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Schwachstromtechnik und ihre Entwicklungsmöglichkeiten

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Die Schwachstromtechnik hat unvermerkt immer mehr vom Alltag Besitz ergriffen. Die Einrichtungen der Schwachstromtechnik dienen dem Wohl der Menschheit und der Annehmlichkeit unserer Lebensführung.

Die moderne Schwachstromtechnik umfaßt vor allem die Gebiete der Nachrichtenübertragung: Telegraphie, Tele-

phonie, Radiotechnik und Fernsehen. Zur Schwachstromtechnik im weiteren Sinn gehört aber auch die Sdiwachstrom- physik, deren Aufgabe es ist, künftige Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen und auszuarbeiten, die Elektromedizin und das Signalwesen. Es ist bemerkenswert, daß namentlich auch die Akustik, die früher ein Teilgebiet der Mechanik war, heute eigentlich eine angewandte Schwachstromtechnik darstellt und daß gerade solche Grenzgebiete die höchsten Anforderungen stellen und die Entwicklung vorwärtstreiben.

Auch die schwachstromtechnischen Mittel der Materialprüfung, Funkgeologie und akustische Lotung von Sdiiffahrts- hindernissen dienen fast ausschließlich der Sicherheit unseres Daseins. Von den Möglichkeiten der modernen Nachrichtentechnik gewinnt man eine Vorstellung, wenn man bedenkt, daß eine einzige Radioröhre mit wenigen Watt Leistung den ganzen Erdumfang überbrückt, daß ein einfaches Ortsgespräch das öffnen und Schließen von einigen tausend Kontakten erfordert oder daß bei der Übertragung eines Fernsehbildes fünf Millionen Bildpunkte in der Sekunde vor dem Auge erstehen,

Wenn man die komplizierten historischen Telegraphenapparate betrachtet, ist man verblüfft von der Einfachheit und Zweckmäßigkeit der heutigen Konstruktionen. Der moderne Telegraph ist im Prinzip eine robuste Schreibmaschine, die, durch eine Telegraphenleitung mit einer weit entfernten Stelle verbunden, genau das aufzeichnet, was am anderen Ende eine ähnliche Maschine in die Leitung sendet. Dieser Fernschreiber kann nach kurzer Einführung von jedem benützt werden, der mit einer Schreibmaschine Erfahrung hat. Eigene Fernschreibemetze durchziehen das Land, und jeder Teilnehmer kann wie beim gewöhnlichen Telephonieren sich mittels einer Wählscheibe mit jedem anderen in Verbindung setzen. Ist der Nachrichtenempfänger nicht zugegen, dann wird ihm der Text in die Maschine geschrieben.

Zur Gruppe der Telegraphenapparate gehören letzten Endes auch die neuen elektronischen. Rechenmaschinen: Die

Zahlen werden sozusagen in die Maschine hineintelegraphiert, darin verarbeitet oind koordiniert; am Ausgang erscheint dann die umgeformte Nachricht als Ergebnis.

Auch das moderne Telephon ist ein Wunder an Zweckmäßigkeit und Präzision. Daß es gelingt, diese Vielzahl von Kontakten mit Sicherheit zu betätigen, muß dem Laien ganz unglaubwürdig erscheinen. Jedenfalls ist es nur mehr eine Frage der Zeit, daß jede gewünschte Verbindung im In- und Ausland durch bloßes Betätigen der Wählscheibe vom Teilnehmer selbst hergestellt werden kann. In Deutschland, wo die Post durch die Zerstörungen des Krieges von der Tradition befreit wurde, wird diese Rationalisierung im Wahlsystem 50 bereits Wirklichkeit.

