Schifffahrt auf der Donau Stetig im Fluss

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Stromaufwärts, strombabwärts. Die Schifffahrt auf der Donau hat hierzulande eine lange Tradition. Jetzt hat sie auch eine eigene Ausstellung.

Radfahrer, die vor allem lange und malerische Routen bevorzugen, kennen die Strecke entlang der Donau von Passau nach Wien. Wer dabei durch die Wachau radelt, sollte das Schifffahrtsmuseum Spitz besuchen, schließlich nutzt der Donauradweg über weite Strecken die alte Trasse des Treppelweges, auf dem einst lange Pferdezüge die Schiffe stromaufwärts schleppten. Die Wiener Roßauer Lände hat im Übrigen ihren Namen von den Schiffspferden, für die sich hier Weideplätze und Schwemmen befanden.

Spitz an der Donau, zwischen Dürnstein und Willendorf gelegen, ist in jüngster Zeit wegen eines Kriminalfalles in die Medien geraten. Der hübsche kleine Ort hat jedoch viel zu bieten. Wein natürlich, Marillen und, etwas abgerückt vom Ortszentrum, das Schloss Erlahof, seit dem 13. Jahrhundert der Lesehof des bayerischen Benediktinerstifts Niederaltaich. Da die geistlichen Herren das Wirtschaftsgebäude als Sommersitz nutzten, wurde es immer wieder adaptiert und umgebaut. Die Stuckarbeiten und Portallaibungen atmen den Geist des katholischen Hochbarock, während im Gewölbe des Erdgeschoßes eine Weinkelleratmosphäre geblieben ist. Die bei einer Generalsanierung des Gebäudes freigelegten mittelalterliche Fresken zeigen die Bedeutung der Lesehöfe quer durch die Jahrhunderte.

Hier im Erlahof ist seit 1970 das Schifffahrtsmuseum untergebracht, das die historische Donau-Schifffahrt mit Modellen und Fundstücken anschaulich erlebbar macht. Ausgangspunkt des einzigartigen Museums war die Sammlung Otto Meißingers, der einer Spitzer Holzhändlerfamilie entstammte, und die Kooperation mit dem Modellbaumeister Kurt Schaefer aus Preßbaum, der seit vielen Jahrzehnten für das Museum historische Modelle mit wissenschaftlicher Akribie und handwerklicher Meisterschaft anfertigt. Da alle Modelle im Maßstab 1:20 gebaut sind, bekommt man ein gutes Gefühl für die realen Größenverhältnisse. Trotzdem ist eine kundige Führung durch Sammlungsleiter Reinhold Nothnagl empfehlenswert. Obmann des Museumsvereins war übrigens bis zu seinem Tod der langjährige Chefredakteur der Furche, Kurt Skalnik.

Vergessenes Handwerk

Empfangen wird der Besucher von einem spektakulären Fund aus dem Jahr 1975: Bei Baggerarbeiten für das Kraftwerk Altenwörth wurden Reste eines Schiffswracks geborgen; es dürfte um 1810 gesunken sein und ist damit der ältesten Schiffsfund der oberen Donau. Das mächtige Objekt ist ein guter Einstieg in das Thema des Holztransportes auf der Donau, denn diese Schiffe waren nicht für eine lange Lebenszeit gebaut. Sie mussten ständig ausgebessert werden und nutzten rasch ab. Die maximale Lebensdauer betrug vier bis fünf Jahre. Die Schiffe wurden meist samt der Ladung weiterverkauft und gingen am Ende um den Holzpreis an den Plättenschinder. War die "Naufahrt" stromabwärts wegen der Strömungen und Strudel gefährlich, durch welche die schwer lenkbaren und üppig beladenen Schiffe zu manövrieren waren, schien der mühsame "Gegenzug" stromaufwärts oft nicht mehr rentabel. Wie so ein Gegenzug mit bis zu 60 Pferden funktionierte - mit eigenen Booten, die die Last der Seile trugen -, ist nicht nur an einem Modell zu sehen, ein Zufallsfund bescherte dem Museum auch das originale Geschirr der Schiffspferde.

Was auf den Donauschiffen alles transportiert wurde und wie die zeitgenössischen Verpackungen aussahen, ist am Marktplatz des Museums zu sehen: Salz, Wein, Holz, Eisenwaren, aber natürlich auch Obst und Gemüse für die Versorgung der Großstädte.

