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Neue Galerie in Linz

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Linz hat es dem Zusammenwirken seiner städtischen Behörden mit dem bekannten Kunstsammler Wolfgang Gurlitt zu verdanken, daß es seit einiger Zeit in der „Neuen Galerie” ein reichhaltiges Museum moderner Kunst besitzt. Ein Viertelhundert Leihgaben aus staatlichen Galerien hat eine fast lückenlose Überschau über Malerei und Graphik des vergangenen und jetzigen Jahrhunderts ermöglicht. Man hat die Schauräume in einem der beiden neuen Brückenkopfbauten, also an einem der wichtigsten Punkte der Stadt, adaptiert; dies beweist die Schätzung, welche die Hauptstadt Oberösterreichs ihrer neuen Galerie beilegt. Und sie ist in der Tat um so wichtiger, als unser Land, wiewohl reich an moderner Kirnst, nur wenige Institutionen besitzt, die sich mit ihrer Sammlung, Pflege und Erhaltung befassen, und die Wiener Moderne Galerie wohl noch längere Zeit der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein wird. Linz hat also ein modernes Kunstzentrum gewonnen, und es ist nicht ausgeschlossen, daß man seine Auswirkungen auf die einheimischen Künstler vielleicht bald wird erkennen können.

Es fehlt kaum ein Name, der in der deutschen oder österreichischen Malerei der letzten 150 Jahre hervorsticht, und man wird sich daher begnügen müssen, jene Maler zu erwähnen, die, wie Caspar David Friedrich oder Runge, gleich mit ganzen Kollektionen vertreten sind. Ein deutlicher Akzent liegt auf der Künstlergeneration um die Wende des Jahrhunderts. Die Bestände dieser Sammlung könnten genügen, um an ihren Beispielen eine Kunstgeschichte dieser Zeit zu schreiben: Böcklin, Corinth, Liebe r m a n h und T r ü b n e r sind reich vertreten, neben ihnen die österreichischen Impressionisten, wie der viel zu wenig’ bekannte Karl Schuch, ein Maler, der ebenbürtig an der Seite der französischen Impressionisten steht. Anton Rom ako, ebenfalls immer noch zu wenig geschätzt, kann nunmehr in Linz an zwölf zauberhaften Ölbildern studiert werden. Einige Kabinette sind den österreichischen Expressionisten Schiele und Kokoschka vorbehalten, und vier prachtvolle Faistauer- Gemälde geben den ruhigen Abschluß.

Mit dieser Aufzählung freilich ist die Fülle der Galerie nur eben angedeutet. Sie enthält vielmehr auch manches was jenseits des Kunstwertes interessant ist, wie zum Beispiel zwei Handzeichnungen Goethes.

Eine eigene Abteilung wird wechselnde Ausstellungen beherbergen. Im Augenblick sind es französische Meister der Zeichenkunst des 19. Jahrhunderts, die hier in einer Reichhaltigkeit und Lückenlosigkeit studiert werden können, wie man sie in Österreich noch selten sah. Daumier, Manet, Puvis de Cho- vannes, Odilon Redon, C i z a n n e — auch hier müssen wenige Namen für viele stehen, obwohl es schwerfällt von Kostbarkeiten, wie den Lithographien Gauguins oder Maillols, schweigen Zu müssen.

Der zeitgenössischen österreichischen Kunst wird ebenfalls ihr Recht gelassen und die Arbeit zweier jüngerer Bildhauer zur Diskussion gestellt: die sehr dekorativen, in manchem an Mestrovič erinnernden Holzreliefs und Steinskulpturen Alexander Wahls, denen man wünschen möchte, daß sie in einen architektonischen Verband einbezogen würden; Walter Ritter sucht seine Vorbilder in weiterer Ferne, in der archaischen Kunst und den Bildwerken der Primitiven. Man wird ihm’ zu- billigen, daß er zu interessanten, wenn auch, noch nicht zu vollbefriedigenden Ergebnissen kommt.

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