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Rund um die Sezession

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Sehenswerte Ergänzung zu den offiziellen Klimt- und Schiele-Ausstellungen liefert die Galerie Nebe- hay, die Zeichnungen der beiden Künstler mit einer ergänzenden Dokumentation ausstellt. Egon Schiele ist dabei mit einem frühen Ölbild aus dem Jahre 1907 und Blättern des Jahres 1909 vertreten, während die Zeichnungen Klimts aus allen Perioden seines Schaffens stammen.

Eine originelle popige Lösung hat sich Oswald Oberhuber für die Ausstellung „Sezession ‘68” einfallen lassen, indem er die Bilder dieser Bestandsaufnahme gleichsam an Wäscheleinen über- und untereinander, quer durch den Raum hängte. Während bei diesem „extra-dry”- Trockenprozeß das einzelne Bild kaum zu kurz kommt, weil manche glücklich hoch über dem Boden hängen, leidet die Plastik doch sehr unter einer Anordnung, die sich auf einen Haufen zusammendrängt und in dem sie wie bestellt und nicht abgeholt aussieht. In dieser Show, die alle Generationen und Richtungen, die sich in der Sezession zusammenfinden, vereint, hängt und steht das Gute neben dem Schlechten, Bedeutendes neben Unbedeutendem. Der Besucher kann sich selbst seinen Reim darauf machen. Von Avrami- dis über Bertoni, Pilihofer bis Wotruba sind alle ihre Bildhauer, von Aduatz über Eckert, Eisler, Mikl bis Grete Yppen, sind alle ihre Maler und einige Gäste in ihr vertreten. Eine eingehende Kritik dieser äußerst bunten Ausstellung würde den vorhandenen Raum und die Geduld des Lesers über Gebühr beanspruchen; so kann man nur raten hinzugehen, sie anzusehen und zu diskutieren.

In der Zentralbuchhandlung stellt der urwüchsige Schwabe HAP Grieshaber aus. 40 Farbholzschnitte nach den Figuren und Dialogen des „Totentanzes von Basel”, Monumentalgemälden an der Kirchhofsmauer des Basler Dominikanerklosters, die 1805 zerstört wurden. Grieshaber ist ein ausgezeichneter Techniker und doch wird man bei diesem Werk, das ihn viele Mühe gekostet haben muß, nicht ganz glücklich. Manches Blatt wirkt unsauber gedruckt, die Formen sind nicht immer überzeugend und die Farbigkeit — meist zü ästhetisch und süß — mindert den Impakt, den gerade dieses Thema haben müßte. Daher wirkt auch ein fast reines Schwarzweißblatt wie die „Kaiserin” fast am stärksten, und der Entschluß Grieshabers auch eine Schwarzweißversion zu schaffen, die im Herbst als Buch erscheinen eoll, kann nur begrüßt werden. Weiter drängt sich bei dieser Serie die Überlegung auf, ob die alten Figurinen des Totentanzes heute noch eine Berechtigung haben. Sie sind zum größten Teil mit der alten Gesellschaftsordnung zugrunde gegangen und ergreifen uns nicht mehr. Eine wirklich gültige zeitgemäße Formulierung des Totentanzes, zu der Grieshaber ohne Zweifel fähig wäre, müßte an ihre Stelle die Vertreter unserer heutigen Ordnung oder Unordnung setzen.

In der „Kleinen Galerie” in der Neudeggergasse zeigt die begabte Inge Vavra „Graphiken über’n Gspöttgraben”, einen Steinbruch bei Sievering, dem sie 15 Zeichnungen und Radierungen großen Formates gewidmet hat. Der enge Ausschnitt behindert in ihnen die räumliche Entfaltung, an deren Stelle nun die Struktur betont wird. Diese Arbeiten sind dekorativer und unruhiger als jene, die sie vor einiger Zeit in Wien gezeigt hat. In ihrem gärenden Drängen kündigen sie etwas Neues an, das sich erst entfalten muß, hoffentlich ohne Form und Raum zu vernachlässigen. Hervorzuheben sind unter den Radierungen die Blätter I und VI unter den Zeichnungen XI und XIII.

In der danebenliegenden Dependance hat die „Kleine Galerie” eine Leistung besonderer Art vollbracht. Dem 50. Todestag von Otto Wagner widmet sie eine kleine, liebevolle dokumentarische Ausstellung, deren Tatsache allein die offiziellen Stellen vor Scham erblassen lassen müßte. Hier wird Volksbildung tatsächlich und mit den geringsten Mitteln betrieben und aus wirklicher Liebe und Verantwortung der Tradition und. dem Neuen gegenüber gehandelt.

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