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Schätze aus Österreichs Klöstern

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Die Osterreichische Kulturvereinigung hat anläßlich der Kulturtage christlichen Geistes im Kunstgewerbemuseum am Stubenring eine Ausstellung „Große Kunst aus österreichischen Klöstern“ zusammengetragen, die vollkommen und einzigartig ist. Einzigartig, weil niemals noch die geheiligten und sorgfältig gehüteten Schätze der Klöster unseres Landes in solcher Fülle nebeneinandergestellt wurden; mehr als zwanzig der großen Stifte und Mnasterien hahen in höchst dankenswerter Weise zu dieser macht-und prachtvollen Manifestation des lebendigen, christlichen, europäischen Geistes beigetragen. Lebendig? Ja doch, denn was hier zu sehen ist, ist nicht nur so kostbar, sondern auch so wirksam wie am ersten Tag; denn —i von den Stücken aus den Museen abgesehen — vor diesen Madonnen werden noch Gebete verrichtet, diese Vortragskreuze gehen heute noch vor den Prozessionen einher und diese Kelche dienen heute noch feiertäglichen Gottesdiensten . . . Nichts, auch die Jahrhunderte nicht, haben sie vom Leben abzulösen vermocht.

Und europäisch? Ein Wiener Gelehrter, Dr. Johannes Fuchs, hat 1499 in Brüssel einen Gobelin für eine Wiener Kirche und zu Ehren des österreichischen Heiligen Leopold bestellt; er schmückt in unverblaßter Schönheit den Chor der Kirche von Heiligenkreuz. Ein Kelch, den Klosterneuburg besitzt, stammt aus der Zeit von 1500 und aus Siebenbürgen, wo deutsche Goldschmiede die byzantinische Technik des Zellenemails pflegten. Und wieder aus Klosterneuburg kommen die Emailreliquienkästchen, die um 1200 in Limoges gearbeitet wurden — und danehen, die Casula aus St. Paul mit der gestickten Legende des heiligen Nikolaus aus dem 13. Jahrhundert, sie ist oberrheinisdie Arbeit. Da das Tafelbild einer Verkündigung, einem Meister von Heiligenkreuz um 1405 zugeschrieben, der wahrscheinlich ein französischer Zisterzienser war, der in Österreich den Einfluß Wiener und böhmischer Stilelemente' mit der aus seiner Heimat mitgebrachten Kunst vereinigte. Und all die anderen Bilder, Reliquiare und Schriften, in denen Niederländisches, Französisches, Böhmisches, Italienisches und Süddeutsches märchenhafte Legierungen einging, Erinnerungen an Rom und Byzanz, Berührungen mit dem Morgenland sichtbar wurden! Ein Europa der unaufhörlichen Erneuerungen und unablässigen Fruchtbarkeit, der Begegnungen und der Spiritualität, ein Europa ohne Grenzen, bewiesen durch Schätze aus den Gewölben österreichischer Klöster — hier ist es zu erkennen.

Die Ausstellung gliedert sldi in drei Räumen — einer ist den Bildern und Plastiken vorbehalten und wird von dem mehr als monumentalen Astkruzifix der Dominikanerkirche in Friesach beherrscht, dem Werk eines unbekannten Salzburgers um 1300. Was sollte man sonst nodi mit Namen nennen? Die Admonter Madonna? Das Vesperbild des Meisters von Groß-Lobming, die Mariazeller Brunnenmadonna, den adeligen Florian aus Murau? Die Tafelhilder Cranachs, Jörg Breus, Rueland Frgeaufs? Es ist alles in gleichem Maße voller Wert und jenseits kunsthistori-sdier Formulierungen in Worten nicht zu schildern, so wenig wie d;a kirchlichen Ge rate und Inkunabeln im Nebenraum, die kleine Exposition ausgesuchter Zeichnungen und Holzschnitte, welche die Albertina im Oberstock ausgelegt hat.

Man bedauert ein wenig, daß der Fülle der Objekte nicht bedeutend größerer Raum zur Verfügung gestellt werden konnte; aber vielleicht erhöht die dichte Anhäufung edelster Materialien noch ihre Wirkung. Sonst ist, wie immer in diesem Museum, die Ausstellungsgestaltung — sie ist dem Architekten Fellhof e r anzurechnen — mustergültig und im besten Sinne des Wortes modern. Würdig einer Exposition von europäischem Rang.

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