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Schlicht exemplarisch

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Moderne Sakralbauten müssen weder die kahle Nüchternheit von Beton zeigen, noch bunt bemalten Knusperhäuschen gleichen. Wie man solche Extreme vermeidet und statt dessen einen in seiner Schlichtheit exemplarischen Bau schafft, zeigt eine neue Kapelle nahe der oststeirischen Stadt Hartberg. Sie ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Architekten . und Künstler auf dem Fundament eines theologischen Programmes.

Am 24. November, dem Tag der Seligsprechung Pater Gapps, wurde sie geweiht, denn dieser Märtyrer ist einer der Glaubenszeugen, deren man in der Kapelle gedenkt. Penzendorf liegt rund drei Kilometer östlich von Hartberg. Der Name des Ortes war Anlaß für die Wahl des heiligen Bernhard von Aosta als Patron der Kapelle. Der Name „Penzendorf” geht auf den Ortsgründer Bernhard von Tri-xen zurück, denn „Penzo” war damals, um 1122, eine Kurzform für „Bernhard”. Dazu kommt noch, daß dieser heilige Bernhard Schutzpatron der Alpenländer und Bergwanderer ist, und gerade hier, bei Hartberg liegen die östlichen Vorberge der Alpen. Die Kapelle liegt über dem Ort an einem steil aufstrebenden Bergwald.

Die Architekten August Kremnit-zer und Anton Hermann haben den Bau auf die wesentlichen Elemente reduziert: Ein runder Sakralraum mit vorgelagertem Glockenturm, der durch einen überdachten Gang mit der Kapelle verbunden ist. Dieser Turm ist selbst wiederum reduziert zu einer Wand mit einer Aussparung für die Glocke. Für den Vorplatz hat Hans Jandl ein Kreuz als freistehende

Skulptur geschaffen: Auf einem schrägen Metallrohr ragt es goldglänzend zum Himmel. Hans Jandl hat auch den Innenraum künstlerisch gestaltet: Der kreisförmige Grundriß erhält durch die Ausstattung seine Gliederung. Doch das auffallendste Element ist eine Verbindung von Architektur und Natur: Gegenüber dem Eingang unterbricht ein Fenster die Mauer vom Boden bis zur Decke, gibt den Blick auf den Wald frei und kontrastiert Kunst mit Gottes Schöpfung.

Ein einfacher Altar und ein Ambo kennzeichnen die Stirnfront. Beide bestehen aus rotgebeiztem Holz, eine vertikale Rinne, mit Blei ausgelegt, bringt Spannung. Da die Kirche nicht für Meßfeiern gedacht ist, gibt es keinen Tabernakel. Links von diesen Elementen ragt ein Kreuz empor, schräg wie jenes am Eingang. Als einziges schräges Element in der Kapelle betont es die Einzigartigkeit der Erlösung.

Ein abstraktes Altarbild in blauen Farbtönen ist von einer Linie überhöht, welche die Bergkette symbolisiert und auf Bernhard von Aosta verweist. Diesem Heiligen ist aber keine Statue gewidmet, ebensowenig wie den beiden anderen Heiligen und dem seliggesprochenen Pater Gapp. Hier ist man einen ganz neuen Weg gegangen: Heiligenstatuen werden nur richtig gedeutet, wenn man die Ikonographie kennt.

Ein Name aber ist unverwechselbar und untrennbarer Teil der Person. Vier vertikale Holzbalken tragen eingeschnitzt die Namen der Patrone dieser Kapelle: Die heilige Elisabeth von Thüringen als Patronin der Caritas und Schützerin der Alleinstehenden, der heilige Florian als erster Märtyrer Österreichs, und als einer der jüngsten österreichischen Glaubenszeugen Pater Jakob Georg Gapp.

Der Vorname Georg ist in keinem Taufbuch, auf keinem Dokument zu lesen. Gapp selbst verwendete ihn in zwei Briefen, die er aus dem Gefängnis schrieb: Georg der Drachentöter als verschlüsselte Botschaft für den Sieg des I ungerichteten über die Tyrannei. Die Stelen sind mit verschiedenen Farben gekennzeichnet, die Buchstaben in Schriften gestaltet, die sich auf die 1 ß benszeit der Genannten beziehen. Eine Plastik aber gibt es doch in der Kapelle: Eine barocke Maria Immaculata. Auch sie zertritt der Schlange den Kopf, auch sie siegt als demütige Magd über das Böse. Vor dieser Plastik steht ein ebenfalls von Jandl entworfener Leuchter. In einer Spirale sind die Plätze für die Opferkerzen angeordnet. Kein anderer Schmuck stört die geschlossene Harmonie des Raumes, einziges weiteres Element ist die Bestuhlung aus schwarz gebeiztem Holz.

Das angehobene Pultdach wird von sechs Stehern gehalten, der Zwischenraum zur Mauer ist verglast. Im Wechselspiel mit dem durch das hohe Fenster eindringende Licht ergibt sich eine lebendige Atmosphäre, unterstützt durch die im gesamten Raum verwendeten Farben Rot, Blau, Gi üii und sehr sparsam eingesetztes - Gelb. Der Boden aus quadratischen Steinplatten ergänzt in ruhigem Grün die farbliche Wirkung. Verläßt man die Kapelle, fällt der Blick wie tum Abschied auf ovale Formen, welche Boote symbolisieren, drei runde Scheiben als Auffoijderung zur Meditation und eine Vogelsilhouette als Zeichen für Freiheit.

Für die Dorfgemeinschaft ist hier ein geistiger Mittelpunkt geschaffen worden, der bisher gefehlt hat. Wie gern er angenommen wurde, zeigt sich schon in der Finanzierung. Die drei Millionen Baukosten wurden gänzlich von der Gemeinde aufgebracht, teils durch Spenden, teils durch Eigenarbeit. Dreimal täglich wird von nun an die Glocke zum Gebet einladen und zu Andachten rufen.

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