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Salzburg: Lust auf Buder

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Erst kürzlich ergab eine Umfrage, daß Salzburg-Besucher - unerwarteterweise - auch großes Interesse an Ausstellungen haben.

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Erst kürzlich ergab eine Umfrage, daß Salzburg-Besucher - unerwarteterweise - auch großes Interesse an Ausstellungen haben.

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Eine bemerkenswerte Zahl höchst festspielwürdiger Ausstellungen trägt heuer diesem Interesse Rechnung, wie sie vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen wären.

Noch bis 4. Sept ember bietet das Rupertinum unter dem Titel „Die Erfindung der Natur“ 200 Spitzenwerke der surrealistischen Malerei und Graphik. Ausgehend von den 34 Frottagen „Histoire Naturelle“ von Max Ernst aus dem Jahr 1926 ver-* folgt die aus dem Sprengel Museum in Hannover übernommene Schau das Ziel aufzuzeigen, wie surrealistische Künstler wie Max Ernst, Paul Klee, Andre Masson, Victor Brauner, Jean Dubuffet, Ives Tanguy, Meret Oppenheim, Hans Arp oder Juan Miro auf ihre Weise die „Ordnung der Natur“ und die Wissenschaftsgläubigkeit der Menschen unterlaufen haben.

Federzeichnungen fantastischer Insekten von Klee, pseudowissenschaftliche Biologieblätter von Max Ernst oder dessen ,,Wald“(1927), auf dem ein blauer Sonnenball über einem Spitzenvorhang von Wald schwebt, sind zu bewundern. Victor Brauners Werk „Ohne Titel“ (1929) zeigt eine menschliche Rückenansicht, deren Bein in einer Schlange, deren Arme als Pflanzen enden. Hans Arps aggressives „Vogelske lett“ aus Bronze (1947) oder Richard Oelzes „Baumtraum“ (1948/49), auf dem Holzformationen aus einer Art Urmeer ragen und zuweilen menschenähnliche Gesichter tragen, Dubuffets „Blühende Erde“ (1959), auf der geklebte, zugeschnittene Pflanzenteile ein wirres Konglomerat pflanzlichen Wachstums veranschaulichen, sind weitere Höhepunkte der Ausstellung.

Meret Oppenheim hat aus Schiefer auf ölbemaltem Holz einen „Toten Falter“ (1946) und Wols Champignons, Kaninchenköpfe oder Rochen detailgenau fotografisch festgehalten.

In ganz andere Welten entführen zwei kleine „Antikriegs-Ausstellungen“ ebenfalls im Rupertinum. Bis 23. Oktober sind dort Henry Moores „Shelter Drawings“ in einer Auswahl von 75 Zeichnungen erstmals in Österreich präsent. In den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs suchte der englische Bildhauer - wie viele seiner Landsleute - in den Londoner U-Bahnschachten Zuflucht vor den deutschen Bombern. Anrührende Skizzen in Feder oder Tusche, teilweise aquarelliert, geben die Verzweiflungssituation von Frauen mit Kindern, Paaren, Einzelpersonen, in Decken gehüllt, liegend, sitzend, schlafend zum Greifen nah wieder.

Und schließlich nehmen im Rupertinum noch 34 Farblithografien Max Ernsts zur „Ballade vom Soldaten“ von Georges Ribemont-Des- saignes die Phänomene des Soldatenlebens höchst kritisch aufs Korn. (Bis 18. September).

Eine Ausstellung gemeinsam mit den Salzburger Festspielen hat Galerist Thaddaeus Ropac in Zusammenarbeit mit der Guggenheim Foundation organisiert: Im Schüttkasten neben dem Festspielhaus, in der Max- Gandolph-Bibliothek der Neuen Residenz (einem besonders reizvollen Ausstellungsort) und in der eigenen Galerie zeigt er unter dem Titel „German Art“ Aspekte deutschen Kunstschaffens von 1964 bis 1994. In der bis 31. August zu sehenden Ausstellung sind verschiedene Traditionen deutscher Kunst zu sehen: Georg Baselitz, Joseph Beuys, Jörg Immendorff, Anselm Kiefer, Marcus Lü- pertz, A. R.Penck, Sigmar Pelke und Gerhard Richter sind sowohl mit Arbeiten aus den sechziger/siebziger Jahren vertreten, wie auch mit aktuellen, eigens für die Salzburger Ausstellung geschaffenen Werken. Blinky Palermo, Imi Knöbel und Wolfgang Laib stehen mit ihren zum Teil der Minimal Art oder der Konzeptkunst nahestehenden Arbeiten für die spätere Generation.

Baselitz’ beeindruckend gemalte bunte Köpfe, Lüpertz’ fröhlich farbige Holzskulptur des „Pierrot Lunai- re“ (1984), Pencks an Höhlenzeichnungen gemahnende großformatige Strichmännchen-Bilder oder auf ein signifikantes Formenvokabular reduzierte Holzplastiken, Richters weißschimmernde „Alpen“ (1969), Polkes Rasterbilder oder Immendorffs plakative „Milde Sorte“ (1964) geben neben Beuys-,,Vitri- nen“oder -Skizzenblättern ein breites Spektrum wieder, zu dem wohl jeder individuell Zugang finden muß.

Daß diese Initiative auf dem Hintergrund der aktuellen kulturpolitischen Diskussion „Guggenheim in Salzburg“ zu sehen ist, steht außer Zweifel.

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