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Österreich in der Kölner Ausstellung für christliche Kunst

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Im Rahmen der Veranstaltungen zur 700-Jahr-Feier des Kölner Domes bietet die altehrwürdige Stadt am Rhein zwei bedeutsame Ausstellungen. Sie stehen äußerlich, das heißt räumlich und zeitlich, in erheblichem Abstand voneinander, innerlich aber in unlöslichem Zusammenhang. Die eine Ausstellung entfaltet die reiche „Kunst der Gotik“, eine an Umfang kleine, im Gehalt jedocHerlesene Sammlung von Kostbarkeiten aus den gesättigten Schatzkammern Kölner Kirchen und,Museen, aber auch aus dem Besitz vieler anderer rheinischer Dome und Kunsthallen. Nahezu 200 Kunstwerke aus dem Zeitraum von 1200 bis 1400: Plastiken, Gemälde, Goldschmiedearbeiten, Gewebe und Schnitzereien, stellen beredte Zeugnisse der rheinischen Kunst • einer Zeit dar, die in tiefgreifender Wandlung der religiösen Schau von der trächtigen spätromanischen Tradition her sich durchrang zur übernationalen, abendländischen Sprache der Gotik. Mystik und Scholastik wirkten zusammen an der Entwicklung der Bau- und Bildformen, die in kühnem Wagnis vorstieß zur neuen Rückverbindung von Himmel und Erde, Mensch und Gott. Die Ausstellung möchte verdeutlichen, daß alle, wesentliche Kunst allein aus geistigem Umbruch sich .entwickelte und des Ringens wie auch des Wagnisses bedarf!

Damit will „Gotische Kunst“ gleichsam die Parallele ziehen zwischen dem revolutionierenden Aufbruch im 13 Jahrhundert und :'in unserer. Zęitį. in der -abermals' aus völliger Wandlung auch des religiösen Schauens neue künstlerische Deutungen sich erheben. Mit anderen Worten: „Gotische Kunst“ bildet die Grundlage zur großen internationalen Ausstellung „Christliche Kunst der Gegenwart“, zu der neben England, Frankreich, Schweden, der Schweiz auch Österreich Entscheidendes beisteuerte. Der englische Beitrag will nicht als repräsentativ und verbindlich angesehen werden; die Veranstalter wollen wissen, daß die Kollektion in undienlicher Eile zusammengetragen wurde. Weit mehr bekunden die wertvollen, fesselnden Beiträge Frankreichs und der Schweiz, daß das Suchen nach neuem Ausdruck religiöser Gesinnung allen lebendigen Kräften der europäischen Völker gemeinsam ist. Die wohlgeordnete schwedische Abteilung veranschaulicht strenge Traditionsgebundenheit, die jedoch der überraschenden, beschwingten Elemente nicht

Der deutsche Anteil, den verschiedenen Landschaften zwar entnommen, trägt dennoch eine lebhafte rheinische Note. Von den gewaltigen Großtaten der neueren kirchlichen Kunst, den Fenstern Jan Thorn-Prikkers bis zu den wuchtigen Plastiken Ernst Barlachs, von den Schöpfungen Dominikus Böhms bis zu den ergreifenden Werken eines Nolde und Christian Rohlfs springen die geistigen Spannungen hinweg über die vielen und vielgestaltigen Werke der Jüngeren und Jungen in Malerei und Plastik. Kultgerät und Kultgewandung fügen sich ein. Selbst eine Werkhütte, in der alle von einer Gemeinschaft geschaffenen Teile kirchlicher Kunst sich zum Ganzen verbinden, und ein moderner Kirchenraum sind einbezogen in die Ausstellung.

Österreich beschied sich mit einer vorzüglichen Probe seiner hervorragendsten Meister. Die Jury, gebildet von Dr. Otto Bencsch, Herbert Boeckl, Otto Mauer und Prof. Dr. Alfred Stix, wählte mit kundigem Blick das Wesentliche österreichischer Kunst. Herbert Boeckl, Rudolf Szyszkowitz, Werner Augustiner, Margarete Bilder, Leopold Bir- stinger, Hans Fronius, Carry Hauser, Elfriede StarkJPetrasch, Elisabeth Stemberger, Hubert Tuttner: mit jedem Namen verbindet sich starke persönliche Eigenart. Jedeiner verfügt über sein eigenwüchsiges geistiges Temperament, seine markante künstlerische Handschrift. Von diesen etwa 40 Bildern, die in den verschiedensten Techniken gearbeitet sind, geht eine überaus anziehende Wirkung aus. .Und wenn irgendwo, so findet der Betrachter hier auf kleinem Raum eine sehr aufrüttelnde und zugleich ermutigende Überschau über das ernste Suchen des modernen Menschen nach persönlichem Bekenntnis und nach allgemeingültigen Sinnbildern des Gotteslobes. Darüber hinaus aber geht von diesen Bildern der starke Anruf zur Besinnung und Wandlung, das unüberhörbare „Metanoeite“ aus. Das Wort Jean Cocteaus: „Die Kunst für Gott“, wird abgewandelt zu missionarischem Dienst: die Kunst will den Menschen der Moderne für Gott gewinnen. Das ist ein Wagnis, aber eben dieses Wagnis der gegenwärtigen christlichen Kunst erfüllt mit tiefster Ehrfurcht; denn es wird mit unerbittlichem Ernst und rückhaltloser Hingabe unternommen. Und eben davon legt der Beitrag Österreichs erschütternd Zeugnis.

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