Musikgeist des Mittelmeeres

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Aix-en-Provence, im August Aix, der alte geistige und künstlerische Mittelpunkt der Provence, etwa 30 Kilometer nördlich Marseille gelegen, und eine Gründung des römischen Feldherrn Sextius, In der Nähe berühmter Heilquellen — Aix ist von Aquae (Sextii) abgeleitet —, hat sich 1948 in den Kranz der europäischen Festspiele Internationaler Bedeutung eingereiht. Sein .Festival International de Musique, Frankreichs einziges Musikfest dieses Charakters und Umfangs, steht heute mit seiner geistigen Aktivität, die sich in den ausgesprochenen .Themenstellungen“ seiner Programme kundgibt, mit an der Spitze der Musikfeste Europas.

Mozart äst der Kronzeuge eines Musikfestes, das mediterranen Geist atmet. Der künstlerische Weg Mozarts nach diesem Aix ist dabei geographisch ebenso kurz wie künstlerisch folgerichtig. Er führt direkt von Italien herüber, und Dapontes „Cosi fan tutte“ und .Don Giovanni“ sind hier gleichsam dekorative Sujets für ein Leben unter brennender Sonne, das geistig lebendig Ist und viel natürlichen Sinn für das Kurlose und Ironische hat. Daher wohl gelang auch „Cos! fan tutte“ besser als „Don Giovanni“, der hier Renato Capicchi heißt, blutjung ist, mit einem Lorgnon bewaffnet auf Abenteuer ausgeht und keineswegs von einem Dämon getrieben wird, der ihn dennoch auch in Aix unter Donner in die Flammen schickt. Beide Opern, „Cosl fan tutte“ Ins Neapolitanische verlegt (Bild: Balthus-Paris) und „Don Giovanni“ in die massive Architektur des 18. Jahrhunderts gezwängt — Vorbild für die Bühnenbilder des berühmten französischen Graphikers Cassandre, waren die einzigartig schönen provencalischen Gobelins Berains — wurden von Hans Rosbaud, der mit Ernst Bour die musikalische Oberleitung des Festspiels hat, mit dem ausgezeichneten Pariser Conser-vatoire-Orchester ganz auf Linie musiziert, geistig und klar, mehr „giocoso als „dramma“, sicher auch Im Hinblick auf die akustischen Verhältnisse der ebenfalls von Cassandre in den Hof der alten erzbischöflichen Residenz gestellten Theateranlage mit ihrer kleinen Bühne das einzig Richtige. Unter den Sängern aus Mailand, Wien und Paris ragten Suzanne Danco (Fiordiligi, Elvira) und Emmi Loose (Despina, Zerline) hervor. Regle führte Jean Meyer von der Comädle Franchise.

Mozart, und in diesem Jahr auch Bach, waren auch in viele der zahlreichen, meist einem programmatischen Titel folgenden Konzerte eingestreut, die sich unter dem dunkelblauen provencalischen Nachthimmel vor den pittoresken Architekturen der Höfe und Schlösser mit ihren das hügelige Land weit erschließenden Terrassen in festlicher Eigenart abspielten. „Musiques oubliees — Titel auch einer Pariser Vereinigung mit Nadia Boulanger als geistigem Oberhaupt, die sich in Aix auch als kennerische Dirigentin betätigte —, „Musique sacröe“, „Concert de Bei Canto“, die jeweils Mozart, Vivaldi und Monteverdi allein gewidmeten Konzerte, oder die aufschlußreiche Gegenüberstellung Bach-

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