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Picassos Schenkung

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Viele von Spaniens großen Männern, die in der Fremde das für ihr Schaffen unerläßliche freiheitliche Klima fanden, gedenken bei der Bilanzziehung ihrer Heimat. Pablo Ruiz Picasso bildet keine Ausnahme. 900 seiner Zeichnungen, Skizzen, Graphiken und Ölgemälde hat er dem Museum in Bacelona, dem ehemaligen Palast des Herzogs von Berenguer, vermacht.

Diese Sammlung, die sich bisher im Hause seiner dortigen Familienangehörigen befand, ist während seiner Barceloneser Zeit entstanden. Picasso, der mit 14 Jahren in Kataloniens Hauptstadt kam, stellte dort erstmalig im „Hostal dels Cuatre Gats“ aus und veröffentlichte seine ersten Zeichnungen in der Zeitschrift „Juventut“. Seine Jahre in Barcelona gehören zu seiner schaffensreichsten Zeit. Fast täglich entstand ein Bild. Er wechselte von seiner klassischen Epoche, der die zur Schenkung gehörenden Bilder „Wissenschaft und christliche Nächstenliebe“ und „Die erste Kommunion“ entstammen, zum Pointillis-mus und schließlich zum Kubismus.

1917, während eines letzten längeren Aufenthaltes in Barcelona, beginnt die Geschichte dessen, was heute das größte öffentliche Picasso-Museum der Welt ist. In diesem Jahr lernt er den katatonischen Dich r Sabater kennen, der sein engster Freund und später sein Sekretär wird. Als Srbater, dem Picasso 48 seiner Werke geschenkt hatte — darunter Skizzen zu den „Meninas“ — starb, wollte er vermeiden, daß sie verstreut werden und schenkte sie dem Picasso-Museum im Barrio Götico Barcelonas. An die 100 Bilder hatte der Meister selbst der Stadt mit der Bedingung einer Museumsgründung vermacht.

Wahrscheinlich wird er einmal auch die 4000 in seinem Privatbesitz befindlichen Werke der Stadt Barcelona, der Wiege seines künstlerischen Schaffens, schenken. Diese Bilder, unter denen sich die besten Zeugnisse seiner genialen Ausdruckskraft befinden, werden auf 600 Millionen Dollar geschätzt. Hinzu kommen Keramiken, Schmiedearbeiten und Skulpturen, kurz, das ganze Vermächtnis des Giganten.

Mit Freude und Stolz, aber auch mit einiger Bitterkeit wurde seine Schenkung in Spanien registriert. Denn Barcelona und nicht dem spanischen Staat gilt sie. Picasso, dessen im Auftrag der republikanischen Regierung gemaltes und in New York aufbewahrtes Wandgemälde „Guernica“ der bildgewordene Protestschrei gegen die Bombardierung einer wehrlosen Stadt durch Hitlers „Legion Condor“ ist, der dia „Friedenstaube“ im Auftrag der Sowjetunion schuf und dessen größte öffentliche Sammlung von 31 Bildern die Moskauer Hermitage besitzt, söhnt sich nicht mit dem spanischen Regime aus. Vor wenigen Jahren formulierte er seine noch heute gültige Einstellung: „Ich bin immer mehr Spanier und immer mehr Antifranquist.“

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