Es ist bemerkenswert, daß das System der Gehörnerven ganz ähnlich arbeitet wie das Leitungssystem einer Telephonzentrale. Jede Sinneszelle ist durch viel-fach gesicherte Leitungen mit dem Gehirn verbunden, überzählige Leitungen werden, um Mehrfachbesetzungen zu vermeiden, offenbar selbsttätig gesperrt und verfügen somit über Einrichtungen, wie sie erst in der letzten

Zeit in der Schwachstromtechnik zur Entstörung und zur Frequenzanalyse be kannt sind. Wird ein Teil der Gehörnerven durchschnitten, so bleibt trotzdem der Gehöreindruck nahezu unverändert erhalten, da sidi dann die übrigen Leitungen in den Nadirichtenweg ein schalten und die Übertragung der Nachricht übernehmen. Audi die Mitteilung der übrigen Sinnesempfindungen an das Gehirn erfolgt durch Telegraphenimpulse. Die Ganglien stellen die erste Umschlag- steile der Nachricht dar und leiten offenbar nur das weiter, was für das Zustandekommen des Eindruckes erforderlich ist. Das Nervensystem im Gehirn ist wieder gerade so beschaffen, daß es die ihm zu geführten Nachrichten zu verarbeiten vermag. Zwingt man daher einen Linkshänder zur bevorzugten Benützung der rechten Hand, so werden für ihn, wie die Arzte wissen, die durchschnittlichen Leitungsverbindungen im Gehirn .um etwa zwei Zentimeter länger; die Störungen nehmen dann zu und die Leitungsverbindung bricht des öfteren zusammen; Stottern und andere krankhafte Erscheinungen sind die Folge.

Daß das Fernsehen in Österreich zu den verbotenen Dingen gehört, während in anderen Ländern der Fernsehapparat ein Gebrauchsgegenstand wurde, wie etwa das Telephon, kann man nicht verstehen. Im größten Teil der übrigen Welt ist es heute üblich, sich über das Tagesgeschehen durch den Fernsehapparat zu informieren oder abends im Familienkreis einem Theaterstück beizuwohnen. Fernsehapparate haben in den Geschäften des Auslandes die Radioapparate zum Teil verdrängt, sie sind nicht mehr wesentlich teurer als diese und können auch vom kleinen Mann auf Raten bezogen werden. Auch das Farbfernsehen beginnt sich durchzusetzen, wenn es auch in Europa zunächst im wesentlichen nur in den Auslagen größerer Geschäfte zu Reklamezwecken vargeführt wird.

Endlich darf der Ultraschall nicht unerwähnt bleiben. Wenn hier auch manche Fragen noch ungeklärt sind und namentlich in der Medizin teils über Erfolge, teils über Mißerfolge berichtet wird, ist ihm in der Meß- und Prüftechnik eip eindeutiger Erfolg nicht abzusprechen. In der Metallindustrie beginnen sich Ultraschallgeräte zur Feststellung von Materialfehlern immer mehr durchzusetzen: In der Flugzeugindustrie sind derartige Geräte unentbehrlich. Ultraschall-Tiefenlote gehören heute zum selbstverständlichen Inventar eines modernen Schiffes.

Wir in Österreich liegen freilich etwas abseits vom Getriebe und arbeiten zur Zeit unter äußerst ungünstigen Umständen. Trotzdem nimmt auch unser Land nach seinen Kräften und mit großem Idealismus an dieser Entwicklung teil. Wenn man Einblick hat, unter welch schwierigen Verhältnissen unsere Post ihr Leitungsnetz wieder aufgebaut und verbessert, wie sie in Zusammenarbeit mit der Industrie ein hochmodernes automatisches Telephonsystem entwickelt und ihr Fernsdireibersystem erweitert hat, oder aber unter welch widrigen Bedingungen unsere schwachstromtechnischen Fabriken ihren Betrieb nach Kriegsende wieder aufnahmen und dennoch heute vielfach über modernste Einrichtungen verfügen, muß man mit Genugtuung auf die Leistungen der Vergangenheit blicken und der Zukunft der österreichischen Schwachstromtechnik mit begründetem Vertrauen entgegensehen.

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