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Schöpferisches Gestalten in Kunst und Kunsthandwerk

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Die Fülle interessanter Kunstausstellungen, die in den letzten Wochen stattfanden und Anlaß zu angeregten Diskussionen boten, berechtigt die Hoffnung, daß wenigstens auf künstlerischem Gebiete ein frischer Luftzug die Dumpfheit, das Unverständnis und den Haß zerstrejt. die auf anderen Gebieten jedes Aufwärtsstreben, jedes reinere Wollen beengen.

Mit Genuß und ehrlicher Freude durchwandert man die Räume des Künstlerhauses, in denen eine geschickt zusammengestellte Schau „Aus der Werkstatt des Künstlers“ einen Einblick in das Werkstattschaffen österreichischer Künstler gewährt, das sonst nur selten weiteren Kreisen der Öffentlichkeit zugänglich ist. Die Ausstellung geht eigentlich über das Thema „Ideen, Skizzen und Studien“ hinaus, da namentlich unter den Graphiken eine große Anzah' über das Skizzenhafte hinüber den letzten Grad der Vollendung erreicht hat also fertige, publikumsreife Werke bietet.

Im allgemeinen schenkt uns diese Ausstellung nicht neue Erkenntnisse, zeigt uns nidit neue künstlerische Wege, führt uns nicht in schöpferisches Neuland, aber sie beweist uns etwas, das nicht minder wertvoll ist: soviel ehrliches Wollen und ein so meisterliches handwerkliches Können, daß sich für die Zukunft vielversprechende Aspekte eröffnen. So mancher Künstler, der bisher im Schatten stand, tritt hier mit einem Oeuvre vor uns, das ihn mit einem Male in die vorderste Reihe rückt. Dies gilt vor allem für Ernst S c h r o m, der in reizvollen Temperastudien, vor allem in technisch hervorragenden, von köstlicher Phantasie erfüllten Märchen- und Totentanzzyklen, stärkste Beachtung erzwingt. Oder man betradite das unscheinbare Blatt Bruno Lauterbachs, eine feinnervige Hand, die einen Bilderrahmen umklammert.geradezu unheimlich lebendig in ihrer zeichnerischen Plastik!

Altmeister Coßmanns Kupferstechkunst ist in ihrer meisterlichen' Vollendung schon längst über Österreichs Grenzen hinaus bekannt, und sein begabter Schüler Hans Kanzoni hat auch schon lange einen ehrenvollen Platz in der Wiener Graphik erobert. Jedes einzelne Blatt verlockt Zu eingehender Betrachtung. Die Gedächtnisschau Emil Borschkes erweckt die schmerzliche Erinnerung an einen feinsinnigen Künstler, dessen Können' sich mit gütigem Menschentum und vornehmer Kunstlerschaft paarte.

Ausstellungsbesprechungen sollen nicht zu bloßen Aufzählungen einzelner Künstler oder einzelner Werke herabsinken, deshalb sei nur ganz kurz auf einige Arbeiten hingewiesen, die beL einem Rundgang ganz besonders unsere Aufmerksamkeit erzwingen. Hierher gehören die prächtigen Fresken-und Gobelinentwürfe des Andri-Schülers Leopold S c h m,i d, die entzückenden, von bestem heimischem Geschmack zeugenden kunstgewerblichen Entwürfe Rudolf Holzingers und die Frühlingslandschaften Harold Reitterers, diese Fanale leuchtender Frühlingsfarben.

Die sportlichen Studien K. M. M a y s, Heinrich Krauses noble, von echtem Können getragene figurale Studien, . die bereits den Rahmen der bloßen Studie sprengen, die in ihrer feinen Koloristik bezwingenden Landschaften P i p a 1 s, die faszinierend lebensechten Tierbilder F a h-r i n g e r s, verschiedene Arbeiten von Gießel, Sedlacek, Leopold Hauer, B a s z e 1, Carlos R i e f e 1 und Beischläge r, sie alle zeigten, daß Österreichs Künstlerschaft den internationalen Wettbewerb erfolgreich aufnehmen. Dieses Aktivum heimischen Kunstschaffens erfährt eine erfreuliche Bereicherung durch einige Proben plastischer Kunst, die vor allem in J. F. Riedl und Moiret zwei liebenswürdige Könner aufzuweisen hat.

Zu guten Erwartungen berechtigt auch die

der Hochschule für angewandte Kunst, die kürzlich in den Räumen des Kunsthandwerkvereines, Kärntnerstraße 15, eröffnet wurde. Hier handelt es sich um ein Gebiet, das im Wiederaufbau Österreichs eine besonders wichtige Rolle zu spielen hat, denn die Geltung Wiens und Österreichs als Mittelpunkte des Kunsthandwerks und der Gesclimacksindustrie hängt vor allem von dem Können unseres kunsthandwerklichen Nachwuchses ab. Glücklicherweise ist der Hochschule für angewandte Kunst der Stock erprobter Lehrkräfte erhalten geblieben, außerdem aber äußert sich in der Jugend ein Begabungsreichtum, der auch die sieben Jahre geistloser Gleichmacherei überwinden konnte, ohne erstickt zu werden.

Die rechte Theaterbesessenheit spricht sich in den zum Teile ausgezeichneten Bühnenentwürfen der Schüler Professor N i e-dermosers aus unter denen Otto L i e-w e h r besonders hervorragt, der ja auch bereits die Neuinszenierung des „Misanthropen“ durchführen konnte. Die Schule, an der einst ein Roller wirkte, wird Wien und der Welt tüchtige Bühnenbildner zu schenken imstande sein.

Die Schule L a r i s c h, die jetzt von Herta Larisch geleitet wird, hat ja internationalen Ruf. Ihr künstlerischer Nachwuchs Verwaltet sorgsam ein wertvolles Erbe mit, wie die Güte der .ausgestellten Schrift-- und Buchkunstproben zeigt. Auch das weite Gebiet der Gebrauchsgraphik zeigt unter Professor K i r n i g s Führung erfreuliche Ansätze und auch schon recht bemerkenswerte Leistungen.

Vielleicht eine der wesentlichsten Aufgaben hat die Schule durch die Heranbildung des künstlerischen Nachwuchses auf dem Gebiete der Mode zu leisten, da es gilt, das Vakuum einer achtjährigen Abschnürung vom internationalen Modeschaffen zu überbrücken. Professor W i m-m e r macht hier den berufenen Führer. Starker ' Ideenreichtum, Erfindungskraft,' Mut zu neuen, aber geschmackvollen Lösungen, farbige Frische und viel Schwung machen sich bemerkbar.

Die Architekturklassen der Professoren H a e r d 11 und Schuster, Professor Witzmann - Klasse für künstlerischen Möbelbau, die Werkstätte für Keramik Professor O b s i eg e r s, in der Powol-n y s Wirken noch immer stark nachklingt, verbinden in ihrer Arbeitsweise die Pflege einer berühmten Tradition mit frischer Aufgeschlossenheit für neuzeitliche Bestrebungen. Man darf hier von einem wirklichen Verdienst des Leiters der Schule, des Direktors Architekt Max Feilerer, und des Lehrkörpers der Hochschule sprechen.

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