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Salzburger Maler
Salzburg besitzt eine Anzahl ausgezeichneter Maler, deren Kunst sich freilich zusammenfassend schwerer charakterisieren läßt als die anderer österreichischer Malergruppen. Denn di Salzburger sind durchwegs Individualisten, Einzelgänger, die ihre Malerei von den Kunstströmungen unserer Zeit eher absondern als mit ihnen vereinigen wollen. Versucht man dennoch, an ihren Bildern etwas Gemeinsames oder doch etwas spezifisch Salzburgisches festzustellen, so wird man sagen müssen, daß fast alle diese Maler mehr der sinnlichen Erfassung der Welt, der Natur und des Dinglichen hingegeben sind als der Spekulation oder der Lust am Problematischen — und daß viele von ihnen der Heiterkeit und der Eleganz, diesen guten Ortsgeistem der Salzachstadt, verständnisvoll zugetan sind.
Die bewunderungswürdige Zeichenkunst Anton Steinharts, des Nestors der Salzburger Künstler, konnte im vergangenen Jahr in einer großen Ausstellung der Wiener Albertina studiert werden; man sah die Arbeit einer Rohr- feder, die so empfindlich ist, daß sie gleichsam von dem Luftdruck reguliert wird, der jeweils auf der Landschaft oder den Gegenständen liegt, welche der Zeichner vor sich hat. Indessen ist Anton Steinhärt auch ein Maler bedeutenden Ranges; die Nervosität des Graphikers, die jede feinste Nuance aufzuzeichnen imstande ist, erscheint in seinen Ölbildern — auch sie zumeist Landschaften — als manchmal unbeherrschtes, immer aber kraftvolles Temperament, das sich in starken Farbspielen äußert. Das ein oder andere Bild Anton Steinharts, eine Wach- auer Landschaft etwa, wird man zu den besten Leistungen der österreichischen Malerei dieser Jahre rechnen müssen.
Was für Steinhart die Landschaft ist, sind für Eduard B ä u m e r die Blumen. Immer wieder entdeckt er, in öl oder Aquarell, dieses Thema neu, immer wieder weiß er ihm neu Schönheiten zu entlocken. Daneben stehen einige Landschaften und viele prächtige Zeichnungen — all das unbewegt freundlich und von einer mühelosen Eleganz, die keineswegs an der Oberfläche sitzt. Vor den Blättern und Leinwänden Bäumers spürt man etwas vom Geiste Faistauers und seiner Lieb zur lebendigen Form.
Wahrscheinlich kann nur Salzburg solch heiteres Phänomen hervorbringen, wie es die Malerei Agnes Muthspiels ist, von welcher Künstlerin man füglich sagen dürfte, daß sie malt, wie ein Vogel singt. Eine Autodidaktin, die fast ohne Anstrengung ein Bild nach dem anderen malt, eines liebenswürdiger als das andere, so als ob Malen wie Sprechen oder Lachen eine natürliche Lebensäußerung wäre. Angesichts dieser kleinen, kindlich-vergnügten Interieurs, Stilleben oder Landschaften bleibt die Kritik stumm. Sie verzichtet darauf, die Verwandtschaft mit modernen Franzosen zu untersuchen — sie wundert und freut sich.
Slavi S o u c e k teilt mit seinen Kollegen die Sorgfalt, die er dem Formalen in seinen Bildern, ihrer Komposition zuwendet, und die Geschmacksicherheit, mit der er seine Palette ordnet — aber er unterscheidet sich von ihnen zugleich durch einen stärkeren Intellekt. Die Voraussetzungen, von denen seine Arbeit ausgeht, sind komplizierter, er kennt die Methodik des Surrealismus oder eines magischen Realismus. Er selbst setzt seinem Schaffen gewisse Grenzen; das Feld, das er bestellt, ist nicht allzu groß, aber es blüht auf ihm reich und vielfältig. Soucek weiß die Reize des Bizarren zu schätzen, aber was immer er macht — es ist interessant und beachtenswert.
Als der Letzte und nicht Geringste sei Herbert Breiter genannt, der freilich aus der Reihe der Salzburger Maler einigermaßen herausfällt, teils weil er der jüngste, teils weil er ein ausgesprochener Grübler ist, der es sich und seiner Malerei nach Kräften schwer macht. Stets nach Zusammenhängen und Beziehungen zwischen den Dingen suchend, überlegt er jeden Pinselstrich dreimal, eh er ihn hinsetzt. Wirzählen ihn in jeder Hinsicht zu den stärksten
Begabungen der jüngeren österreichischen Malergeneraeion.
Salzburg darf sich der Künstlergruppe in seinen Mauern rühmen, die durchaus großstädtisches Format besitzt und doch dem Boden, dem sie entwachsen ist, eng verbunden bleibt.
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