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Drei Museen zeigen den Wiener Rubensbestand und ermöglichen einmalige Einblicke in Denkweise und Werk des großen Barockkünstlers.

Der Mann besaß alle Fähigkeiten, die man braucht, um Kunstgeschichte zu schreiben. Peter Paul Rubens hatte nicht nur ein herausragendes malerisches Talent und eine Gabe zu ungewöhnlichen Bilderfindungen. Der 1577 in Siegen/Westfalen als Sohn eines reformierten Juristen geborene Maler war ungemein gebildet, arbeitete unermüdlich und betrieb in der Aristokratie erfolgreich das, was man heute "networking" bezeichnet. Er hatte eine Werkstatt mit zahlreichen Schülern, kooperierte mit den besten zeitgenössischen Malern wie Van Dyck, Jan Brueghel und Frans Snyders, der auf Rubensgemälden häufig die Tiere und Stillleben malte. Vor allem sorgte Rubens für die Verbreitung seiner Bildmotive selbst, indem er von eigens geschulten so genannten "Rubensstechern" Stiche nach seinen Werken anfertigen ließ, deren Vertrieb und urheberrechtlichen Schutz er sich durch gesetzliche Maßnahmen garantieren ließ. Durch das Höherstellen der Ideenfindung, der "Inventio", gegenüber der eigenhändigen malerischen Ausführung nahm Rubens eine Position ein, die im 20. Jahrhundert zum Um und Auf der Kunst wurde.

Rubens' Vielseitigkeit zeigt sich auch in der Spannweite der Themen, die er behandelte. Neben zahlreichen religiösen Bildern im Auftrag der Jesuiten befasste sich Rubens mit großen historischen und mythologischen Themen, malte aber genauso intime Porträts seiner nächsten Bezugspersonen. Zur "Trademark" der Rubens'schen Kunst wurde die Darstellung eines kurzen Handlungsmoments, in dem die aus unkonventionellen Perspektiven gemalten Körper in dynamischer Bewegung erscheinen. Zugleich zeichnet seine Bilder eine extreme Plastizität und stoffliche Körperlichkeit aus, die ihn zum gefürchteten Konkurrenten der Bildhauerdisziplin werden ließ.

Vorurteil "üppige Frauen"

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Blick auf das Werk dieses außergewöhnlichen Barockmalers oft durch Vorurteile verstellt. Mit dem Namen Rubens assoziierte man gemeinhin "üppige Frauen" und "ausladende Schwülstigkeit". In Zeiten, in denen magersüchtige Modells zum Schönheitsideal erklärt wurden und Reduktion die Kunst bestimmte, schien man für die dramatische Barockkunst wenig übrig zu haben.

Nachdem Klimt, Schiele und die klassische Moderne nun zur Genüge ausgeschlachtet worden sind, dürfte die Zeit wieder reif für Barockmalerei und die Kunst des Peter Paul Rubens sein. Nicht zufällig wurde das Jahr 2004 zum Rubensjahr - und das trotz Fehlen eines Jubiläums. Nach Präsentationen in Lille, Antwerpen, Genua und Braunschweig bildet das gemeinsame Projekt von Kunsthistorischem Museum, Liechtensteinischen Sammlungen und Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien den Abschluss des Ausstellungsreigens. Unmittelbarer Anlass, um Wien als Rubensstadt zu vermarkten - obwohl Rubens zu Lebzeiten mit Wien nichts am Hut hatte -, war neben der Ausrufung des internationalen Rubens-Jahrs die Rückkehr der Rubens-Bestände ins Liechtenstein Museum.

Erfreulich ist die Tatsache, dass es im Konkurrenzkampf der Wiener Museen zu dieser ambitionierten und ersten großen Kooperation dreier Museen mit gemeinsamer Werbelinie gekommen ist. Begrüßenswert auch der Ansatz, auf das aufmerksam zu machen, was in Wiener Museen vorhanden ist - und nicht bloß durch Ausstellungen mit teuren Leihgaben aufzutrumpfen. Bis auf wenige Stücke aus der St. Petersburger Eremitage und der Münchner Pinakothek sind alle ausgestellten Werke in Wien beheimatet - darunter die berühmten Frauenakte wie das Porträt von Rubens zweiter Ehefrau, bekannt unter "Das Pelzchen" im "Kunsthistorischen" oder der legendäre weibliche Rückenakt "Venus vor dem Spiegel" im Liechtenstein Museum. Dass die Albertina allein vorgeprescht ist und einige Monate zuvor eine Rubensausstellung gezeigt hat - äußere Gründe hin oder her - bleibt allerdings ein Wermutstropfen.

Der Ausstellungsrundgang in drei Museen mit unterschiedlichen Akzenten wird zum Kunst-Erlebnis der seltenen Art. Durch die jeweils anderen Sammlungsschwerpunkte, die Menge und die Qualität des gesamten Wiener Rubensbestandes (etwa 100 Werke) bekommt man einen fundierten Einblick in das Werk und die Denkweise eines Künstlers, wie das sonst nur selten bei Ausstellungen der Fall ist.

Seltenes Kunsterlebnis

Im Kunsthistorischen Museum stechen die beiden Monumentalbilder mit den "Wundern des hl. Ignatius von Loyola" und den "Wundern des hl. Xaver" hervor, die für den Hochaltar der Antwerpener Jesuitenkirche bestimmt waren. Gemeinsam mit der "Himmelfahrt Mariens" und dem "Ildefonso-Altar" präsentieren sie Rubens als einen der bedeutendsten Maler im Dienste der Gegenreformation. In eine andere Richtung bewegt sich das Bild "Venusfest". Hier kommt Rubens' humanistische Bildung zum Ausdruck, genauso aber die malerische Qualität seines Spätwerks, das durch die aufgelöste Malweise beinahe schon "impressionistisch" wirkt.

Herzstück der LichtensteinBestände ist der "Decius-MusZyklus", der in sieben großformatigen Bildern den Opfertod des römischen Feldherrn nach einer Schilderung von Livius malerisch interpretiert und in seiner Dramatik große Hollywood-Epen in den Schatten stellt. Besonders schön ist hier die geschlossene Hängung in der großen Galerie des Palais, die Malerei zu einem räumlichen Gesamterlebnis werden lässt. Nicht minder bedeutsam sind die Kinderporträts im Liechtenstein Museum. Durch das bezaubernde Bildnis von "Clara Serena Rubens" und das Doppelporträt von "Albert und Nikolaus Rubens" zeigt sich Rubens als sensibler Beobachter seiner nächsten Umgebung.

Die Galerie der Akademie der bildenden Künste ergänzt das Bild über den flämischen Barockmaler. Kleinformatige, eigenhändige Ölskizzen bringen dem Besucher den Bildfindungsprozess und das spontane Arbeiten des Künstlers näher.

Rubens In Wien

Bis 27. Februar im Kunsthistorischen Museum, im Liechtenstein Museum und in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste.

www.rubensinwien.at

Katalog: Peter Paul Rubens 1577-1640. Die Meisterwerke. Hg. v. Johann Kräftner, Wilfried Seipel, Renate Trnek. Verlag Christian Brandstätter,

Wien 2005, 384 S., 279 Abb., e 36,-

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