In der nachgebauten "Schopperwerkstatt" ist zu sehen, wie die Ritzen zwischen den Planken mit Spezialwerkzeugen und Moos abgedichtet wurden. Die alte Schifffahrt hat mit Handwerkskünsten zu tun, die heute nahezu ausgestorben sind - wie die Seiler. Die Schiffsleute waren eine eigene Zunft, und Tischzeichen wie Zunftstangen sind im Prälatensaal des Erlahofes ebenso zu sehen wie eine barocke Tragorgel der Schiffsleute zu Spitz aus dem Jahr 1797.

Die Spitzer Flößer und Holzhändler waren wohlhabend, wie sich an der Spitzer Pfarrkirche zeigt: Sie stifteten 1744 das von Ferdinand Morii aus Spitz gemalte Altarbild des Heiligen Nikolaus von Myra: Wie auf einer Woge scheint er über der Donau bei Spitz zu schweben, den Blick in Kapitänsmanier kühn in die Ferne gerichtet.

Majestäten zu Wasser

Abgesehen von der Handelsschifffahrt wurde 1696 erstmals ein regelmäßiger Personenverkehr von Bayern nach Wien eingerichtet, die so genannten Ordinari-Schiffe, hierzulande auch Ulmer Schachteln genannt, was die Ulmer nicht gern hörten. Die Ulmer Schachtel hatte wie alle Donauschiffe einen flachen Boden, war etwa 25 Meter lang und bis vier Meter breit; charakteristisch sind die schräg eingebrannten schwarzen Hochstreifen, deren Bedeutung bis heute nicht enträtselt ist. In der Mitte des Bootes war eine Art Häuschen für die Passagiere aufgesetzt. "Betrieben" wurde die Ulmer Schachtel von vier Ruderern.

Das letzte Ordinari-Schiff fuhr 1897 nach Wien, allerdings verkehrten bereits seit 1837 auch Dampfschiffe. Ein Augenzeugenbericht einer Fahrt mit der Ulmer Schachtel vom 8. September 1716 stammt von Lady Mary Montagu, die über die "vollkommen anmuthige Reise" in einem der kleinen Donauschiffe schrieb:

Wir reisten von Regensburg zu Wasser in angenehmer Fahrt die Donau abwärts, in einem dieser kleinen Schiffe, die man bezeichnenderweise hölzerne Häuser nennt; sie bieten alle Bequemlichkeiten eines Palastes, Öfen in den Räumen, Küchen etc. … die Ufer der Donau sind bezaubernd abwechslungsreich, mit Wäldern, Felsen, Weinbergen, Kornfeldern, großen Städten und Ruinen alter Schlösser.

Dieser Reisebericht ist im Museum nicht vorhanden, aber dafür ein originalgetreues Modell und der Nachbau eines dieser "hölzernen Häuser". Recht bequem sieht es nicht aus, wenn man bedenkt, dass eine Reise von Ulm bis Wien im besten Fall eine, bei Schlechtwetter auch bis zu drei Wochen dauern konnte. Kaiserliche und sonstige Hoheiten ließen sich daher eigene Schiffe bauen, die den sprechenden Namen "Leibschiffe" erhielten.

Zu sehen sind im Museum auch zahlreiche Modelle, die die Mühsal der Arbeit in vorindustrieller Zeit zeigen. Wie Regulierungsarbeiten für den Ausbau des Treppelweges vor sich gingen, ist an der Nachbildung eines Arbeitsschiffes aus dem Jahr 1781 zu erfahren. Techniken der Überfuhren sind ebenso zu sehen wie Schiffsmühlen und die Donau-Fregatte "Theresia"; 1768 in Wien gebaut, ist sie ob ihrer mäßigen militärischen Brauchbarkeit eigentlich eine Art früher Beschaffungsskandal.

Das Schifffahrtsmuseum Spitz ist ein Beispiel für die reiche Museumslandschaft in den Bundesländern und fernab der großen Häuser, und ein besonder geglücktes dazu. Es ist bereits geöffnet, und bis 31. Oktober kann man sich davon trefflich überzeugen.

Schifffahrtsmuseum Spitz

Auf der Wehr 21, 3610 Spitz/Donau

Bis 31. 10. tägl. 10-12 u. 14-16 Uhr

Sonn- und Feiertage 10-16 Uhr

www.schifffahrtsmuseum-spitz.at

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