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Neues von Picasso

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Die Ausstellung in der A1 b e r t i n a, die die Linolschnitte zeigt, die Pablo Picasso in den letzten drei Jahren anfertigte, ist sicher die bedeutendste, die augenblicklich in Wien zu sehen ist. Es ist unwahrscheinlich, was der große Spanier auch diesem Material abgewonnen hat durch seine eminente Gabe, sich Techniken fügsam zu machen und seinem künstlerischen Willen zu unterwerfen. Die meist großen Blätter ordnen sich in verschiedene Gruppen, deren Themen aus seinem bisherigen Werk bereits geläufig sind: Bacchanale in bukolischer Farbigkeit und Heiterkeit, Aktkompositionen, Bildnisse, Stierkampfszenen und eine Umformung des Frauenbildnisses von Lucas Cranach d. J., dessen Vorbild im Kunsthistorischen Museum hängt. Die formale Spannweite umfaßt dabei ebenso die Wiedergabe von Strichzeichnungen im Linolschnitt wie die ornamental flächenhafte Gestaltung, wobei die verschiedensten Stilelemente aus Picassos Entwicklung, manchmal sogar in einem Blatt zusammengefaßt, auftreten. Sie reichen von der realistischen und stilisierten Gestaltung bis zur räumlichen Um- und Neuformung, von der atmosphärischen Wiedergabe des Sujets bis zur Reduktion auf ein immer noch auf das Objekt und den Raum bezogenes Zeichen, wobei manchmal metamorphotische Verwandlungen auftreten. Selbstverständlich ist bei einer so immensen Produktion der Rang der Blätter nicht stets hochwertig, aber meist beweist Picasso, der erst vorige Woche seinen 79. Geburtstag feierte, daß weder sein virtuoses Können noch sein erfinderischer Geist im Alter erlahmt sind. Es war eine ausgezeichnete Idee, die' Stierkampfblätter Picassos mit der großartigen Serie der „Tauromachie“ von Goya zu konfrontieren. Diese herrlichen Blätter zeigen allerdings eindeutig die Grenzen auf, denen ein bestimmter Aspekt des Picassoschen Werkes unterworfen ist. Was bei Picasso virtuos, geistreich und artistisch gelöst ist, erhält bei Goya noch magische Qualitäten. Es liegt nicht allein am geheimnisvollen Raum, der Goyas Gestalten umgibt, vielleicht daran, daß Picassos Gestalten meist jenseits von Gut und Böse stehen, während sie bei Goya als Akteure eines Dramas in Erscheinung treten, das größer als sie selber ist und aus geheimnisvollen Tiefen gespeist wird. Neben der profunden menschlichen und künstlerischen Wahrheit Goyas verblassen viele der Divertimenti seines genialischen Nachfahren.

In der etwas wahllos zusammengestellten und ausgewählten Schau, die Therese Schütz-Lein-fellner in der Staatsdruckerei zeigt, spricht sich mehr ein Temperament als eine künstlerische Sicht aus. Die Arbeiten sind impulsiv, ohne Rücksicht auf handwerkliche und formale Durchbildung, angelegt, einige Graphiken erregen eher Anteilnahme.

Interessant in ihrer puritanischen Konsequenz sind die Strukturmodelle und die von ihren räumlichen Konfigurationen inspirierten Graphiken, die der Innenarchitekt Peter P e r z in der Galerie „Junge Generation“ am Börseplatz ausstellt. In den Strukturmodellen entstehen, allerdings auf mechanistischem Weg, subtile Raumgliederungen, die durch das Prinzip der Wiederholung auch rhythmische Dynamik frei werden lassen. Die Graphiken, am reinsten dort, wo sie auf die Farbe verzichten, sind mit Zuhilfenahme von Rastern und Walzen gearbeitet und bilden wie die Strukturen dekorative Formmuster, die einem von dadaistischem Geist beeinflußten Spieltrieb entstammen.

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